Offene Baustellen
Denn die Baustellen, die uns seit Monaten beschäftigen, verzeichnen keinen nennenswerten Fortschritt, zumindest nicht im Sinne des GStB und seiner Mitglieder.
Kita-Finanzierung: Nichts wirklich grundlegend Neues – die Verhandlungen laufen noch. Immerhin finanziert das Land die zusätzlichen Bundesmittel in Höhe von 27,2 Mio €, die für 2013 und 2014 avisiert sind, in Gänze bereits in diesem Jahr vor. Aber eine Klärung hinsichtlich der weit über die ursprünglich geschätzten Mittel hinausgehenden Kosten für den Ausbau der U3-Plätze und deren stärkeren Mitfinanzierung durch das Land steht weiter aus.
Kommunaler Finanzausgleich: Hier ist eine Klärung wenigstens in Sicht. 490 Mio € will das Land bewegen. Ich sage ausdrücklich bewegen, denn von dieser Summe sind „nur“ 50 Mio € zusätzliches Geld, welches das Land in den Topf einwirft. Der Rest ist Neuverteilung der Mehreinnahmen, wie sie real bereits entstanden sind und in Zukunft erwartet werden. Dass der allergrößte Teil davon in die Kassen der kreisfreien Städte und Landkreise fließt, bedeutet unter dem Strich, dass sich insbesondere unsere Mitglieder deutlich schlechter stellen, als ohne eine Veränderung der Struktur des KFA. Es soll zwar keinem schlechter gehen, als in der Vergangenheit, aber von dem Aufwuchs partizipieren wir nicht wirklich.
Das halte ich, auch wenn zu akzeptieren ist, dass der VGH in seinem Urteil im Februar letzten Jahres seinen Schwerpunkt beim Reformbedarf auf die Sozial- und Jugendlastenträger – also die Städte und Kreise - legt, für eine inakzeptable Benachteiligung unserer Gemeinden. Denn schließlich hat der VGH unter Hinweis auf die Landesverfassung auch postuliert, dass den Gemeinden als tragender Säule unseres Staatsaufbaus Luft für die Erfüllung ihrer Aufgaben, auch für die Vorhaltung freiwilliger Leistungen, bleiben muss. Davon seit wir meilenweit entfernt. Und dass die Landkreise wegen des Zuwachses ihrer Mittel durch den KFA an eine Senkung ihrer Umlage nachdenken, steht nun wirklich nicht zu erwarten.
Übrigens: Bis zur Erstellung dieses Berichtes lagen uns noch keine Proberechnungen bezüglich der Auswirkungen auf unsere Mitglieder vor. Für die Kreise und Städte gibt es die seit mehreren Wochen. Wir haben das mehrfach angemahnt, bis jetzt erfolglos.
Kommunalreform: Das Land will einen Teil der ursprünglich angedachten Fusionen mit Ziel Kommunalwahl 2014 per Einzelgesetzen in den nächsten Monaten regeln. Ein anderer Teil wiederum ist, so steht zu vermuten, auf die übernächste Kommunalwahl verschoben. Ob zu diesem Zeitpunkt dann auch über die zur halbwegs zufriedenstellenden Lösung an vielen Stellen im Land erforderliche Kreisreform beschlossen wird, steht in den Sternen. Immerhin hat es in einzelnen Fällen jetzt doch Lösungen über Kreisgrenzen hinweg gegeben. Dort jedenfalls sind die Betroffenen nunmehr zufrieden. Diese Beweglichkeit wünsche wir uns auch an anderer Stelle, um letzten Endes die Akzeptanz der Reform in Bevölkerung und Politik zu gewährleisten.
Und immer, ich wiederhole mich im Hinblick auf meine Äußerungen in der Vergangenheit, sollte bei einer detaillierten Folgebetrachtung das Ende bedacht werden, soll heißen, dort wo, aus welchen Gründen auch immer, eine breite Gegnerschaft gegen Fusionen besteht, sollte sehr sorgfältig die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung geprüft werden.
Vorschlag, Lob und Tadel
Standards: Es ist nichts Neues, aber es ist dringender denn je. Wenn wir insbesondere unter der Ausgabenlast zu leiden haben, dann müssen sich unsere Vertreter im Bund und im Land nun endlich auf den Weg zu einer umfassenden Standardreduzierung machen, die diesen Namen auch verdient hat. Jeder Abgeordnete führt dieses Wort im Munde, allein die Realität ist eine andere. Bis auf ganz wenige Ausnahmen habe ich in den letzten fast 19 Jahren meiner Bürgermeistertätigkeit keine ernst zu nehmende Initiative in diese Richtung wahrgenommen. Im Gegenteil. Warum z. B. muss ein einfacher Kreisel auf einer ebenso einfachen Gemeindestraße so viel Kosten wie ein Eigenheim? Europaweite Vergabeverfahren, SiGeKo, komplizierte Zielabweichungsverfahren: muss das sein? Umsiedlung von Eidechsen (die Stadt Mainz hat dafür vor sechs Jahren 200.000 € ausgeben müssen), obwohl hier nach Auffassung renommierter Wissenschaftler nicht von einer gefährdeten Art gesprochen werden kann, wer traut sich, diesem Unfug ein Ende zu setzen?
Lob: Immerhin: Bei dem Versuch, den Bereich Tagespflege stärker auszubauen, sind Tendenzen zur Vereinfachung erkennbar. Das macht aus unserer Sicht Sinn. Erstens kann die Tagespflege dazu dienen, die Spitze der zu betreuenden Kinder abzufangen. So kann, zweitens, Geld gespart werden durch den im Einzelfall nicht mehr notwendigen Ausbau von KiTas, für die schon in wenigen Jahren die Kinder nicht mehr da sind. Für diese praxisorientierten Vorschläge des Landes sind wir dankbar.
Tadel: Bei der Änderung der Kommunalwahlordnung scheint aus meiner Sicht mehr Aktionismus Platz zu greifen als praktische Ergebnisse zu erwarten sind. Geschlechterparität um der Aktion willen? Bitte nicht. Damit ich nicht missverstanden werde: mir ist an einer paritätischen Besetzung der Räte sehr gelegen, aber doch nicht mit gesetzgeberischer Gewalt und bis in die kleinste Gemeinde. Die Parteien und Wählergruppen achten von sich aus auf eine möglichst ausgewogene Erstellung der Listen. Hier braucht es keiner gesetzlichen Vorgaben.
Divisorverfahren mit Standartrundung nach Sainte-Laguё/Schepers? Kennen Sie nicht. Nun dieses sperrige Verfahren, das so kompliziert ist, wie seine Bezeichnung, soll das Auszählverfahren nach Hare/Niemeyer ersetzen und bei der Kommunalwahl 2014 erstmals zum Einsatz kommen. Änderungen in den Ergebnissen, so Probeberechnungen: praktisch keine, aber eben um ein Vielfaches komplizierter. Auch das braucht keiner wirklich.
Zum Schluss:
Ich bin mit Ihnen gespannt, was die nächsten Monate bringen werden.
Ihr Ralph Spiegler
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 04/2013
Ralph Spiegler
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes