Im Prinzip ist das Ganze einfach: Der kommunale Waldbesitzer hat das Recht, Art und Umfang der Beförsterung zu bestimmen und zu gestalten.
In der Realität ist es ein kleines bisschen anders: Das Land – der größte Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz, aber die kleinste Waldbesitzart – meint, der größten Waldbesitzart (dem Kommunalwald) vorschreiben zu müssen, wie sie ihren Revierdienst zu organisieren hat.
Mehr oder weniger zwangsweise wird von Landesforsten derzeit versucht, das so genannte TPL-Konzept umzusetzen. Ehemalige Revierbeamte werden als Technische Produktionsleiter ins Forstamt versetzt und sollen dort die Holznutzung und die Holzbereitstellung betreuen.
Das sollte zunächst in sieben Forstämtern mit schwerpunktmäßig staatlichem Waldbesitz ausprobiert werden, um dann die Erfahrungen zu diskutieren und sich über das weitere Vorgehen abzustimmen. Entgegen dieser Absprache hat die Landesforstverwaltung inzwischen weitere 12 Forstämter zur Einführung des TPL verpflichtet – ohne vorherige Information, ohne Diskussion und ohne Abstimmung.
„Vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit dem Kommunalwald erfolgt heute durch das Schaffen vollendeter Tatsachen mit anschließender Veröffentlichung im Staatsanzeiger. Die Fortsetzung dieser Praxis ist absehbar.
Abgelehnt wurde das TPL-Konzept mit der Zwangsfinanzierung über die Förstersteuer des Landes
- vom GStB
- vom Waldbesitzerverband
- vom Kommunalen Rat
- vom Landeswaldausschuss
also von jeder Organisation, die man fragt, wenn man einen sachverständigen Rat hören will. Aber wenn man im Besitz höherer Weisheit ist, und natürlich ist ein Ministerium und ein Landesforstbetrieb im Besitz solcher Weisheit, verfährt man natürlich gegen jeden Rat und gegen jede Stellungnahme nach eigenem Gutdünken.
Erste Phase: Gleichschaltung
Zuerst wird die eigene Seite „eingenordet“. Alle Forstamtsleiter bekommen gesagt, es sei ein hohes politisches Ziel, das TPL-Konzept flächendeckend durchzusetzen, und man habe sich bitte zu bemühen.
Ein guter Beamter hört auf die Stimme seines Herrn und trifft entsprechend seine Maßnahmen. Die Revierbeamten – soweit staatlich – werden zur Zurückhaltung „gebeten“ – „Maulkorb“ hätte man früher gesagt.
Zweite Phase: Kampagne gegen die Sprecher der Kritiker
In einem ganz internen Brief wird klargestellt, dass alle Bekundungen insbesondere von Verbandsfunktionären – der Schreiber dieser Zeilen steht im Vordergrund des Interesses – nur deren ganz persönliche und abwegige Meinung darstellten. Die Masse des Kommunalvolkes – besonders jeder vernünftige Ortsbürgermeister einer Wald besitzenden Gemeinde – denke ganz anders. Wie er denke, das wisse niemand besser als die Landesforstverwaltung und die für sie verantwortliche Politik. Und die wolle nun einmal TPL und damit basta.
Dritte Phase: Einsammeln der Arglosen
Um in den Besitz möglichst vieler Zustimmungen von Bürgermeistern von Wald besitzenden Gemeinden zu kommen, muss man zu Mitteln greifen, die für das System stehen, an das uns „Technischer Produktionsleiter“, „Autonome Gruppen“ und dergleichen erinnern.
Methode 1: „…müssen Sie nur da unten unterschreiben, damit es planmäßig weitergeht.“
Man mischt die Zustellung zum TPL-Konzept als unauffälligen Vordruck unter den Wirtschaftsplan für das nächste Forstwirtschaftsjahr.
Methode 2: Verharmlosung
Man schickt einen harmlosen Brief direkt an jeden Ortsbürgermeister, ohne den Bürgermeister der Verbandsgemeinde oder die Verbandsgemeindeverwaltung zu informieren, denn die könnten ja eine Abstimmung unter den Ortsbürgermeistern veranlassen.
Methode 3: Mund-zu-Mund-Beatmung
Der Forstamtsleiter sucht jeden Ortsbürgermeister persönlich auf, weist auf gute Zusammenarbeit und die Notwendigkeit des Erhalts von Arbeitsplätzen hin – man sei doch immer gut miteinander ausgekommen, die Gegner des TPL-Konzepts wüssten doch gar nicht, wie das vor Ort alles so vor sich ginge...
Methode 4, 5, 6, 7 usw. …
Vierte Phase: Druck ausüben
Anruf von (hier Name eines politisch Verantwortlichen einsetzen): Angebot zur Verringerung der Zahl der Reviere, wenn man dem TPL-Konzept zustimmt.
Der noch anzuführenden Methoden sind viele.
An diesen Berichten aus dem täglichen Leben kann man erkennen, mit welcher Beharrungskraft sich die Landesforstverwaltung Tendenzen zur Liberalisierung und auch zur Kommunalisierung - Selbstbestimmungsrecht der Kommunen auch im Revierdienst – entgegenstemmt.
Beim Erlass des Landeswaldgesetzes hieß es noch: Eigene Entscheidung der Wald besitzenden Gemeinden, wie der Revierdienst organisiert werden soll.
Danach kam die (bisher) letzte Forstorganisationsreform, die sich schnell als Forstamtsreform herausstellte. Mit der –grob gesprochen – Halbierung der Zahl der Forstämter war es getan. Die Neubesetzung der Forstamtsleiterstellen im Wettbewerb hat in einer vorgegeben straffen, am kurzen Zügel geführten Verwaltung die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Leiter der Forstämter deutlich eingeschränkt und verringert. Oder ist das ein falscher Eindruck?
Dem Aufbruch und der Forderung, nun auch an die Revierstrukturen im Kommunalwald zu denken, folgte der Hinweis, man wolle diesen Aufbruch erst im Staatswald anstoßen, die Gemeinden könnten ja dem Beispiel des Landes folgen.
Und die Kommunen folgten. Allenthalben entstanden Diskussionen – so wie es sein soll, örtlich oder regional bezogen.
Aber plötzlich entdeckte Landesforsten, dass mit der Vergrößerung der Revierstrukturen auch ein erheblicher dauerhafter Abbau von Revierbeamtenstellen für das Land verbunden ist, und dass das Land an den Personalkosten hängen bleiben könnte. Also wurde flugs das TPL-Konzept erfunden. Es dient dem Einsatz bisheriger Revierbeamter auf der Forstamtsebene auf Kosten der Gemeinden.
Nebeneffekt – vermutlich erwünscht und beabsichtigt – ist der Eintritt in ein System, bei dem Kommunen den Dienst der Forstämter bezahlen müssen. Jedenfalls ist ja wohl kaum mit dem Dienstleistungsgedanken des Revierdienstes zu rechtfertigen, dass auch die Kommunen, die sich nicht des TPL-Konzeptes bedienen wollen, die TPL-Beamten und alles, was an Organisation am TPL-Konzept hängt, im Rahmen der Revierdienstleistung zu bezahlen haben.
Der nächste Grundsatzprozess in Sachen Kommunalwald in Rheinland-Pfalz steht bevor.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 10/2005
Reimer Steenbock
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes