Unsere bisherigen Vorsitzenden, Ernst Walter Görisch und Manfred Seefeldt, haben zwischenzeitlich die Amtsübergabe reibungslos vollzogen. Ihnen ist für ihre beharrliche und zielstrebige Arbeit zu danken, mit der sie den GStB Rheinland-Pfalz voran gebracht haben.
Die Geschäftsstelle unseres Verbandes ist sehr gut besetzt und motiviert bei der Arbeit, die Interessen der weit über zweitausend Mitglieder des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz sowohl im Lande als auch auf der Bundesebene zu vertreten. Es macht Freude, mit ihr zusammenzuarbeiten.
Der ebenfalls neu gewählte, mit mir im zweijährigen Rhythmus alternierende Vorsitzende Winfried Manns, Verbandsdirektor Steenbock und ich führen derzeit Gespräche mit der Landesregierung und den Landtagsfraktionen, die dem gegenseitigen kennen lernen ebenso dienen wie dem inhaltlichen Gedankenaustausch.
Die aktuelle Diskussion weist schon deutlich auf die kommende Landtagswahl hin, die am 26. März 2006 stattfinden wird. Zum einen preschen bestimmte Politiker mit Sachaussagen zu künftigen Koalitionsverhandlungen vor, zum anderen wird immer deutlicher, dass in Rheinland-Pfalz eine Verwaltungs- und/oder Gebietsreform ansteht, die in der kommenden Legislaturperiode angegangen werden soll. Der GStB wird sich in diese Diskussion aktiv und ohne Scheuklappen einmischen. Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn nach der Sommerpause werden alle Parteien ihre Wahlprogramme verabschieden.
Aber auch danach bleibt viel zu tun: Die Stichworte
- Aufgabenkritik
- Definition der dazu passenden Verwaltungsstruktur
- Umgestaltung der Verwaltungs- und Gebietsstruktur
lassen die Komplexität des Themas erahnen.
Die Aufgabenkritik auf allen Ebenen, den staatlichen wie den kommunalen, muss jeder anderen Überlegung vorausgehen. Angesichts der knappen Kassen müssen wir zuerst danach fragen, welche Aufgaben von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden sollen. Dies ist schwieriger, als es sich anhört, denn unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns die Erfüllung einer großen Bandbreite an Aufgaben. Manches ist bereits so selbstverständlich geworden, dass es undiskutierbar erscheint. Und wenn doch, ist der protestierende Aufschrei groß. Dabei wäre manches wieder besser in der Eigenverantwortung der Bürger oder in privaten Händen.
Dazu gehört auch das Bewusstsein des Staates, dass es ihm nicht gelingen wird, durch immer mehr Regelungen und Aufgabenübernahme Einzelfallgerechtigkeit zu schaffen. Eher ist die „schleichende Selbstfesselung“ Ergebnis dieses (gut gemeinten) Tuns. Es ist auch nicht nötig, jede Kleinigkeit seitens des Staates selbst machen zu wollen, weil man ein zu großes Misstrauen gegenüber der kommunalen Ebene hat. Vor Ort spürt ein Bürgermeister mit seiner Verwaltung am ehesten und unmittelbar, ob er an den Bedürfnissen seiner Bevölkerung vorbeiarbeitet. Das Land muss ihn davor nicht beschützen wollen.
Wenn diese Aufgabenkritik tatsächlich greifbare Ergebnisse brächte, könnte man den Dingen, die die jeweilige Regierung als ihre besonderen Ziele definiert hat, auch die nötige Aufmerksamkeit schenken und sie mit angemessener Finanzausstattung in die Tat umsetzen.
Wenn die Aufgaben festliegen, kann entschieden werden, wer sie auf welcher Ebene erledigt. Da die Regierung „regieren“ soll und nicht verwalten, könnten viele normale Verwaltungsaufgaben auf Landkreise und Verbandsgemeinden im Wege der Auftragsverwaltung oder der – der Aufsicht ebenso unterliegenden – Selbstverwaltung übertragen werden. Landesbehörden unterhalb der Ministerien sind dann nur noch dort notwendig, wo eine Steuerung wichtiger Regierungsaufgaben bis zur örtlichen Ebene erforderlich ist. Dies vermeidet in vielen Bereichen doppelte Bearbeitung und wird viel Geld sparen helfen.
Die Bürgernähe und die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung sind zwei herausragende Beurteilungskriterien. Aber auch die landsmannschaftliche Verschiedenheit unseres nicht historisch gewachsenen Landes mit seiner starken Verwurzelung im kommunalpolitischen Ehrenamt muss sorgfältig bedacht sein. Wir haben nun mal sehr unterschiedliche Strukturen, die Lösungen „vom Reißbrett“ und unter rein betriebswirtschaftlichen Strukturen verbieten.
Das in Aufstellung befindliche neue Landesentwicklungsprogramm sollte diese Dinge schon vorausschauend berücksichtigen und keine Fesseln enthalten. Ebenso wenig wird es hilfreich sein, wenn es für alle Bereiche des Landes gleiche Lösungen und Regelungen vorschreiben wollte. Die demografische Entwicklung wird es erforderlich machen, so wenig Regelungen wie möglich festzuschreiben und so viel Freiheit vor Ort wie möglich einzuräumen.
Aber wenn alle (und daran gibt es eigentlich auch keinen Zweifel) den Erhalt der Ortsgemeinden mit ihrem starken ehrenamtlichen Engagement und auch die Bürgernähe wollen, ist klar, dass die derzeitigen kommunalen Ebenen erhalten bleiben müssen. Die Landkreise könnten das Land von manchen normalen Verwaltungsaufgaben entlasten, die derzeit die Landesmittelinstanz wahrnimmt. Die Verbandsgemeinde könnte sich zu großen Bürgerbüros weiterentwickeln, die bisherige Aufgaben der Kreisverwaltung (z.B. Kfz-Zulassung, Baugenehmigungen) erfüllt. Mittels der heutigen Datenverarbeitungsstruktur ist das ohne weiteres möglich. Sie könnte auch stärker als bisher Schulträger werden sowie im Sozialbereich vielfältige Aufgaben übernehmen. Ob die bisherigen Lösungen für die „Hartz IV“-Reform dauerhaft so bleiben, wird ja manchenorts schon angezweifelt.
Erst dann ist die Zeit gekommen zu fragen, ob die bisherigen Verwaltungseinheiten diese Aufgaben leisten können. Können sie es nicht, so wird auch der GStB Rheinland-Pfalz bei einer Veränderung aktiv mitarbeiten. Wobei freiwillige Lösungen, eventuell unterstützt durch finanzielle Anreize des Landes, gerne gesehen würden. Möglicherweise wird es Mindestgrößen (oder daran angenäherte Empfehlungswerte) für Landkreise und Verbandsgemeinden geben müssen.
Die Abschaffung der Ebene der Verbandsgemeinde ist praktisch ausgeschlossen, wenn man die bislang skizzierte logische Kette beachtet. Zu anderen Ergebnissen kommt nur, wer sich irgendeinen Baustein willkürlich herausgreift und auch nicht fragt, wer diese Aufgaben dann wie erfüllen soll. Der Weg, den Nordrhein-Westfalen bei seiner Verwaltungsreform ging, ist bei den viel geringeren Größenverhältnissen in Rheinland-Pfalz nicht nachzumachen. Und die Rückkehr zum Ortsbürgermeister alter Prägung, der sich zusammen mit einer Schreibkraft um die im Dorf anfallenden Dinge kümmert, ist auch illusorisch. Die in Rheinland-Pfalz geschaffene „Zentralisierung der Verwaltung bei gleichzeitiger Dezentralisierung der politischen Entscheidung“ ist ein ideales Modell für ein kleines Flächenland. Und Personalkosten spart es im bundesweiten Vergleich damit auch. Circa eine halbe Milliarde Euro pro Jahr.
Diese stolze Bilanz sollten wir nicht klein reden und auch nicht ohne Not verändern wollen. Reformansätze, die unser Land sinnvoll weiterentwickeln, sind mit etwas „Mut auf allen Seiten“ umsetzbar. Diese wären wichtiger als der Erfolg, eine „Wahlaussage durchgebracht“ zu haben.
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 02/2005
Heijo Höfer
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes,
Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen und der Stadt Altenkirchen