Kommunale Doppik löst Kameralistik ab


Gründe der Reform

  • Mit einem dem kaufmännischen Rechnungswesen angenäherten Gemeinde-haushaltsrecht lässt sich verdeutlichen, was an Vermögenswerten und Verpflichtungen wirklich vorhanden ist.
  • Mit der kommunalen Doppik wird durch die Verpflichtung, etwa Abschreibungen vorzusehen, die Thematik „Folgelasten und Folgekosten“ auch in alle Bereiche der Kernverwaltung hineingebracht.
  • Mit der kommunalen Doppik lässt sich die wirtschaftliche Betrachtung bei kommunalen Entscheidungen wirklich absichern; zurzeit gibt es überwiegend nur eine reine Einnahmen- und Ausgabenbetrachtung. Eine Sichtweise, etwa wie sie die Kosten- und Leistungsrechnung bietet, die selbstverständlich bereits im jetzigen kameralen Haushaltswesen eingeführt werden kann, gibt es nicht.
  • Mit der kommunalen Doppik wird eine wirklichkeitsnahe Diskussion auch über künftige Belastungen stattfinden. So sind z. B. aufgestaute Reparaturbedarfe (Rückstellungen), Pensionsverpflichtungen (Rückstellungen), Altersteilzeitverpflichtungen (Rückstellungen), in die Planung einzubeziehen. Zurzeit erfolgt die finanzpolitische Diskussion nur auf der Grundlage von Finanzsaldenbetrachtungen.

Lange Zeit nicht durchsetzbar

Den Plan, die Kameralistik auf kommunaler Ebene abzuschaffen, gibt es seit Beginn der 1970er Jahre. Finanzwissenschaftler und Beamte in der Kommunalaufsicht plädierten während der letzten Reform des Gemeindehaushaltsrechts hierfür; politisch war dies jedoch nicht durchsetzbar. Da die Umstellung der Rechnungsführung aber ein Systemwechsel, wenn nicht gar eine Revolution für die Gemeinden, Städte, Verbandsgemeinden und kreisfreien Städte in Deutschland ist, wurde die Reform über Jahre noch nicht einmal zu einem öffentlich diskutierten Thema.

Seit 1992 gibt es in den verschiedenen Bundesländern, so auch in Rheinland-Pfalz, Pilotkommunen, die einzelne Bausteine der kommunalen Doppik in ihrem Rechnungswesen anwenden.

Zur Vereinheitlichung der Reformbemühungen wurde bei der Innenministerkonferenz der "Unterausschuss Reform des Gemeindehaushaltsrechts" (UARG) eingerichtet. 1999 beschlossen die Innenminister Folgendes: "Es wird ein an die Bedürfnisse der Kommunen angepasstes Haushalts- und Rechnungswesen auf der Grundlage der Doppik zugelassen, welches die Konsolidierung des Jahresabschlusses mit den Jahresabschlüssen der ausgegliederten Organisationseinheiten und Unternehmen ermöglicht." Im November will die Innenministerkonferenz nun endgültig den Abschied von der Kameralistik bisheriger Art beschließen - das kommunale Haushaltsrecht soll in allen Bundesländern von der "Geldverbrauchsorientierten zur Ressourcenorientierten Haushaltswirtschaft" umgestellt werden, und zwar sowohl in der kameralistischen Form als auch wahlweise durch das doppische Haushalts und Rechnungswesen.

Am 21. November 2003 hat die IMK den Weg für die Einführung der kommunalen Doppik frei gemacht.

Gewinn- und Verlust-Rechnung

Die Gemeindeordnungen der Länder müssen novelliert werden, und alle Kommunen müssen ihre Gemeindehaushaltsverordnungen ändern. Danach sollen fast alle Kämmerer für ihre Etats eine Bilanz aufstellen sowie eine Gewinn- und Verlust-Rechnung (Ergebnisrechnung) machen. Zusätzlich wird es eine Finanzrechnung - die ganzjährige "Kapitalflussrechnung" - geben.

Nach dem Willen des Gemeinde- und Städtebundes soll ab dem Jahr 2007 das doppische Haushaltsrecht landesweit eingeführt werden. Der Entwurf für eine „Doppische Gemeindehaushaltsverordnung“ hat uns das Innenministerium noch für das Erste Quartal 2004 in Aussicht gestellt.

Die Doppik ist aber nur der erste Schritt, das System der kommunalen Haushaltsführung zu reformieren. In Zukunft sollen Gemeinden auch „Konzernabschlüsse" erstellen. Die Ausgliederung und Privatisierung von ehemaligen städtischen Eigenbetrieben hat nämlich dazu geführt, dass im sogenannten Kernhaushalt nur die Gewinne und Verluste dieser Unternehmen berücksichtigt und in diesem Haushalt nur ein Teil des gesamten Haushaltsvolumens erfasst wird, während das restliche Volumen sich auf die Rechnungslegung der kommunalen Unternehmen aufteilt.

Mit dem „Konzernabschluss", der die Eigenbetriebe und die Beteiligungen umfasst, wird Transparenz erreicht und eine Gesamtschau des gemeindlichen Vermögens und der Schulden ermöglicht.

Kommunale Gebietskörperschaft werden unterstützt

Die Umstellungsarbeiten in den Kommunalverwaltungen werden auf Landesebene gebündelt und begeleitet. Dafür wird das gemeinsame Projekt „Kommunale Doppik“ des Innenministeriums, des Gemeinde- und Städtebundes, des Städtetages und des Landkreistages sorgen. In die Arbeiten aktiv mit einbezogen werden kommunale Praktikerinnen und Praktiker, Wirtschaftsprüfer, das Stat. Landesamt, die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Steuerberater. Die Ergebnisse des Projektes, auch Teilergebnisse, werden, sobald sie vorliegen, allen Kommunen zur Verfügung gestellt (via Internet und Mitgliederinformationsdiensten der kommunalen Spitzenverbände). Die Kommunalakademie wird bis Mitte März 2004 ein umfassendes Seminarangebot zu allen Themenfeldern der Systemumstellung vorlegen. Hiermit möchten wir dem großen Bedarf an Information und Weiterbildung nachkommen.


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 02/2004

Ernst Walter Görisch
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes,
Bürgermeister der Verbandsgemeinde Alzey-Land