Neben dem parlamentarischen Verfahren erarbeiten derzeit verschiedene Gutachter Stellungnahmen zu den Voraussetzungen und Konsequenzen von Kooperationen und Fusionen von Gemeinden. Das ist mit den Beteiligten so besprochen und der GStB sieht es als seine Aufgabe an, seine Mitglieder in jeglicher Hinsicht zu unterstützen. Dabei machen wir sichtbar, was zu beachten ist, wenn eine solche Entwicklung eingeleitet wird, auch wenn wir sie weder verlangt haben noch befürworten.
Gemeindefinanzen
Die Landesregierung hat angekündigt, bei den Beratungen des nächsten Doppelhaushaltes der hohen Verschuldung des Landes und der Schuldenbremse des Grundgesetzes Rechnung tragen zu wollen.
Da gleichzeitig immer wieder betont wird, „… die Bettdecke sei zu kurz, um alles und alle zu bedecken, egal in welche Richtung man zöge, einer friere immer“, verspricht diese Diskussion noch viel Spannung.
Die drei Kommunalen Spitzenverbände haben in der gemeinsamen Stellungnahme zur geplanten Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes erneut auf die auch vom Landesrechungshof festgestellte Unterfinanzierung der Kommunen hingewiesen. Die beabsichtigte Umverteilung durch den Gesetzgeber wird daran nichts ändern.
Außerdem werden (durch die Absenkung der Schwellenwerte bei der Schlüsselzuweisung A) gerade die steuerschwachen Gemeinden zur Kasse gebeten, zum anderen zwingt die Erhöhung der Nivellierungssätze die meisten Gemeinden zur Erhöhung der Grundsteuern.
Und beides, ohne dass diese Kommunen durch eigenes Handeln den Grund dafür geliefert hätten.
Auch andere Institutionen und Verbände, wie die Kirchen, die Gewerkschaften oder der Landessportbund, erkennen, wie sehr ihre Aufgabenerfüllung von maroden Kassen bei den Kommunen beeinträchtigt wird. Die Gewerkschaft Ver.di hat dankenswerterweise eine Initiative ergriffen, alle diese Interessen zu bündeln und ihnen eine gemeinsame Plattform zu geben.
Der neue Staatsekretär im Finanzministerium, Dr. Salvatore Barbaro, dem wir hiermit zu seinem neuen Amt ganz herzlich gratulieren und ihm viel Erfolg wünschen, wird also gleich mit einer Mammutaufgabe konfrontiert sein.
Seinem in die nordrhein-westfälische Landesregierung gewechselten Vorgänger Dr. Rüdiger Messal danken wir für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und rufen ihm ein herzliches „Glück auf“ für die neuen Aufgaben zu.
Love-Parade
Wir alle waren zutiefst geschockt und unendlich traurig, als wir die schrecklichen Nachrichten aus Duisburg hörten: 21 Tote bei der Love-Parade, dem eigentlich fröhlichen Fest der jüngeren Generation.
Den Angehörigen und Freunden der Verstorbenen gelten unser ganzes Mitgefühl und unsere Trauer. Den Verletzten wünschen wir baldige Genesung von den körperlichen Schäden, die traumatisierenden Ereignisse hingegen werden länger in den Köpfen bleiben.
Wer in der Verwaltung arbeitet und entscheiden muss, kennt die Situation: Nicht gerade selten kann man die Folgen eines Tuns, einer Genehmigung, nicht bis zum Ende überblicken. Manchmal hat man ein ungutes, mulmiges Gefühl. Aber man hofft darauf, dass alles gut gehen werde.
Verschärft werden diese Situationen, wenn Erwartungen an eine bestimmte Entscheidung gestellt werden, „Druck gemacht“ wird. Von außen, über die Medien, oder auch von Vorgesetzten oder von Ratsmitgliedern und Bürgern. Nur in den seltensten Fällen sagen die Zuständigen dann ihren Vorgesetzten: „Nein, das mache ich nicht“.
Außerdem haben ja diejenigen, die „Druck machen“ oftmals wirklich gute Argumente und Gründe. Sie wollen ja nichts Böses, sondern zum Bespiel den Erfolg der eigenen Region. Das Wort „Bürokrat“ oder „Bedenkenträger“ fällt dann schnell gegenüber den zögernden Entscheidungsträgern. Ich habe dies – leider - auch schon getan.
Und dann geht es schief, so wie in Duisburg: Dieselben, die vorher noch Forderungen erhoben, suchen nun nach Verantwortlichen. Vorverurteilungen sind dabei nicht selten. Und natürlich werden dann im Nachhinein auch Fehler entdeckt, stellt man persönliches Unvermögen und Leichtfertigkeit fest.
Als 2009 die Oberbürgermeisterin von Bochum und der dortige Polizeipräsident den Mut hatten, die Love-Parade nicht zu genehmigen, schrieb ein namhafter Zeitungskommentator: „Geht nicht, gibt’s nicht!“ Dieselbe Zeitung im Ruhrgebiet titelt heute andere Schlagzeilen.
Diejenigen, die die Verantwortung zu tragen hätten (ich meine damit die moralische / führungsmäßige / politische), antworten aus ihrer Schockstarre heraus: „Das war ich nicht.“ Oder: „Ich habe nichts unterschrieben.“ Und lassen damit diejenigen allein, die die verhängnisvolle Unterschrift geleistet haben. Gleichzeitig ist es ein Schlag ins Gesicht der Trauernden und der Öffentlichkeit.
Rücktritte aus moralischen Gründen sieht das Beamtenrecht jedoch nicht vor. Eine differenzierte Reaktion kann deshalb von den Beteiligten nicht erwartet werden. Es geht ums „Alles oder Nichts“. Also um Unverhältnismäßiges. Es wird in unsäglicher Art und Weise taktiert.
Gelernt haben wir aus den schrecklichen Ereignissen von Duisburg jedenfalls, dass wir den Mut haben müssen, rechtzeitig und deutlich NEIN zu sagen, wenn wir an uns herangetragene Erwartungen nicht mit unserem Gewissen in Einklang bringen können.
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2010
Heinz-Joachim Höfer
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes