Verstetigung der Finanzausgleichsmasse – durch Beistandspakt oder Stabilsierungsfonds?


Der Landesausschuss hat sich in seiner Sitzung am 7. Juli 2004 nach vorangegangener intensiver Diskussion, auch in den Kreisgruppen und Bezirksverbänden des GStB, einstimmig dafür ausgesprochen, das Land zu bitten, den Beistandspakt in seiner derzeitigen Form, ohne die durch den Entwurf des Stabilisierungsfondsgesetzes vorgesehenen Änderungen, über das Jahr 2006 hinaus fortzuführen. Dafür soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Entsprechend haben sich die Vorsitzenden der kommunalen Spitzenverbände gegenüber dem Finanzstaatssekretär Prof. Dr. Ingolf Deubel und Innenstaatssekretär Karl Peter Bruch, geäußert.

Zur Ausgangslage

Zur Verstetigung der Einnahmen der kommunalen Finanzen hat das Land für den Zeitraum von 2003 – 2006 mit § 34 LFAG eine Garantiesumme von 1.606 Mio. € (vor Umlagen) im kommunalen Finanzausgleich verankert. Um diesen Betrag zu gewähr¬leisten, werden – im System des LFAG - unverzinsliche Verstetigungsdarlehen gewährt. Der Gesamtbetrag der Verstetigungsdarlehen dürfte Ende 2006 bei rd. 500 Mio. € liegen. Das entspricht in etwa 30 v.H. der Finanzausgleichsmasse. Im Jahr 2007 noch bestehende Forderungen oder Verbindlichkeiten des Landes würden nach der geltenden Rechtslage mit der vorläufigen Finanzausgleichsmasse 2007 verrechnet. Es ist allerdings unstreitig, dass diese Regelung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen so nicht umgesetzt werden kann und der bisherigen Praxis in Rheinland-Pfalz entgegensteht.

Zur Lösung der sich hieraus für das Land ergebenden Problematik könnte die Regelung des § 34 LFAG beispielsweise zeitlich fortgeschrieben werden. Aus Sicht der Kommunen wäre auch ein Erlass bzw. Teilerlass des auf eine völlig unerwartete Höhe angestiegenen Verstetigungsdarlehens denkbar. Im Blick auf die exorbitant hohen Fehlbeträge der rheinland-pfälzischen kommunalen Gebietskörperschaften (2003: 709 Mio. €; Tendenz: steigend!) und deren Rechtsanspruch auf eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, muss auf jeden Fall eine Erhöhung der Garantiesumme erreicht werden. Letzteres sieht auch der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung, wenngleich erst zum 01.01.2007 und in zu geringem Umfang, vor.

Eckpunkte des Stabilisierungsfonds

Die Landesregierung schlägt vor, das Verstetigungsdarlehen ab dem Jahr 2007 in einen Stabilisierungsfonds zu überführen. Die hierfür vorgesehene Regelung enthält folgende Eckpunkte:

  • Der aktuelle Garantiebetrag in Höhe von 1.606 Mio. € soll sich innerhalb eines Wachstumskorridors stetig fortentwickeln. Dieser Wachstumskorridor hat als Bemessungsgrundlage die langfristige Entwicklung der Steuereinnahmen des Landes (tatsächliche Steuereinnahmen einschließlich Bundesergänzungszuweisungen und Leistungen aus dem Länderfinanzausgleich der letzten 9 Jahre im Durchschnitt) mit maximalen Zu- oder Abschlägen auf diese Bemessungsgrundlage in Höhe von 2 v.H. Die Untergrenze der Fortschreibung der Finanzausgleichsmasse soll allerdings das Ausgleichsvolumen des Vorjahres zuzüglich 1 v.H.-Punkt bilden.
  • Höhere Zuwächse der Finanzausgleichsmasse über die sich so ergebende Obergrenze hinaus fließen in einen neu einzurichtenden „Stabilisierungsfonds“ und werden dort ebenso verzinst wie etwaige Fehlbeträge zur Gewährleistung des neuen Finanzausgleichsniveaus.
  • Das bisherige zinslose Verstetigungsdarlehen wird in den Fonds überführt und dort prioritär mit etwaigen Überschüssen getilgt.
  • Es steht dem Haushaltsgesetzgeber frei, die Bemessungsgrundlage zur Fortschreibung des Finanzausgleichsniveaus über das jeweilige Landeshaushaltsgesetz zu ändern. Ansonsten ergeben sich die jährlichen Veränderungsraten der kommunalen Finanzausgleichsmasse (nach Abrechnung und vor Umlagen) unmittelbar aus der vorgesehenen Neuregelung des § 5a Landesfinanzausgleichsgesetz.

Kritikpunkte aus der Sicht des Verbandes

Für den Beschluss des Landesausschusses, die Verstetigung der Finanzausgleichsmasse auf der bisherigen Grundlage zu favorisieren, waren insbesondere folgende Gesichtpunkte ausschlaggebend:

  • Mit dem Stabilisierungsfondsgesetz wird bewirkt, dass die Zusammenhänge zwischen Teil 1 (Garantiesumme) und Teil 2 (Standardabbau) des Beistandspaktes aufgegeben werden. Der Beistandspakt ist dann nur noch eine Vereinbarung zur Erhaltung einer bestimmten Einnahmensumme.
  • Die kommunalen Gebietskörperschaften werden mit dem Stabilisierungsfondsgesetz gegenüber dem Land politikunfähig. Finanzausgleichsforderungen der Kommunen sind dann keine politischen Forderungen mehr, sondern Verstöße gegen geltendes Recht. Schon jetzt – durch den Beistandspakt – sind die Möglichkeiten politischer Forderungen eingeschränkt, schließlich „haben wir einen Vertrag abgeschlossen“. Jede zukünftige Forderung nach mehr Geld steht unter dem „Vorbehalt des Stabilisierungsfonds“, der im Übrigen für das Land nicht gilt.
  • Die gesetzliche Regelung der Veränderungsmöglichkeiten der Finanzausgleichsmasse zementiert die Ansprüche der Gemeinden auf Beteiligung an Steuereinnahmen des Landes auf das einmal gefundene Niveau. Die heutige Finanzmittelverteilung wird – zu Lasten der Gemeinden – zur Rechengröße und bleibt nicht politisch zu verantwortende Entscheidung.
  • Fondsverstärkungen, die in der Zeit bis mindestens 2010 auf dem Kreditmarkt aufgenommen werden müssen, sogenannte Neukredite, müssen verzinst werden und belasten die Kommunen (Zwangskreditaufnahme beim Land). Damit würde zukünftig eine teilweise Kreditfinanzierung der Finanzausgleichsmasse durch das Land über die derzeitige Notlage hinaus auf Dauer zugelassen.
  • Das Stabilisierungsfondsgesetz konterkariert die Bemühungen der kommunalen Spitzenverbände in der Enquête-Kommission, eine verfassungsrechtliche Garantie einer angemessenen Finanzausstattung (neuer Artikel 49a Landesverfassung) zu erreichen.

Die seitens der Landesregierung gegebenen Zusagen zum Beistandspakt reichen aus, zumal die Mechanismen des Beistandspaktes so lange greifen sollen, wie es notwendig ist, nach derzeitigem Kenntnisstand voraussichtlich bis zum Jahre 2010.

Weiteres Vorgehen

Ich halte es für wichtig und auch zielführend, wenn wir die nächsten Wochen dazu nutzen, im Gespräch mit der Landesregierung eine Weiterführung des derzeitigen Beistandspaktes zu erreichen. Denn bei aller fundamentalistischen Betrachtung der möglichen Auswirkungen des Fonds auf die kommunale Selbstverwaltung darf nicht übersehen werden, dass eine Verstetigung der Finanzausgleichsmasse Sinn macht und den Gemeinden und Städten sicher eher hilft, denn schadet. Die Instrumentarien des Beistandspaktes reichen dazu aus!


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2004

Ernst Walter Görisch
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes,
Bürgermeister der Verbandsgemeinde Alzey-Land