Bericht des Vorsitzenden August 2015


Sie führen uns vor Augen, in welch einem Wohlstand wir leben dürfen und wie attraktiv unser Land für viele Menschen ist. Dies müssen wir uns zunächst einmal dankbar vor Augen halten, wenn wir über die Probleme und Herausforderungen reden, die der „globale Marsch“ für uns mit sich bringt.

Die damit in Zusammenhang entstehenden Probleme zu lösen, ist eine große Herausforderung für alle politischen Ebenen und lässt sich nicht allein mit einer „netten Willkommenskultur“ vor Ort bewältigen - weder durch ehrenamtliches Engagement noch durch engagierte Kommunalverwaltungen alleine.  Neben schnellen und möglichst unbürokratischen Lösungen ist gerade mit Blick auf die ungebrochen wachsenden Flüchtlingsströme ein nachhaltiges Konzept von Bund und Ländern erforderlich. Wir müssen uns personell, organisatorisch und finanziell neu aufstellen.

Fast 800.000 Menschen werden den offiziellen Prognosen zur Folge in diesem Jahr in Deutschland politisches Asyl beantragen – bis zu 38.000 davon in Rheinland-Pfalz; dies überschreitet deutlich die Größe einer Stadt wie Ingelheim. Wohnraum, insbesondere in den Ballungszentren, wird knapp; Notunterkünfte werden eingerichtet, was die Probleme bei weitem nicht löst.

Gut die Hälfte der Menschen haben keine Chance, dass ihnen politisches Asyl gewährt wird. Um die Kommunen vor Ort finanziell und personell nicht zu überfordern und den vorhandenen Wohnraum effektiv nutzen zu können, ist die wichtigste Maßnahme die Beschleunigung der Verfahren und Entscheidungen über die Anträge aus sichereren Herkunftsländern schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Eine Verteilung auf die Kommunen sollte erst erfolgen, wenn über den Asylantrag positiv beschieden wurde.

Weiter brauchen wir in den Kommunen dringend Unterstützung bei der kurzfristigen Beschaffung neuen Wohnraums. Dabei ist auch darüber zu diskutieren, nicht sicherheitsrelevante Baustandards zu reduzieren. Wenn dann auch noch die Voraussetzungen für eine rasche Arbeitsaufnahme für Bleibeberechtigte geschaffen werden, sind wichtige Schritte zur Bewältigung der Integration auf lokaler Ebene geleistet.

Trotzdem kommen wir nicht umhin, grundsätzlich zu diskutieren, wie wir, eine alternde und schrumpfende Bevölkerung, dauerhaft mit den Problemen und Chancen des „globalen Marsches“ umgehen wollen; dabei geht es nicht um „Moralisieren“, sondern um langfristige Perspektiven für unser Land. Den „globalen Marsch“ über das Recht für politisch oder religiös Verfolgte lenken zu wollen, ist schlicht falsch und nicht möglich.

Wir brauchen dringend „Einwanderungsregeln“, die der heutigen globalen Situation und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen unseres Landes in dieser so globalisierten Welt gerecht wird; sonst sind die Konflikte vor Ort vorprogrammiert. Dies hilft weder uns noch den potenziellen Zuwanderern.

Liebe Leserinnen und Leser,
die hohe Zahl von Flüchtlingen, die derzeit vor Ort ankommen, werden zu einem immer größeren Kraftakt für unsere Verwaltungen.

Ich möchte allen Mitarbeiterinnen  und Mitarbeitern in unseren Verwaltungen für ihren großen Einsatz für die bei uns ankommenden Flüchtlinge danken. Oft wird, ganz kurzfristig, die Ankunft der Flüchtlinge angekündigt. Die Ankommenden sprechen meist kein Deutsch, auch kaum Englisch. Dann dafür zu sorgen, dass passender Wohnraum genutzt werden kann, Hilfe bei traumatisierten Flüchtlingen geleistet wird, den Neuankömmlingen gesagt wird, wo Schule und Kindergarten sind, wo eingekauft werden kann usw. …. Kurzum, Ihnen beim Start in ihrer neuen Umgebung zu helfen – dass verdient Anerkennung und Dank.

Danken möchte ich auch den vielen Menschen, die sich ehrenamtlich kümmern und uns durch ihr unmittelbares menschliches Engagement für die Flüchtlinge unterstützen. Sie lösen damit kein globales politisches Problem, aber sie leisten lokal auf der zwischenmenschlichen Ebene Hilfe – dafür Danke.

Herzlichst
Ihr
Aloysius Söhngen


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 8/2015

Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes