Jahresrückblick 2004


Finanzentwicklung
Beistandspakt / Stabilisierungsfonds

Standardabbau

Europäische Richtlinien

FFH- und Vogelschutzrichtlinie

Landesnaturschutzgesetz

Umgebungslärm

Umweltinformationsrichtlinie

Bauleitplanung und Umweltrecht

Neues Baurecht

Wasserrahmenrichtlinie

Feuerwehr

Kommunaler Straßenbau

Wiederkehrende Beiträge für Straßen

Stromausschreibungen
Energiewirtschaftsgesetz / Konzessionsverträge
EWOIS
eGovernment
kosDirekt
Forstorganisationsreform
Kartellrechtsbeschwerde gegen die Holzvermarktung
Wildschäden und Wildschweine
Zusammenlegung Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
Tagesbetreuungsausbaugesetz
Enquête-Kommission Kommunen
Konnexitätsprinzip
Verwaltungsreformbemühungen
Demografischer Wandel

Finanzentwicklung

Mit jeder Steuerschätzung verdüstern sich die Aussichten für eine Sanierung der kommunalen Finanzen. Einziger Lichtblick war und ist die Entwicklung der Gewerbesteuer. Die Senkung der Gewerbesteuerumlage im Rahmen der Entscheidungen über Hartz IV führte zu einer Verbesserung bei einer Zahl von Städten und Gemeinden mit Gewerbebetrieben. Auch eine gewisse Erholung der Gewerbesteuer von den früheren Problemen durch die Verlustverrechnung beim Erwerb oder der Übernahme von insolventen Firmen war zu vermerken.

Dagegen entwickelte sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer immer mehr ins Negative. Die am 01.01.2004 in Kraft getretene Stufe der Steuerreform führte auch für die kommunalen Haushalte zu einem deutlichen Absinken der Einnahmen, was sich voraussichtlich noch im Jahre 2005 fortsetzen wird.

Entsprechend negativ entwickelten sich auch die Einnahmen des Landes, so dass die Hoffnung auf eine schnelle Rückzahlung des Verstetigungsdarlehens im Rahmen des Beistandspakts der weiteren, intensiven Ausweitung dieses Verstetigungsdarlehens wich. Das Schlimme an dieser Entwicklung sind sich einstellende „Normalitäten“ im Umgang mit unausgeglichenen Haushalten, Kassenkrediten in erheblichem Umfang und ein immer mehr um sich greifendes, schleichendes Bewusstsein, dass unausgeglichene Haushalte ja „gar nicht so schlimm“ sind.

Beistandspakt / Stabilisierungsfonds

Im Jahre 2001 kam es auf Grund der dramatisch sinkenden Steuereinnahmen zum Abschluss eines Beistandspaktes von Land und Kommunen. Die Vereinbarung war ein erstes konkretes Ergebnis der kurz vorher eingerichteten, paritätisch von Land und Kommunen besetzten Finanzausgleichskommission, deren Gründung auf Grund der Verfassungsrechtsprechung in anderen Ländern, die insoweit auch für Rheinland-Pfalz maßgebend war, erforderlich geworden war. Beispielsweise das Land Baden-Württemberg war kurz vorher mit gutem Beispiel vorangegangen.

Die ständig zu hoch im Landeshaushalt veranschlagten und mit jeder Steuerschätzung tatsächlich geringer ausfallenden Steuereinnahmen des Landes führten zu erheblichen Ausgleichsverpflichtungen der Kommunalen Finanzausgleichsmasse gegenüber dem Land. Die Ansätze im Landeshaushalt waren jeweils zu hoch, demgemäß die gezahlten Finanzausgleichsleistungen ebenfalls zu hoch und entsprechende Verrechnungsansprüche des Landes gegeben.

Um die schon damals katastrophale kommunale Finanzsituation nicht noch weiter zu verschlechtern, erklärte sich das Land bereit, zinslos den Kommunen seine Erstattungsansprüche im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs bis zu dem Zeitpunkt zu stunden, zu dem sie durch Mehreinnahmen, die auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wachstums zu erwarten sein sollten, ausgeglichen werden konnten. Die Erwartung zu dem Zeitpunkt war, dass dieser Beistandspakt eine Tilgung der kommunalen Verpflichtungen bis zum Jahre 2006 ermöglichen würde. Die notwendigen gesetzlichen Grundlagen wurden bis zum Jahre 2004 geschaffen (damals anstehender Doppelhaushalt 2003/2004). Das Land sagte (politisch) aus dem Munde des Ministerpräsidenten, des Finanzministers und des Finanzstaatssekretärs zu, bei Notwendigkeit den Beistandspakt aber auch über die genannten Zeiträume hinaus bis zur „planmäßigen“ Tilgung zu verlängern und nicht zu einer sofortigen Verrechnung zu kommen.

Durch dieses unverzinsliche Verstetigungsdarlehen des Landes wurde eine Finanzausgleichsmasse von jährlich 1,606 Mrd. DM garantiert. Es war möglich, zumindest die Finanzausgleichsleistungen – anders als bei der Gewerbesteuer und beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer –, vor katastrophalen Einbrüchen zu bewahren.

Bestandteil des Beistandspakts war eine in der Finanzausgleichskommission untrennbar mit dem Beschluss über die Einrichtung des Beistandspaktes und im Übrigen einstimmig zum Ausdruck gebrachte Erwartung, „dass die aus bestehenden und neuen Leistungen sich ergebenden dynamischen Belastungen begrenzt und zurückgeführt werden müssen (Aufgabenkritik, Abbau von Normen, Vorgaben und Standards)“. Diesem Teil der Beschlussfassung lag die Erkenntnis zugrunde, dass es nur von der Ausgabenseite her gelingen könnte und würde, zu einer nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzsituation oder letztlich auch Sanierung der kommunalen Finanzen zu kommen.

Obwohl es schon seinerzeit durchaus kritische Stimmen zur Errichtung und zur Zustimmung zum Beistandspakt gegeben hat, hat die kommunale Seite – vertreten durch die kommunalen Spitzenverbände – seinerzeit dieser Regelung zugestimmt, weil sie mehr oder weniger ultimativ vor der Wahl stand, entweder einer beachtlichen Absenkung des Finanzausgleichs zuzustimmen oder das Angebot der Bereitstellung eines Verstetigungsdarlehens anzunehmen. Dass dabei gleichzeitig zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Einrichtung des Beistandspaktes auch nur deswegen erforderlich geworden ist, weil der Kommunale Finanzausgleich über Jahre hinaus erheblich befrachtet worden ist und weil darüber hinaus den Kommunen ihr Anteil an der Grunderwerbsteuer dauerhaft entzogen wurde, versteht sich von selbst.

Anfang 2004 entwickelte sich daraus der Vorschlag aus dem Finanzministerium, den bisherigen Beistandspakt durch einen Stabilisierungsfonds abzulösen. Idee dieses Fonds ist, den Kommunalen Finanzausgleich in einen derartigen Fonds einzubringen und in gewissem Umfang auch vom Landeshaushalt damit zu separieren.

Im Rahmen des Fonds soll sichergestellt werden, dass eine dauerhafte Verstetigung des Wachstums der Finanzausgleichsmasse erfolgt. Zunächst wurde eine Bandbreite von 1 % Wachstum gegenüber einem durchschnittlichen Wachstum der Vergangenheit vorgesehen. Inzwischen ist diese Bandbreite auf 3 % erweitert worden.

Verstetigung in diesem Sinne ist vorrangig gedacht zur Einschränkung des Wachstums der Finanzausgleichsmasse, nicht zur Ausweitung.

Die Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Stabilisierungsfonds anstelle des Beistandspaktes ist nämlich, dass „nun auch für Zeiten starken wirtschaftlichen Wachstums eine Stabilisierung des Finanzausgleichsvolumens angestrebt wird. Damit wird eine prozyklische Erhöhung der Nachfrage, die im Ergebnis lediglich eine Steigerung des Preisniveaus bewirken würde, verhindert.“ (Originalzitat aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung).

Also: Die rheinland-pfälzischen Kommunen sollen gehindert werden, prozyklisch zu viele Ausgaben für den Konsum oder für Investitionen zu leisten. „Eine solche prozyklische Wirkung sollte schon im Hinblick auf § 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vermieden werden.“ (Originalzitat aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung). Das Stabilitätsgesetz stammt von 1967. Nach 37 Jahren war es natürlich auch dringend Zeit, es auszufüllen, auch wenn es ein konkretes Bedürfnis nicht gab und gibt.

Aktuell sieht die Welt allerdings anders aus: Bei zu geringem Wachstum der Steuern ist vorgesehen, dass der Stabilisierungsfonds auch Kredite aufnehmen kann, um sowohl ein bestimmtes Maß an Finanzausgleichsleistungen zu erhalten als auch das Wachstum im Rahmen der normal festgelegten Spanne zu ermöglichen. Diese Kredite werden zukünftig verzinslich zu Lasten des Fonds aufgenommen. Seit Gründung des Beistandspaktes hatte sich die Welt verändert, und zwar nochmals radikal negativ verändert: Ende 2006 werden die Kommunen ein Gesamtdarlehen zu Lasten ihres Finanzausgleichs in Höhe von 600 Mio. € beim Land (ohne Zinsen) aufgetürmt haben. Die Rückzahlung – immer unter der Voraussetzung eines angemessenen, über den heutigen Verhältnissen liegenden Wirtschaftswachstums – wird mindestens bis 2010, wahrscheinlich bis 2011, in Anspruch nehmen. Rechnet man noch die Aufstockung und die Zinsen für die Aufstockung der Garantiesumme von 1,606 Mrd. DM dazu, wird sich dieser Zeitraum bis ins Jahr 2011 bzw. 2012 erstrecken.

Unter diesen Rahmenbedingungen die Notwendigkeit einer „Verstetigung“ der Finanzausgleichsleistungen durch einen vom Finanzminister des Landes regierten Stabilisierungsfonds für die Kommunen einzusehen, eine Wachstum beschränkende Einschränkung des Kommunalen Finanzausgleichs im Hinblick auf eine überschäumende Konjunktur für dringend erforderlich zu halten und einer permanenten Kreditfinanzierungsmöglichkeit für Leistungen des Kommunalen Finanzausgleichs – letztlich auch in erheblichem Umfang laufende Ausgaben und nicht Investitionsausgaben – zuzustimmen, war nicht mehr möglich. Entsprechend eindeutig fielen das Votum und die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände in der Ablehnung dieses Stabilisierungsfonds aus. Vielmehr forderten die Spitzenverbände eine Beibehaltung des bisherigen Beistandspaktes mit der unverzinslichen Erhaltung eines Verstetigungsdarlehens auf der Grundlage einer unveränderten Finanzausgleichsmasse von 1,606 Mrd. DM und einer Rückzahlung aus Überschüssen, sobald die steigenden Steuereinnahmen des Landes dies möglich machten.

Nachdem sich in der Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages einer der neuen Sachverständigen, der von der SPD-Fraktion für die Enquête-Kommission Kommunen benannt worden ist, sehr lobend über die Fortschrittlichkeit des Landes Rheinland-Pfalz mit seinem Stabilisierungsfonds ausgesprochen hat, hat sich unsere Landespolitik nicht die Chance entgehen lassen, ein besonders leuchtendes Fanal für die zukünftige Sicherstellung eines konjunkturgerechten Verhaltens der Kommunen zu beschließen.

Standardabbau

Die Diskussion über den Abbau von Standards verlängerte sich um ein weiteres Jahr. Nach langen, heftigen Geburtswehen kam Anfang des Jahres endlich der Entwurf eines Standardflexibilisierungsgesetzes auf den Tisch. Standardabbau und Standardöffnung waren und sind damit in weite Ferne gerückt.

Bei näherer Betrachtung handelte es sich bei den flexibilisierten Standards um wenige, kaum wirksame Verfahrensfragen, die man nicht ernsthaft als Entlastung der kommunalen Haushalte wahrnehmen kann.

Sinnigerweise wurde seitens der Forstverwaltung versucht, diese im Landtag laufende Gesetzesinitiative zu benutzen, um die Neuregelung der Revierdienstkosten schnell und möglichst geräuschlos durch die Gesetzgebung zu bringen. Da die Neuregelung der Revierdienstkosten aber – durch eine Entscheidung des OVG erforderlich geworden – eher ein Standardaufbau als ein Standardabbau ist, wurde damit das ursprüngliche Ziel des Gesetzentwurfs noch weiter in den Hintergrund gedrängt.

Nach einer mit großem Presseaufwand angekündigten Klausurtagung des Kabinetts sollten Standardabbau und Verbesserung der Verwaltungsstrukturen vorangetrieben werden. Außer Arbeits-aufträgen an die Standardgeber, doch den Abbau ihrer Standards zu prüfen und zu erörtern, und vielen hochgesteckten Erwartungen ergaben sich keine wirklichen Fortschritte.

Die beim Ministerium des Innern und für Sport gesondert eingerichtete Arbeitsgruppe „Standards im Feuerwehrwesen“ müht sich redlich, fixiert sich dabei aber auch mehr auf die den Trägern des Brandschutzes noch gegebenen organisatorischen Möglichkeiten.

Europäische Richtlinien

Besonders im Umweltrecht wird die Tätigkeit der Europäischen Union – sei es durch Gesetzgebung, sei es durch Richtlinien der Kommission – immer häufiger zum Ausgangspunkt nationaler oder länderspezifischer Umsetzung.

FFH- und Vogelschutzrichtlinie

Mit der unter erheblichen Geburtswehen zustande gekommenen Liste von FFH-Gebieten in Rheinland-Pfalz war die Europäische Kommission nicht zufrieden. Eine zweite Tranche wurde notwendig. Geschichte wiederholt sich zwar nur selten, aber bei der Vorbereitung dieser Nachmeldungen kam es zu den gleichen Unzuträglichkeiten wie beim ersten Mal: Zu späte Information der Gemeinden und Städte als Planungsträger, angeblich verfügbare flurstücksgenaue Informationen auf Internet-Basis, die dann zunächst nicht zu finden waren. Das Gefühl, dass unsere Landespflegeverwaltung eher zurückhaltend mit Informationen umgeht und hinter vorgehaltener Hand schreibt, kennzeichnen den Eindruck der Praxis.

Unverändert fehlen auch gesicherte Erkenntnisse darüber, welche Vorteile, insbesondere in Bezug auf die Förderung, man denn – abgesehen von den Planungseinschränkungen – wohl von der Lage eines Grundstücks in einem FFH-Gebiet oder im Gebiet für den Vogelschutz hat oder haben könnte.

Landesnaturschutzgesetz

In der Schlussphase des Jahres wurde der erste Entwurf eines Landesnaturschutzgesetzes, das das bisherige Landespflegegesetz ablösen soll, bekannt. Auch zu diesem Gesetz gab es wieder die Notwendigkeit, die grundsätzliche Selbständigkeit der kommunalen Bauleitplanung mit ihren Abwägungsvorgängen zu betonen. Ein erster Formulierungsvorschlag sah vor, dass die Ergebnisse der Landschaftsplanung auf regionaler Ebene von den kommunalen Planungsträgern hätten „übernommen“ werden müssen. Nach entsprechend deutlich ablehnenden Stellungnahmen der kommunalen Vertreter folgte flugs die Erklärung, dass eine Änderung der bisherigen Praxis nicht beabsichtigt sei und selbstverständlich diese Ergebnisse mit in die kommunale Abwägung einfließen müssten.

Umgebungslärm

Bis Mitte 2004 wäre eigentlich auch die EU-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm umzusetzen gewesen. Es gibt konkrete Fristen für die Ermittlung der Belastung anhand von Lärmkarten (Strategische Lärmkartierung) in Ballungsräumen, an Hauptverkehrsstraßen, an Hauptstrecken der Bahn und im Umland von großen Flughäfen und für die Ausarbeitung von Aktionsplänen (Maßnahmenpläne mit Beteiligung der Öffentlichkeit) für Orte in der Nähe der Hauptverkehrswege und Großflughäfen sowie für Ballungsräume. 

Ein erster Gesetzentwurf, der zur Regelung im Bundesimmissionsschutzgesetz führen soll, führt zur örtlichen Lärmkartierung als (neue?) Aufgabe der Gemeinden. Darüber hinaus sollen den Gemeinden auch Zuständigkeiten bei der Aufstellung der neuen Lärmkarten und Aktionspläne zufallen. Da es noch keine Zuständigkeitsbestimmung gibt, ist es auch noch nicht möglich, mit der Kartierung zu beginnen.

Umweltinformationsrichtlinie

Schließlich ist auch noch die EU-Umweltinformationsrichtlinie zu erwähnen, die bis Anfang 2005 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Damit werden die erfassten Umweltinformationen erheblich erweitert und ausgeweitet. Sie umfassen dann z.B. auch den Zustand der menschlichen Gesundheit sowie Politiken, Pläne und Programme mit Bezug zur Umwelt und Rechtsvorschriften über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt. Daneben werden alle Behörden (nicht wie bisher nur Behörden, die Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen) verpflichtet, Umweltinformationen herauszugeben. Dies betrifft auch private Stellen (sofern sie unter der Kontrolle einer Behörde stehen und öffentliche Aufgaben mit Umweltbezug wahrnehmen). Neu ist auch eine Verpflichtung zur aktiven Verbreitung von Umweltinformationen, z.B. über das Internet. Die vorliegenden Gesetzentwürfe auf Bundes- und Landesebene sehen eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie vor.

Bauleitplanung und Umweltrecht

Bis Mitte 2004 war auch die Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (sog. SUP-Richtlinie, Plan-UP-Richtlinie) umzusetzen. Im EAG Bau erfolgte die Umsetzung für die kommunale Bauleitplanung. Für sonstige Pläne und Programme liegt ein Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vor, wonach zukünftig unter anderem Abfallwirtschaftspläne und Abfallwirtschaftskonzepte, Landschaftspläne, Raumordnungspläne, Hochwasserschutzpläne und -maßnahmenprogramme, Lärmminderungspläne sowie Luftreinhaltepläne einer Umweltprüfung zu unterziehen sind. Somit ist seit dem 21.07.2004 die Plan-UP-Richtlinie außerhalb des Baurechts unmittelbar anzuwenden, wobei allerdings Unklarheiten bezüglich der betroffenen Pläne und Programme bestehen.

Heutzutage greifen FFH- und Vogelschutzrichtlinie in die kommunale Bauleitplanung ein. Insbesondere ist auch die Einbeziehung des Hochwasserschutzes in die Bauleitplanung mit erheblichen Auswirkungen verbunden. Damit wird deutlich, dass die Gemeinden als Träger der kommunalen Bauleitplanung immer mehr Einschränkungen, Rahmensetzungen, Flächenfestlegungen und dergleichen ausgesetzt sind. Gleichzeitig kann man insoweit den ersten „Sündenfall“ feststellen, dass nämlich beim Hochwasserschutz die entsprechenden Festlegungen der Wasserbehörde außerhalb der städtebaulichen Abwägung als Vorgaben von den Gemeinden uneingeschränkt zu beachten sind.

Neues Baurecht

Das neue Baugesetzbuch ist am 20. Juli 2004 in Kraft getreten. Maßgeblicher Anlass für das Gesetzgebungsverfahren war die Umsetzung europäischen (Umwelt-)Rechts in nationales Recht (s. oben). Aus Anlass der Umsetzungsverpflichtung hat der deutsche Gesetzgeber jedoch weitere für Städte und Gemeinden bedeutsame und praxisrelevante Vorschriften geändert und den aktuellen städtebaurechtlichen Anforderungen angepasst.

Die meisten Neuerungen entsprechen den Anforderungen der kommunalen Praxis. Beispielhaft zu erwähnen ist die erstmals für Städte und Gemeinden gegebene und auch vom GStB Rheinland-Pfalz geforderte Möglichkeit, die Zurückstellung von Windenergieanlagen bereits dann zu beantragen, wenn die Gemeinde den Beschluss zur Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Flächennutzungsplanes gefasst hat. Damit wurden die Steuerungsmöglichkeiten verbessert.

In diesem Zusammenhang positiv zu erwähnen ist auch die Einführung einer Rückbauverpflichtung für den Bauherrn nach Aufgabe einer zulässigen, privilegierten Nutzung. Diese Regelung entspricht kommunalen Bedürfnissen und wird ebenfalls in erster Linie bei Windenergieanlagen Anwendung finden. Hervorzuheben ist auch die Einführung des sog. „Baurechts auf Zeit“, das den immer kürzer werdenden Nutzungszyklen von Vorhaben Rechnung trägt. Damit wird es Gemeinden erstmals ermöglicht, im Bebauungsplan festzusetzen, dass bestimmte Nutzungen, z.B. Einzelhandelsprojekte, nur für bestimmte Zeit zulässig sind.

Kritisch zu sehen sind hingegen Aussagen, dass die Änderungen im Bereich der Umweltprüfung keine zusätzlichen inhaltlichen Anforderungen bedeuten, denn es ist ein Allgemeinplatz, dass zusätzliche formale Anforderungen zumindest indirekt auch eine tatsächliche materiell-rechtliche Aufwertung mit sich bringen.

Die neuen Regelungen müssen sich nun in der Praxis bewähren, und es bleibt zu hoffen, dass die Europäische Union und auch der nationale Gesetzgeber der Praxis dafür erst einmal die notwendige Zeit lässt, sie ohne weitere Städtebaurechtsnovellierungen in Angriff zu nehmen.

Wasserrahmenrichtlinie

Mit einem deutlich kommunalfreundlicheren und offeneren Verfahren vertiefte sich die Diskussion über die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung. Das in Rheinland-Pfalz eingeleitete Modellprojekt zur Erfassung von Informationen und Daten über den Kosten-deckungsgrad von Wasserdienstleistungen konnte plangemäß bis Ende 2004 abgeschlossen werden und erbrachte wesentlich konkretere und verlässlichere Zahlen als sie früher üblicherweise aus der amtlichen Statistik erzielt wurden. Hilfreich war dabei insbesondere auch, dass es in Rheinland-Pfalz mit der flächendeckenden Eigenbetriebsbildung für die Abwasserbeseitigung und für die Wasserversorgung gesonderte Nachweise, auch Kosten- und Wirtschaftlichkeitsnachweise, gibt, die die Entwicklung eines Verfahrens zur Beurteilung des Kostendeckungsgrades von Wasserdienstleistungen ermöglicht.

Nunmehr beginnen die Diskussionen über Projekte und Konzepte für Maßnahmen zunächst auf der Landesebene und dann in absehbarer Zeit auch auf der Regionalebene. Gerade bei diesen Gesprächen wird es dann erstmals tatsächlich auch an das „Eingemachte“ gehen.

Im Übrigen machten die bisherigen Diskussionen über die Wasserrahmenrichtlinie jedenfalls aber schon deutlich, dass auch bei der in Deutschland in der Zwischenzeit erreichten hohen Qualität von wasserwirtschaftlichen Dienstleistungen, insbesondere auch trotz des hohen Standes an modernen, voll funktionsfähigen Kläranlagen, noch mit erheblichen Forderungen und Maßnahmen, schwerpunktmäßig allerdings wohl beim Gewässerausbau, gerechnet werden muss. 

Feuerwehr

In einer Kleinen Novelle zum Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz änderten sich einige organisatorische Rahmenbedingungen für den Brandschutz. Im kommunalen Bereich wurde insbesondere die Wahl der ehrenamtlichen Führungskräfte der Feuerwehren nunmehr auf zehn Jahre sowie die Anhebung der Altersgrenze für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige auf 63 Jahre diskutiert.

Mit der Prüfung und ggf. dem Abbau von Standards speziell im Brandschutz- und Feuerwehrwesen befasste sich schwerpunktmäßig die Arbeitsgruppe „Feuerwehren“ beim Innenministerium. Auch der dabei unternommene Versuch, mit Standardänderungen unterhalb der Gesetzesänderungen auszukommen, ist immerhin anzuerkennen.

In den Diskussionen ergaben sich auch Ansätze dafür, dass die Gemeinden als Brandschutzträger selbst Maßnahmen zur Reduzierung von Kosten durch verringerte Standards treffen können. So soll die Einteilung von Gemeinden und Städten in Brandschutz-Schutzklassen teilweise zu hoch sein – mit der Folge einer zu aufwändigen Ausstattung der Feuerwehren mit Gerät. Darüber hinaus ist natürlich gerade unter dem Blickwinkel der demografischen Entwicklung und auch der beruflichen Tätigkeit von Feuerwehrangehörigen, die häufig außerhalb der Wohnsitzgemeinde stattfindet, die Frage erlaubt und zu stellen, ob auf Dauer überall die Feuerwehreinheiten in der bisherigen Größe erhalten werden können oder ob nicht auch hier Zusammenschlüsse / Kooperationen das Gebot der Stunde sind.

Kommunaler Straßenbau

In einer Änderung der Verwaltungsvorschriften über die Förderung des kommunalen Straßenbaus aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes wurden insbesondere die Bagatellgrenzen zur Förderung von kommunalen Straßenbauvorhaben deutlich heraufgesetzt, so dass besonders auch kleinere und mittlere Gemeinden von einem Ausschluss von der Förderung betroffen gewesen wären.

Die zu befürchtende Folge wäre letztlich auch gewesen, dass eine nicht geringe Zahl vorgesehener Straßenbaumaßnahmen nicht mehr bezuschusst würden, so dass ihre Umsetzung gerade in der derzeit schwierigen finanziellen Situation deutlich erschwert würde. Die Konsequenz wäre, dass Maßnahmen, die der Verkehrssicherheit dienen, in Frage gestellt würden und mittel- und langfristig der Standortfaktor Straße im ländlichen Raum nicht mehr den gebührenden Stellenwert hätte. Auch die Auswirkungen auf die mittelständische Bauwirtschaft sind dabei sicherlich zu bedenken.

Der Verband hat sich – bei allem Verständnis für eine moderate Anhebung der Bagatellgrenzen – aber gerade für die kleinen und mittleren Kommunen für eine deutlich geringere Festlegung der Schwellenwerte ausgesprochen.

Wiederkehrende Beiträge für Straßen

An die guten, alten Zeiten, in denen die grundsätzlichen Auseinandersetzungen zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung häufig und in aller Munde waren, fühlte man sich erinnert durch die Rechtsprechung des OVG zu Abrechnungsgebieten bei Wiederkehrenden Beiträgen für Verkehrsanlagen. Immer mehr Abrechnungsgebiete, die nicht deutlich nur auf eine straßenmäßige Anbindung an das übrige Verkehrsnetz ausgerichtet sind und waren, wurden vom OVG als nicht nur gesetzes-, sondern verfassungswidrig eingestuft. Waren es am Anfang die großen Städte, die besonders stark betroffen waren – Pirmasens und Frankenthal seien als Beispiele genannt – verlagerte sich die Problematik in der zweiten Jahreshälfte 2004 immer mehr auch zu Klein- und Kleinstgemeinden, bei denen eine solche Rechtsprechung noch weniger Verständnis und Akzeptanz findet.

Der Wiederkehrende Beitrag – eines der Instrumente zur dauerhaften und nachhaltigen Befriedung der abgabenrechtlichen Problematiken, die sich aus Gebühren und Beiträgen natürlich auch in Rheinland-Pfalz ergeben haben – fand in der Zwischenzeit in einer Reihe von Ländern Nachahmer (Thüringen, Sachsen-Anhalt und zuletzt das Saarland seien genannt). Und als die Szene befriedet war, ergab sich dann erneut ein grundsätzlicher Ansatz, der – da auf das Verfassungsrecht ausgerichtet – wiederum nur schwer zu beseitigen ist.

Das Innenministerium hat einem angesehenen Verfassungsrechtler den Auftrag erteilt, in einem Gutachten Gestaltungen vorzuschlagen, die bei Beibehaltung des Grundsystems eine verfassungskonforme Gestaltung von Abrechnungsgebieten ermöglichen soll. Bei der Vorlage des Gutachtens haben sich einige Verzögerungen ergeben. Nunmehr soll es im Januar 2005 vorliegen und dann – so Zusage der im Landtag vertretenen Parteien – zeitnah umgesetzt werden.

Stromausschreibungen

Als Folge der Liberalisierung des Strommarktes kam es zu grundsätzlichen Veränderungen des Stromeinkaufs vieler rheinland-pfälzischer Kommunen.

Zur nochmaligen Verlängerung bestehender Lieferverträge kam es im Bereich der Pfalzwerke und des EWR Worms. Im Gebiet aller anderen Regionalversorger im Norden des Landes haben in der Zwischenzeit Ausschreibungen stattgefunden. Zukünftig wird überall die Ausschreibung nicht mehr zu umgehen sein.

Mit dem Auslaufen der Treuebonusvereinbarungen, die die Kommunen im Nordteil des Landes mit dem RWE abgeschlossen hatten, zum 31.12.2004 liefen die Bemühungen zu einer gemeinsamen Ausschreibung der Stromlieferungen (Bündelausschreibung) an. Wie schon in der Vorphase bei der Auslegung der Treuebonusvereinbarung zeigte sich der Erfolg einer möglichst flächendeckenden Solidarität unter Kommunen.

Flächendeckend – mit Ausnahme der meisten Landkreise und von kreisangehörigen Körperschaften im Kreis Cochem-Zell und in Teilen des Kreises Mayen-Koblenz – fanden sich die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden im RWE-versorgten Landesteil zu einer vom GStB angebotenen Bündelausschreibung zusammen. Zwei Dienstleister wurden eingeschaltet und für die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden sowie einen Landkreis tätig, ein Ingenieur für die energiewirtschaftlichen Fragen – switsch-on aus Herzebrock – und eine Anwaltskanzlei für die energie- und ausschreibungsrechtlichen Fragen – Schnutenhaus und Kollegen aus Berlin. Ein Vergabegremium begleitete die Arbeit. Alle Entscheidungen bis hin zum Zuschlag konnten in breitem Einvernehmen getroffen werden.

Das ausgeschriebene Liefervolumen betrug 178,4 Mio. kWh (pro Jahr) und wurde nach einer Entscheidung des Vergabegremiums in insgesamt 11 Lose aufgeteilt.

Um ein möglichst vielfältiges Angebot zu erzielen, wurden Fachlose für Tarifabnahmestellen und Sondervertragsabnahmestellen, ein Los für Straßenbeleuchtungsabnahmestellen und ein Los für die Lieferung von Öko-Strom gebildet. Für die Tarif- und die Sondervertragsabnahmestellen wurden darüber hinaus jeweils fünf bzw. vier Regionallose eingerichtet. Damit konnte immerhin eine gewisse Vielfalt im Angebotsspektrum erhalten werden. Gerade die Bildung von Regionallosen – nicht zu klein und nicht zu groß – soll ja auch Stromhändler und kleinere und mittlere Regionalversorger sowie Stadt- und Gemeindewerke in die Situation und Lage versetzen, Angebote abzugeben. Ungeachtet dessen sind die Möglichkeiten und der Einfluss der großen Stromversorgungsunternehmen unverkennbar. So fanden sich viele der kleinen und mittleren Unternehmen, die noch an den ersten Informationsgesprächen selbständig teilgenommen hatten, später im Rahmen von Bietergemeinschaften mit großen Anbietern wieder.

Die Vergabe der Sondervertragsabnahmestellen nach einer öffentlichen, europaweiten Ausschreibung erfolgte zu vertretbaren Ergebnissen, obwohl die damit zum 01.01.2005 eintretenden Steigerungen natürlich nicht gerade sehr gering sind. Hier machte sich noch einmal der Vorteil bemerkbar, dass die rheinland-pfälzischen kommunalen Körperschaften über Jahre hinweg durch die bisherige Vertragsgestaltung und die Treuebonusvereinbarung – und die in breiter kommunaler Solidarität durchgesetzte lange Erhaltung dieser Regelungen – im Ergebnis über Jahre hinweg Stromeinkaufspreise hatten, die in Deutschland einzigartig waren. Für die Zukunft war das alles ein Lehrstück dafür, dass nur durch die Bündelung, die Kooperation und in der Zusammenarbeit kleiner und mittlerer kommunaler Körperschaften, auch beim Einkauf von Leistungen, Vorteile zu erzielen sind.

Bei den Sondervertragsabnahmestellen erhielt in drei Regionallosen das RWE den Zuschlag, in einem Regionallos die MVV. Bei den Tarifabnahmestellen war auf Grund der nicht befriedigenden Angebotssituation nach der öffentlichen Ausschreibung eine Aufhebung mit einem anschließenden Verhandlungsverfahren notwendig. Dieses Verhandlungsverfahren war geprägt von der Vorgabe der bestehenden Regionalversorger, ausschließlich eine Tarifversorgung auf der Grundlage der allgemeinen Tarife des jeweiligen Versorgers und nicht als Festpreisangebot über zwei Jahre anzubieten.

Daran änderte sich auch während des gesamten Verhandlungsverfahrens – trotz intensiver und mehrfacher Verhandlungsmöglichkeit – nichts. Letztlich war es dann nicht verwunderlich, das alle Tarifabnahmen bei einem neuen Lieferanten, der Firma LichtBlick, landeten, die vorher auch schon den Zuschlag für die Lieferung aus erneuerbaren Energien erhalten hatte. Pikanterweise landete dort auch die Lieferung für die Straßenbeleuchtungsanlagen, die Gemeinden und Städte ausschreiben konnten – bisher eine unbestrittene Domäne der Regionalversorger als Eigentümer der meisten Anlagen.

Energiewirtschaftsgesetz / Konzessionsverträge

Der Stromeinkauf unter liberalisierten Marktbedingungen – mit oder ohne Bündelausschreibung – ist aber nur das sichtbare Zeichen dafür, dass eine Liberalisierung bei der Stromlieferung stattgefunden hat.

Der Bereich der Leitungen ist damit noch lange nicht liberalisiert. Hierfür verlangt das Energiewirtschaftsrecht eine Entflechtung der Bereiche Stromverkauf und Netzbetrieb. Diese Trennung – Unbundling – ist firmenmäßig bisher nur beim RWE vollzogen. Alle anderen Regionalversorger und Stadtwerke haben bisher nur intern, also durch getrennte Abteilungen, die unabhängig voneinander agieren, unbundelt.

Die Konzessionsverträge bestehen mit den Netzbetreibern fort.

Mit fast jedem Regionalversorgungsunternehmen in Rheinland-Pfalz besteht ein Muster-Konzes¬sionsvertrag mit dem Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz. Häufig ergibt sich die Frage, ob und wann mit einer Fortschreibung des jeweiligen Muster-Konzessionsvertrages zu rechnen ist. Einige Versorgungsunternehmen haben auch angefangen, vorzeitig eine Verlängerung von Konzessionsverträgen anzubieten.

Das Energiewirtschaftsgesetz verlangt eine öffentliche Bekanntmachung zwei Jahre vor dem Auslaufen eines Konzessionsvertrages oder aber seiner Verlängerung. Damit soll ein Wettbewerb auch um Netze entstehen.

Ein wesentlicher Punkt, an dem alle Verhandlungen über die Neufassung oder die Ergänzung oder Erweiterung von Muster-Konzessionsverträgen bisher gescheitert ist, waren die so genannten Endschaftsbestimmungen, also die Vereinbarungen über den Wert, den die Gemeinde beim Auslaufen des Konzessionsvertrages einem bisherigen Konzessionsnehmer zu zahlen hat. Die Frage, ob dies nur der Zeitwert oder auch der Ertragswert oder nur der Ertragswert ist und sein kann, spielte in vielen Gesprächen und Verhandlungen eine entscheidende Rolle. Diese Frage ist für die Möglichkeit der Gemeinde, das Netz nach Auslaufen des Konzessionsvertrages zu übernehmen – oder auch die Möglichkeit für einen Dritten, das Netz zu übernehmen und fortzuführen –, von entscheidender Bedeutung.

Bisher wurde immer angenommen, dass es Kommunen – zumal kleineren und mittleren – nie möglich sein würde, ein Netz zu kaufen oder zu übernehmen. Es herrschte die Annahme vor, Kommunen seien nicht in der Lage, so zu verfahren. Darüber hinaus würden auch andere Versorger kein Interesse an Netzen in kleineren und mittleren Gemeinden haben.

Umso größer war das Erstaunen, dass sich in einer Gemeinde mit rd. 3.000 Einwohnern, die dann für die Gasversorgung eine derartige öffentliche Bekanntmachung herausgab, sehr schnell (mehrere!) Interessenten für das entsprechende Netz ergaben. Der bisherige Netzbetreiber erhielt nach intensiven Verhandlungen einen neuen Konzessionsvertrag.

Aber auch die Gemeinden selbst sind mit einer Rekommunalisierung des Netzes nicht chancenlos: Auch wenn die Einführung einer Regulierungsbehörde für Stromnetze zu erwarten ist – und auch, wenn mit Stromnetzen keine großen Gewinne erzielt werden können –, ist doch zu unterstellen, dass Kostendeckung auch zukünftig wird erreicht werden können. Damit besteht auch für Städte und Gemeinden die Möglichkeit, auf einem solchen Wege selber Netze zurück zu kaufen, um sie dann mit einem neu errichteten (Stadt-/Gemeinde-)Werk, ggf. auch mit Hilfe von Dritten oder in kommunaler Zusammenarbeit, zu führen.

EWOIS

Das Jahr 2004 war das erste, volle Jahr, in dem das EWOIS-Verfahren von den Kommunalverwaltungen angewandt worden ist. Wie schon Ende 2003 sichtbar, trat eine deutliche Beruhigung und Konsolidierung ein, so dass man inzwischen von einem unproblematischen und umfassenden System sprechen kann. Das gilt auch für das bei gleicher Gelegenheit eingeführte Kommunalnetz, an dem sich inzwischen alle kommunalen Verwaltungen beteiligen. Entsprechend wurde der Landkreistag Rheinland-Pfalz für die durch ihn vertretenen Landkreise Gesellschafter der das EWOIS-Verfahren und das Kommunalnetz betreibenden gemeinsamen Gesellschaft KommWis, nunmehr also eine Gesellschaft aller Kommunen bzw. aller drei kommunalen Spitzenverbände.

eGovernment

Die bisher vorhandenen gemeinsamen Ansätze für elektronische Verwaltung – in Neuhochdeutsch „eGovernment“ genannt – wurden weiter vertieft.

Über einen Vordruckserver können nunmehr Verwaltungen über 100 Standardvordrucke – und darüber hinaus natürlich beliebig viele individuelle Vordrucke – ihren Bürgern per Internet zur Verfügung stellen.

Darüber hinaus konnte gegen Ende des Jahres in einer gemeinsamen Signaturinitiative mit dem Land der Startschuss dafür gegeben werden, dass sich Bürger und Institutionen zukünftig eindeutig identifizieren können, so dass eine gesicherte Kommunikation über das Internet – bis hin zur Erteilung von Abgabenbescheiden – erfolgen kann. Erste Ansätze, dazu Modellprojekte durchzuführen, laufen, so beispielsweise auch mit den rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichten.

Signaturkarten für die elektronische Signatur werden zukünftig auch von den Meldebehörden ausgegeben. Angestrebt wird, die Meldebehörden insoweit zu Registrierungsstellen für die elektronische Signatur von Personen und Organisationen fortzuentwickeln und damit auch der technischen Entwicklung im Rahmen der Verwaltungsorganisation Rechnung zu tragen.

Parallel zur elektronischen Signatur gilt das Bemühen, ein elektronisches Briefkastensystem einzurichten.

kosDirekt

Das Informations- und Kommunikationssystem kosDirekt wurde weiter ausgebaut. Es enthält in der Zwischenzeit die Verkündungsblätter des Makrolog-Verlages, das gesamte Lexis-Nexis-Wissensmanagement mit Bundes- und Landesrecht sowie Entscheidungssammlung und natürlich die Informationen aus den kommunalen Spitzenverbänden und aus der Geschäftsstelle des GStB, die die GStB-Nachrichten, die Muster, die Aufsätze, die Gesetzesentwürfe und die Gremienunterlagen enthalten. Hinzu kommen die Mitteilungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sowie Informationsmaterial und Ausarbeitungen, die z.B. von Behörden des Landes, den Kommunen oder Fachautoren zur Verfügung gestellt werden. Des gleichen technischen Systems bedient sich in der Zwischenzeit der Kommunale Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz, so dass damit auch die gesamte Wissensbreite im Dienst- und Arbeitsrecht mit einer technischen Plattform und Adresse zu erreichen ist. Die zunehmende Informationsmenge wurde durch die stringentere Festlegung von Veröffentlichungsdauern und durch Kurzinformationen begrenzt. Weitere Verbesserungen der Suchfunktionen durch alle Teile von kosDirekt werden derzeit geprüft. Technisch sind die Weichen für die Einführung personalisierter Funktionen gestellt. Der Bestand an Verkündungsblättern wird ausgebaut, so beispielsweise durch das Ministerialblatt des Landes Rheinland-Pfalz.

Forstorganisationsreform

Mit dem Vollzug der Strukturreform der Landesforsten auf der Ebene der Forstämter trat mehr und mehr die Anpassung auch der Revierstrukturen und der Reviergrößen in den Vordergrund des Interesses.

Viele Städte und Gemeinden versuchten, den Vorgaben des Landesforstbetriebes für die staatlichen Reviere entsprechend, zu deutlich größeren Revieren zu kommen, um damit eine Kostenreduzierung zu erzielen. 1.300 ha als Zielgröße eines Durchschnittsreviers machten die Runde. Umso überraschender war es für viele kommunale Waldbesitzer, eine gewisse Unlust des Landesforstbetriebes – zumindest der vor Ort Handelnden – bei der Unterstützung zur Bildung deutlich größerer Reviere festzustellen. Wenn es um die Abrundung überwiegend kommunaler Reviere durch Staatswaldflächen ging, konnte man fast von Widerstand sprechen. Ungeachtet dessen setzten sich Beharrlichkeit – und insbesondere auch Solidarität unter den kommunalen Waldbesitzern – letztlich in ersten, markanten Fällen durch.

Im Laufe des Jahres verlagerte sich die Diskussion auf die Neuregelung des Abrechnungsverfahrens für die Revierdienstkosten im Gemeindewald. Ausgangspunkt war eine Rechtsprechung des OVG Koblenz, die für den kommunalen Revierdienst zu einer deutlichen Verbesserung der Revierdienstkosten bei kommunaler Beförsterung führte. Der Landesforstbetrieb meinte nicht umhin zu kommen, die – spiegelbildlichen – Nachteile für die staatlich beförsterten Reviere umsetzen zu müssen. Der dabei als Vereinfachung (und um nicht aufzufallen) gedachte Weg über das Standardflexibilisierungsgesetz führte allerdings zu Verzögerungen, die eigentlich seitens des Landes nicht geplant und beabsichtigt waren. So zog sich die Neuregelung über den Jahreswechsel 2005 hin.

Entgegen aller politischen Aussagen im Vorfeld nahm das Land die Änderung des Abrechnungsverfahrens zum Anlass, die Erstattung an den 70 %-Wert anzupassen und damit im Gesamtergebnis eine deutliche Erhöhung der Revierdienstkosten für die Körperschaften zu erzielen.

Das vorgeschlagene neue Abrechnungsverfahren entbehrt jeglichen Anreizes für einen dienstleistungsorientierten Revierdienst. Insoweit setzten sich die Erfahrungen aus der Diskussion über die Ermöglichung von privaten Dienstleistern im kommunalen Revierbetrieb, die schon im vorletzten Jahr nicht ermöglicht wurden, weil es zu wenig private Dienstleister gibt, fort.

Das neue Abrechnungsverfahren ist ein von staatlichem Umlagedenken geprägtes Modell mit dem Ziel, die gesamten Personalausgaben von Landesforsten im Bereich des Revierdienstes ohne Rücksicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme umzulegen.

So wurde bei gleicher Gelegenheit die Einführung des Technischen Produktionsleiters auf der Forstamtsebene vorgeschlagen und für staatliche Reviere vorgesehen (so genanntes TPL-Konzept). Formell hieß und heißt es, dass dieses TPL-Konzept in jedem Revier von den Waldbesitzern individuell akzeptiert oder abgelehnt werden kann.

Die für die Technischen Produktionsleiter anfallenden Personalkosten für die Reviere, die sich dieses Konzepts bedienen – bisher und wohl auch zukünftig ganz überwiegend staatliche Reviere –, werden allerdings von der Solidargemeinschaft aller mit der staatlichen Beförsterung bedachten kommunalen Waldbesitzer finanziert. Ein dienstleistungsorientiertes Revierkostenfinanzierungskonzept nach dem Motto „Wer bestellt, bezahlt“ wurde wieder nicht ermöglicht. Wer sich eines Technischen Produktionsleiters bedient, bedient sich auf Kosten der Solidargemeinschaft aller kommunalen Waldbesitzer mit staatlicher Beförsterung. Und auch für die Spezialistentätigkeit, Revierdienstaufgaben auf eigene Kosten durch private Sachverständige oder Forsttechniker durchführen zu lassen, sowie für den Holzverkauf auf dem Stock, gibt es keinerlei Konsequenzen in Bezug auf die Höhe der verlangten Revierdienstkosten, obwohl dann doch der staatliche Revierbeamte geringer beschäftigt ist.

Letztlich ist der ursprünglich erzielte Konsens, als einzige Steuerung bei der Verteilung der Revierdienstkosten eine Vergrößerung von Revieren zu fördern, ebenfalls nicht fühlbar vorangetrieben worden. Auch dabei wurde die beschriebene Unlust an Reviervergrößerungen deutlich. Selbst bei der kommunalen Beförsterung ist das beim Maßstab für die 30 %ige Erstattung des Landes an die Anstellungskörperschaften kommunaler Revierleiter spürbar. Maßstab ist die Durchschnittsgröße der staatlichen Reviere mit der Konsequenz, dass mit steigender staatlicher Reviergröße immer mehr Reviere mit kommunaler Beförsterung geringere Erstattungen erhalten.

Ungeachtet dessen: Die einzige Möglichkeit, diesen Einflüssen zu entgehen, ist unverändert die kommunale Beförsterung, denn dort wird zumindest der 70 %ige Personalkostenanteil nach tatsächlichen Verhältnissen abgerechnet und dabei sind die Waldbesitzer bei der Gestaltung der Aufgaben ihrer Förster über den Revierdienst im engeren Sinne hinaus und bei dem Einsatz Dritter in Ergänzung zu den eigenen Forstleuten weitgehend frei.

Kartellrechtsbeschwerde gegen die Holzvermarktung

In einem bereits seit geraumer Zeit beim Bundeskartellamt laufenden formellen Kartellverfahren wird auf Grund einer Beschwerde des Verbandes der Deutschen Säge- und Holzindustrie – konkret aus dem nordrhein-westfälischen Teil des Rheinlandes – das Wettbewerbsverhalten der staatlichen, kommunalen und privaten Waldbesitzer beim Vertrieb von Rundholz geprüft. Das Bundeskartellamt vertrat und vertritt von Anfang an die Auffassung, dass die heutige Form der gemeinsamen Rundholzvermarktung nicht kartellrechtskonform sei.

Die Landesforstverwaltungen sollten sich für den staatlichen Waldbesitz aus dieser gemeinsamen Vermarktung zurückziehen. Eine Waldbesitzgröße von 12.000 ha, die bei einer gemeinsamen Vermarktung nicht überschritten werden sollte, ist in der Prüfung und Diskussion. Allenfalls für eine Übergangsfrist soll der Staatswald noch als hoheitliche Dienstleistung – und damit organisatorisch und personell getrennt von der Vermarktung des landeseigenen Staatswaldholzes – die Organisation neuer Kooperationen von privaten und/oder gemeindlichen Waldbesitzern übernehmen. Dagegen gibt es gegen diese Kooperationen ohne Einbeziehung des Staatswaldes keine kartellrechtlichen Bedenken, selbst wenn man zu einer Gesamtvermarktungsorganisation für den gesamten kommunalen Waldbesitz in Rheinland-Pfalz mit immerhin 400.000 ha käme.

Mit der abschließenden Entscheidung des Bundeskartellamtes ist in absehbarer Zeit zu rechnen. Besonders gravierend schlägt sich dabei nieder, dass bisher die unterschiedlichen Marktstrukturen auf dem Holzabnehmermarkt keine Rolle spielen – schließlich ist es ein Unterschied, ob man sich über die Vermarktung von Holz für mittlere oder kleinere Sägebetriebe unterhält, oder über Papierholz oder Holz für die Holz verarbeitende Industrie, bei denen es kaum noch Klein- und Mittelbetriebe gibt.

Sollte auf Grund der Entscheidung des Bundeskartellamtes die heutige besitzartenübergreifende Holzvermarktung rechtlich nicht mehr zulässig sein, ist über die Gründung kommunaler Vermarktungsorganisationen – sei es in der Form von Zweckverbänden oder GmbHs oder anderer Gestaltungsformen – zu entscheiden.

Wildschäden und Wildschweine

Die weiter ansteigenden Schwarzwildbestände – und damit einhergehend – steigende Schäden in der Landwirtschaft sowie die Bedrohung bäuerlicher Existenzen durch die Schweinepest machen ein umfassendes Maßnahmenbündel erforderlich. Gefordert sind sowohl der Gesetz- und Verordnungsgeber durch die Möglichkeit der Festsetzung von Mindestabschüssen, die Verschärfung der Kirrungsregelungen und die Straffung des Verfahrens für die Wildschadensregulierung. Ebenso sind die Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer gefordert durch die stärkere Auswahl ortsansässiger Jagdpächter nach dem Motto:

Eignung geht vor Höchstgebot. Daneben müssen Jagdpachtverträge noch stärker an den Notwendigkeiten der Bejagung und der Erzielung einer bestimmten Mindestjagdstrecke ausgerichtet werden. Nicht zuletzt sind die Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer aber auch durch eine Verbesserung der jagdlichen Infrastruktur gefordert. Und nicht zuletzt sind auch die Jagdausübungsberechtigten gefordert: Ganzjährige und intensive Bejagung von Schwarzwild ohne Gewichts- und Altersbeschränkungen sind ebenso erforderlich wie erhebliche Eingriffe bei den Zuwachsträgern (Bachen) und den Frischlingen durch die Durchführung revierübergreifender Bewegungsjagden und dergleichen mehr.

In der aktualisierten Fassung seines Muster-Jagdpachtvertrages wird der Gemeinde- und Städtebund Regelungen vorsehen, die speziell dem Ziel eines seuchenhygienisch unbedenklichen und landwirtschaftlich vertretbaren Schwarzwildvorkommens dienen.

Zusammenlegung Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe

Ende 2003 – wie in der Politik in der Zwischenzeit üblich, unter dem Stress des „drohenden Jahresendes“ in „ganz kleinem Kreis“ – wurden die Verhandlungen über die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe beendet. Das „Optionsgesetz“ wurde sogar erst am 30.07.2004 verabschiedet. Ob eine solche Verfahrensweise überhaupt – und dann speziell bei großen Aufgaben wie bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe – sinnvoll ist, erscheint fraglich. Es mag sein, dass das heute die einzige Methode ist, politische Entscheidungen zu treffen und herbeizuführen. Der Sachkunde und der vollständigen Erfassung aller Probleme – und einer ausreichenden Abwägung – kommt das Verfahren jedenfalls nicht zugute.

Die Entscheidungen, die unter dem Begriff „Hartz IV“ getroffen wurden, waren dringend erforderlich, um endlich der andauernden Kommunalisierung der Arbeitslosenunterstützung ein Ende zu bereiten und – zumindest theoretisch – zur Entlastung des kommunalen Bereichs zu kommen.

Die tatsächliche Entlastung scheint am Ende des Jahres 2004 eher fraglich – zumindest wenn man den Berichten über die Entwicklung der Kreisumlagen trauen darf. Das hatte sicherlich insbesondere etwas damit zu tun, dass die Kosten der Unterkunft – zukünftig von den Kreisen und kreisfreien Städten zu finanzieren – bei den Gesetzesberatungen in der vorhandenen Hektik und dem Stress offensichtlich völlig unterschätzt worden sind, so dass eine Nachbesserung erforderlich war, die auch erfolgte, indem der Bund sich mit 29,1 % an diesen Kosten beteiligt hat. Schließlich wurde der Personenkreis gegenüber den bisherigen Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt ja deutlich erweitert. Darüber hinaus kam es bei den Gesetzesberatungen nachträglich zur Entlastung für die neuen Bundesländer, die sich dann bei der Umsatzsteuerverteilung entsprechend für die alten Bundesländer negativ auswirkte. Das Land hat – wenn es auch sonst alle Entlastungen weitergegeben hat – diese ihm auferlegten Leistungen dann auch prompt bei den weiterzugebenden Leistungen gekürzt.

Prinzipiell haben wir es nunmehr mit einer zweigeteilten Zuständigkeit zu tun: Für das Arbeitslosengeld II und die Hilfe zum Lebensunterhalt ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig, für die Kosten der Unterbringung der Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt, also der alte Träger der Sozialhilfe. Dabei ist nach den gesetzlichen Bestimmungen die Bundesagentur eindeutig in der Vorhand, hat sie doch die grundsätzlichen Entscheidungen beim Arbeitslosengeld II zu treffen und ist zunächst (doch) nur sie berechtigt, Einkommen und Vermögen anzurechnen oder zur Kürzung von Leistungen zu treffen. Nimmt man die in der Zwischenzeit eingetretene Entwicklung, wäre es sicherlich besser gewesen, eine grundsätzlich eindeutige Zuständigkeit zu formulieren: Entweder die Zuständigkeit der Bundesagentur für alle Leistungen und alle Maßnahmen oder aber Zuständigkeit des kommunalen Bereichs, der Träger der Sozialhilfe ist, für alle Leistungen unter Ausschließung der Bundesagentur. Der von den Kreisen unter dem Blickwinkel der Erhaltung von Kreisstrukturen und der Erzielung einer eigenen Steuereinnahmequelle geführte Kampf um weitere Zuständigkeiten im Bereich der Sozial-(und Arbeits-)verwaltung führte zu der heutigen Situation, zumal auch Politik wohl kaum die Möglichkeit sieht, dann auch die finanziellen Konsequenzen aus einer grundsätzlichen Neuverteilung von Zuständigkeiten zu ziehen.

So kam es zu der gemeinsamen Verwaltung und Betreuung im System der „Arbeitsgemeinschaft“ zwischen Bundesagentur und kommunalem Bereich, für die eigens neue, eigene Rechtspersönlichkeiten eingerichtet werden mussten. Von den 24 Landkreisen und 12 kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz haben zwei Landkreise optiert, also die Gesamtaufgabe als kommunale Aufgabe übernommen. Der Rest hat sich grundsätzlich für das Arbeitsgemeinschaftsmodell entschieden, das auch meistens zustande gekommen ist.

Die Gestaltung der Arbeitsgemeinschaften war gekennzeichnet vom Aufeinandertreffen zweier Welten:

Der zentralisierte, von oben gesteuerte staatliche Behördenapparat der bisherigen Arbeitsverwaltung traf auf
die dezentralisierte, eigenverantwortliche und am finanziellen Ergebnis orientierte beteiligte Sozialhilfeverwaltung mit flächendeckender Delegation und damit Präsenz (jedes Rathaus hatte ein Sozialamt).

Die Argumentation für diese Zentralisierung stammt aus den Vorgaben der Bundesagentur, und zwar – wenn man die Berichte aus verschiedenen Teilen des Landes abgleicht –, zentral gesteuert aus Nürnberg. Die Bundesagentur hielt die Erbringung aller Leistungen nach dem SGB II „aus einer Hand und unter einem Dach“ für unverzichtbar und hielt deshalb die Notwendigkeit zentralisierter Standorte in den Kreisen, auf die alle Dienstleistungen unabhängig von der gesetzlichen Trägerschaft übertragen werden, für zwingend erforderlich. Damit feiert der alte Gedanke und die alte Struktur der staatlich gelenkten und zentralisierten Arbeitsverwaltung fröhliche Urständ.

Gegen dezentrale Lösungen wurden besonders folgende Überlegungen geltend gemacht: Die entstehenden Schnittstellen wären dem Prozess der Aktivierung und Integration des betroffenen Personenkreises abträglich. Der für die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft entstehende Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand würde unübersehbar groß und erscheine nicht praxistauglich. In Bezug auf Aufbauorganisation und Infrastruktur würde eine konsequente Orientierung an den Grundsätzen von Effektivität und Effizienz erheblich erschwert. Eine derart zergliederte Arbeitsgemeinschaft würde geschäftspolitische Ziele mit einhergehender Zielvereinbarung, Budgetplanung und Controlling nicht mehr ermöglichen. Und letztlich: Die überwiegende Mehrheit des betroffenen Personenkreises würde gegenwärtig und auch aus mittlerer Sicht aus der Zuständigkeit der zentraleren Bundesagenturdienststellen in den Anwendungsbereich des SGB II übergehen und auf Ortsnähe nicht mehr angewiesen sein; im Übrigen könne man ja Sprechstunden bzw. Beratungstage in den Sozialämtern anbieten.

Damit war das Ende der bürgernahen, dezentralen Sozialverwaltung in Rheinland-Pfalz, die sich ja wohl in den letzten Jahrzehnten als leistungs- und arbeitsfähig erwiesen hat, und die bei der Sozialhilfe gute Ergebnisse mit Programmen für „Arbeit statt Sozialhilfe“ erzielt hat, eingeläutet. Ob die Bundesagentur mit dem zentralistischen Ansatz mehr Erfolg und bessere Ergebnisse erzielen wird als die Kommunen bei der Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für Sozialhilfeempfänger, bleibt abzuwarten. Jedenfalls Selbst- und Eigenverantwortung und Bürgernähe – d.h. auch Kenntnis von Personen und Problemen – und die Koordination, die unter den Sachbearbeitern und nicht in den Kontakten von Behörden untereinander mit unterschiedlichen Standorten passiert, sind zunächst nicht mehr gefragt, vielleicht auch nur vorübergehend auf Eis gelegt.

Wie dem auch sei: Das Ergebnis ist, wie es ist. In 22 Landkreisen gibt es Arbeitsgemeinschaften oder übergangsweise die Zuständigkeiten der Bundesagentur und des Landkreises jeweils für sich. Die einzelnen Arbeitsgemeinschaften werden mit zwei, drei oder vier Außenstandorten ausgestattet und zunächst auskommen müssen.

Die Konsequenzen für die Finanzierung wurden daraus von der Landespolitik allerdings nicht gezogen. Eine Interessenquote, wie es sie in der Vergangenheit bei der Delegation der Sozialhilfe in Rheinland-Pfalz – konkret der Hilfe zum Lebensunterhalt – gab, wurde beibehalten. Nun hat allerdings eine Interessenquote den Sinn, das Interesse einer zuständigen Verwaltung an den Konsequenzen ihres Tuns und Lassens zu erhalten und zu stärken. Die Reduzierung der Sozialhilfelasten wurde dadurch, dass die kreisangehörigen Körperschaften 25 % der Sozialhilfekosten, die eigentlich der Landkreis zu tragen hatte, tragen mussten, auch für die die Verwaltung führenden Körperschaften lohnend. Das System hat funktioniert, denn deutlich verminderte Sozialhilfeaufwendungen durch viele Initiativen zu „Arbeit statt Sozialhilfe“ und andere Maßnahmen zur Minderung von Sozialhilfe sind sicherlich nicht zuletzt – wenn nicht sogar überwiegend – auf diese Form einer Interessenquote zurückzuführen.

Das alles gilt jetzt ohnehin nicht mehr, denn eine flächendeckende Delegation von Aufgaben zur Erfüllung von Funktionen beim Arbeitslosengeld II, bei den Kosten der Unterbringung und bei der Beschaffung von Arbeit gibt es für die kreisangehörigen Körperschaften nicht mehr. Sie werden nicht am Vollzug von Hartz IV und damit auch nicht am Vollzug der Kosten der Unterkunft beteiligt sein. Die Zuständigkeit der Landkreise für die Kosten der Unterkunft hat einen wesentlich erweiterten Personenkreis zur Folge mit der Konsequenz, dass damit jetzt auch der 25 %ige Anteil der kreisangehörigen Körperschaften diese Unterbringungskosten als neue Kostenlast umfasst. Dass manche Landkreise dabei davon ausgehen, dass der Anspruch auf Erstattung von 25 % der Gesamtkosten ohne die zur Entlastung der Landkreise bestimmten Beträge gelten sollen, ist nur eine Arabeske am Rande. Diese Interessenquote soll zwar nach Wohnsitzprinzip ermittelt, aber anstelle der Ortsgemeinden von den Verbandsgemeinden bezahlt werden. Damit wird die bisher wohnsitzorientierte Verteilung des gemeindlichen Anteils an den Sozialhilfekosten zu einer finanzkraftorientierten Verteilung im Rahmen der Verbandsgemeindeumlage mit einem wesentlich höheren Betrag.

Fragt man sich, was denn die Zahler der Interessenquote – die kreisangehörigen Körperschaften – zur Minderung der Quote tun können, lautet die Antwort: Nichts. Selbst wenn eine Stadt, Gemeinde oder Verbandsgemeinde dem Arbeitslosen Arbeit beschaffen würde, hat sie davon nichts, denn Anrechnungen von Einkommen und Vermögen dienen zunächst ausschließlich der Minderung des Arbeitslosengeldes II, also der Entlastung der Bundesagentur und damit des Bundeshaushalts.

Abgesehen davon gibt es Möglichkeiten der kreisangehörigen Körperschaften, Kosten mindernd einzugreifen, ohnehin nicht, denn (s. oben) der Ansatz einer bürgernahen, örtlichen Betreuung der Arbeitslosen wurde gerade nicht gewählt. Noch nicht einmal durch die Bereitstellung preiswerten Wohnraums oder mit der Nutzung leer stehender Wohnungen könnte sich eine Verbandsgemeinde, Stadt oder Gemeinde in Zukunft entlasten. Denn wenn die Hilfeempfänger nicht schon im Gebiet der jeweiligen Kommune wohnen, wäre das genaue Gegenteil erreicht, nämlich eine Mehr- statt eine Minderbelastung. Es gibt keine örtliche, gemeindliche oder städtische Zuständigkeit mehr, mit der man Einfluss nehmen kann.

Tagesbetreuungsausbaugesetz

Die Nachrichten über die geplanten Kreis- und Verbandsgemeindeumlageerhöhungen durch die Umsetzung von Hartz IV klingen schwindelerregend. Allerdings verwundert es auch kaum noch, dass auf der Bundesebene – ungerührt von solchen profanen Entwicklungen vor Ort – die Geistermilliarden aus der Hartz IV-Entlastung schon kräftig im Rahmen eines Tagesbetreuungsausbaugesetzes für den Ausbau von Ganztagsbetreuung für Kinder ausgegeben werden. Hier macht sich negativ bemerkbar, dass es ein Konnexitätsprinzip in der Zwischenzeit zwar auf der Landesebene, nicht aber auf der Bundesebene, gibt.

Enquête-Kommission Kommunen

Lange Zeit war die Enquête-Kommission Kommunen des Landtages mit der Bestandsaufnahme – schwerpunktmäßig zur kommunalen Finanzsituation – beschäftigt. Es verdient insoweit in Erinnerung gerufen zu werden, dass sich diese Kommission schwerpunktmäßig mit der kommunalen Finanzsituation und den Möglichkeiten der Verbesserung und Sanierung der kommunalen Finanzen befassen sollte und dabei auch – eher im Nachhinein – mit notwendigen Strukturveränderungen einschließlich der so genannten Stadt-/Umlandproblematik.

Die Diskussion in der Enquête-Kommission führte - insbesondere den seitens der Parteien benannten Sachverständigen in der Kommission zum Dank – sehr schnell zu dem Vorschlag, doch nun endlich auch in Rheinland-Pfalz das Konnexitätsprinzip in die Verfassung einzufügen. Nach langen, teilweise quälenden Diskussionen haben sich darauf die Parteien, dann folgend die Enquête-Kommission und der Landtag, verständigt. Nunmehr gibt es auch in Rheinland-Pfalz das Konnexitätsprinzip.

Das ist – die gegenwärtige Finanzlage, die neue Aufgaben ohnehin nicht ermöglicht hätte, hin oder her – ein wichtiger Schritt und ein Zeichen, dass das Land seine bisherige Praxis der Neuübertragung von Aufgaben oder ihre Ausweitung ohne die entsprechenden Finanzmittel nicht fortführen will.

Aber damit schienen dann die Kräfte der Enquête-Kommission und auch die Innovationskräfte der im Landtag vertretenen Parteien, was die kommunalen Finanzen und ihre Sanierung betrifft, erlahmt. Nach einem von den Sachverständigen in der Enquête-Kommission angekündigten Abstimmungsverhalten zu Gunsten eines Vorschlages zur Konkretisierung des Konnexitätsprinzips wurden die von den Regierungsfraktionen in die Enquête-Kommission entsandten Sachverständigen zurückgezogen und durch neue Sachverständige ersetzt. Die Diskussion über die Bewertung dieses Vorgangs und die Angemessenheit des Umgangs mit Sachverständigen in einer Enquête-Kommission führten zum Rücktritt weiterer Sachverständiger und zu einer Situation, dass die Kommission nicht mehr als neutrale, unabhängige, offen – ohne parteiliche Rücksichtnahme – diskutierende Einrichtung empfunden wurde und wird.

Dieses Unbehagen verstärkte sich noch, als zusammen mit dem Rückzug der Sachverständigen die Regierungsfraktionen ein neues Ziel der Beratungen in der Enquête-Kommission vorgaben: Nicht mehr die kommunalen Finanzen seien interessant genug, sie zu diskutieren und Vorschläge zur Verbesserung und Lösung der kommunalen Finanznot vorzulegen, sondern nur noch die so genannte Stadt-/Umlandproblematik.

Damit taucht wie ein Springteufel aus dem Kasten ein schwerpunktmäßig immer nur aus der Stadt Ludwigshafen in der Landespolitik artikuliertes Problem auf. Fragt man weiter nach, was denn mit Stadt-/Umlandproblemen gemeint sei, so findet man allenfalls den Hinweis, dass in die vermeintlich arme Kernstadt der vermeintlich reiche Speckgürtel, d.h. die kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden im Umfeld, eingemeindet werden sollen und dass damit dann die Sanierung aller – vorrangig natürlich der Kernstadt – gewährleistet sei.

Andere Ansätze für eine solche Diskussion, nämlich die Frage, ob und wie viel denn schon an Kooperation, an Abstimmung und Übereinstimmung im Umfeld unserer kreisfreien Städte zwischen Stadt und Umland erreicht ist, wo es tatsächlich Defizite gibt und wie man sie reduzieren kann, fehlen völlig. Stadt-/Umlandproblem in Rheinland-Pfalz ist der ausschließliche Versuch, durch Eingemeindungen die Finanzprobleme kreisfreier Städte zu lösen.

Bis zu dem Punkt haben Stadt-/Umlandprobleme, was immer sie in Rheinland-Pfalz sein sollen, glücklicherweise nicht dazu geführt, die Solidarität der Städte, Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise in Sachen Finanzausstattung und gemeinsamem Kampf um diese Finanzausstattung zu gefährden und zu beseitigen. Es ist zu befürchten, dass dieser kommunale Grundkonsens jetzt durch landespolitische Diskussionen aufgelöst und beendet werden soll. Schließlich gilt die Erfahrung, dass es sich landespolitisch wesentlich besser regieren und entscheiden lässt, wenn die kommunale Seite uneins ist.

Konnexitätsprinzip

Die Enquête-Kommission Kommunen des Landtages befasste sich in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens intensiv mit der Bestandsaufnahme der finanziellen Situation der Kommunen und daran anschließend mit der Einführung des Konnexitätsprinzips „Wer bestellt, bezahlt“ in die Landesverfassung. Die Verhandlungen waren lang, schwierig, teilweise quälend. Aber immerhin kam es dann zu der einvernehmlichen Entscheidung aller im Landtag vertretenen Parteien, das Konnexitätsprinzip in die Landesverfassung einzufügen; wenn auch ohne unmittelbare Auswirkung doch ein guter landespolitischer Erfolg und ein wichtiges Zeichen in der heutigen Finanzsituation, dass die Erkenntnis von „Wer bestellt, bezahlt“ in der Landespolitik nunmehr auch verankert ist.

Aber damit war dann der politische Wille und die Kraft, etwas Entscheidendes zur Stabilisierung und Sanierung der kommunalen Haushalte zu tun, erschöpft.

Schon bei einer Konkretisierung des Konnexitätsprinzips – von den Sachverständigen in der Enquête-Kommission angeregt – kam es zu unwilligen Reaktionen von Landespolitikern („Politik machen immer noch wir!“) nach dem Motto „Politik nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ja, aber nur wenn der Wissenschaftler Mitglied der Landesregierung oder von der Landesregierung ausgesucht ist“.

Die sich anschließenden Querelen in der Enquête-Kommission über den Umgang mit wissenschaftlichen Sachverständigen führten in den jetzigen Schwebezustand, von dem man sich – da die Enquête-Kommission nach dem Willen der die Regierung tragenden Parteien ohnehin nicht mehr die gesamte kommunale Problematik, sondern nur noch das Stadt-/Umlandproblem erörtern soll – Fortschritte zur Sanierung oder auch nur zur Verbesserung der kommunalen Finanzsituation nicht mehr erhoffen kann. Daraus sollten entsprechende Konsequenzen gezogen werden.

Verwaltungsreformbemühungen

Die Diskussion über notwendige Verwaltungsreformen in Rheinland-Pfalz verläuft unkoordiniert – ohne die Feststellung von Problemen (und Nicht-Problemen) – jeweils nach dem politischen Gefühlsleben der sich gerade äußernden Politiker. Der Stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister fordert die Abschaffung der Verbandsgemeinden, aus Kreisen der SPD-Fraktion – vorrangig von Abgeordneten aus der Stadt Ludwigshafen – will man eine dringende Lösung der Stadt-/Umlandprobleme in Rheinland-Pfalz, in verschiedenen Parteiorganisationen wird über viel zu kleine Verwaltungsstrukturen geklagt und dergleichen mehr.

Das Land ist offensichtlich der Meinung, mit der „Auflösung der Bezirksregierungen“ (so hieß es einmal in einer Koalitionsvereinbarung) sei das Notwendige getan, um auf der Landesebene moderne, effiziente, liberalisierte und extrem leistungsfähige Verwaltungsstrukturen zu haben. Schaut man sich dagegen Entwicklungen an, wie sie in unserem Nachbarland Baden-Württemberg derzeit vor sich gehen – wobei durchaus nicht alles Gold ist, was glänzt – so scheinen wir im staatlichen Bereich in Rheinland-Pfalz derzeit auf einer Insel der Glückseligen zu leben. Das Bestreben der die Landesregierung tragenden Parteien in der Enquête-Kommission ist, nur noch über Stadt-/Umlandprobleme in Rheinland-Pfalz zu reden – was immer darunter zu verstehen sein mag. Ein wirkliches Stadt-/Umlandproblem hat eigentlich in Rheinland-Pfalz derzeit kaum jemand entdecken können.

Das Stadt-/Umlandproblem à la Rheinland-Pfalz soll sein, dass es dringend der Eingemeindung des „Speckgürtels“ um die kreisfreien Städte in die kreisfreien Städte (oder besser gesagt, einzelner oder einer) bedürfe, um die Städte finanziell zu sanieren. Dass das vielleicht eine etwas verkürzte Darstellung von Stadt-/Umlandproblemen sein könnte – solche gibt es in Stuttgart, in München, in Frankfurt, um Berlin herum oder in Hamburg –, ist eine andere Sache.

Presseberichte über angeblich notwendige Verwaltungsreformmaßnahmen tun ein Übriges. Gelegentlich sieht man dann Mutmaßungen über zukünftige Verbandsgemeindesitze, sinnigerweise als Bild mit Würfeln dargestellt. Hoffentlich ist dies kein realistisches Bild von Politik.

Sicher gibt es auch im kommunalen Bereich Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten der Verwaltungsstrukturen. Ob es in der Pfalz wirklich neun kreisfreier Städte bedarf, ist eine solche Frage, und ob wir alle notwendigen Kooperationsmöglichkeiten geschaffen haben, um die heute in 15 Städten vorhandenen zweifachen gemeindlichen oder städtischen Verwaltungen sich ausreichend näher oder zusammen zu bringen oder zumindest weitgehend in eine Verwaltung zu überführen, ist sicher auch die Frage.

Gibt es aber überhaupt ein durchgängiges, rheinland-pfälzisches, kommunales Verwaltungsproblem? Ist es nicht gelungen, in den letzten 30 Jahren flächendeckend eine bürgernahe, fähige, grundsätzlich die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllende Verwaltungsstruktur zu schaffen, zu haben und zu erhalten – und sie dann auch noch in einer Form zu haben, die finanziell außerordentlich günstig ist, wenn man sich Personalbesätze in anderen Bundesländern anschaut?

Ist es uns nicht in den letzten 30 Jahren gelungen, das Gefälle an Infrastruktureinrichtungen zwischen Stadt und Land – um das etwas pauschal auszudrücken – so anzugleichen, dass es kaum noch Ausstattungsunterschiede in Bezug auf Schulen, Sporteinrichtungen und andere Freizeiteinrichtungen, Sozialeinrichtungen, Baumöglichkeiten, Gewerbe- und Industrieansiedlung, die Verkehrserschließung und dergleichen gibt? Ist das nicht auch eine Folge der Anfang der 70er Jahre erstmals einheitlich für Rheinland-Pfalz geschaffenen Gemeinde- und Verwaltungsstrukturen? Welche zwingenden Notwendigkeiten, insbesondere welche Unwirtschaftlichkeiten, zwingen denn heute dazu, einer flächendeckenden Verwaltungsreform, insbesondere einer flächendeckenden Gebietsreform, das Wort zu reden?

Was wir brauchen, ist sicherlich eine Verwaltungsstrukturreform von oben nach unten. Dabei wird jede solche Verwaltungsstrukturreform – die dann auch den kommunalen Bereich erfassen muss – mit Aufgabenkritik (muss alles, was öffentliche Verwaltung heute macht, von öffentlicher Verwaltung gemacht werden?) und mit der Verlagerung von Aufgaben von oben nach unten beginnen. Dazu gehört, dass die Aufgaben der Struktur- und Genehmigungsdirektionen und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu 80 % auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen werden, dass alles, was in irgend einer Art und Weise häufigen Bürgerkontakt erfordert, von den Landkreisen auf die kreisangehörigen Körperschaften übertragen wird – einschließlich Kfz-Zu-lassung, Führerscheine, Baugenehmigungen, alle Schulen bis einschließlich Realschule, alleinige Zuständigkeit für Kindergärten (wozu brauchen wir an dieser Stelle noch Jugendämter?).

Und wenn man diese Aufgabenkritik und diese Zuständigkeitsdebatte abgeschlossen hat, stellt sich sicherlich die Frage, ob unsere Landkreise groß genug sind und ob auch wirklich alle Verbandsgemeinden eine ausreichende Größe haben. Dabei muss man sehen, dass Einwohnerzahlen allein ungeeignete Beurteilungskriterien in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz sind. Dazu gehört vielmehr auch die Fläche, die eine Körperschaft oder Verwaltung zu betreuen hat. Dazu gehören Verkehrsbeziehungen. Dazu gehören historische Wurzeln, gemeinsame Geschichte, Heimatgefühl und -bewusstsein und dergleichen mehr. Das alles erfordert viel Kraft und Arbeit und große politische Bereitschaft, aber eines jedenfalls nicht: Eine umfassende neue Gebietsreform für Rheinland-Pfalz.

Bei alledem muss im Übrigen jedem Beteiligten bewusst sein, dass diejenigen, die sich gegen Verbandsgemeinden aussprechen, Ortsgemeinden meinen. Ein System, das Ortsgemeinden erhalten will – und Ortsgemeinden sind in Rheinland-Pfalz ein hervorragendes Mittel, die Bevölkerung unmittelbar in erheblichem Umfang in eigene politische Entscheidungen einzubinden –, muss die Verbandsgemeinden bestätigen und bejahen. Wer Verbandsgemeinden abschaffen will, will letztlich zu Einheitsgemeinden – und das scheint mir in Rheinland-Pfalz, jedenfalls bisher, nicht mehrheitsfähig.

Demografischer Wandel


Mehr und mehr rückt der demografische Wandel der Gesellschaft in den Vordergrund politischer Diskussionen. Für die Rheinland-Pfälzer Kommunen und Kommunalpolitiker stellt sich die demografische Entwicklung – neben der rein zahlenmäßigen Abnahme der Bevölkerung, insbesondere auch die Altersverschiebungen – sehr unterschiedlich dar.

Ausgangspunkt ist eine wohl auch zukünftig unveränderte Geburtenrate in Deutschland bei konstant 1,4 Kindern je Frau, eine mit jedem Geburtsjahrgang immer noch einhergehende Verlängerung der Lebensdauer (durch medizinischen Fortschritt) und eine jährliche Zuwanderung in Deutschland von 200.000 Personen. Bei diesen Annahmen würde die Bevölkerungszahl in Rheinland-Pfalz bis zum Jahre 2015 von knapp über 4 Mio. Einwohner auf rund 3 Mio. Einwohner abnehmen.

Dramatisch ist das insbesondere in bestimmten Teilräumen des Landes. Während die rheinnahen Gebiete, also etwa die Landkreise Germersheim, Südliche Weinstraße, Rhein-Pfalz-Kreis, durchaus mit gleich bleibender Bevölkerungszahl oder sogar noch kurzfristigem Wachstum rechnen können – besonders ausgeprägt ist das auch in Rheinhessen durch die Nähe zum Rhein-Main-Raum –, ergeben sich in der Entfernung vom Rhein relativ schnelle und außerordentlich dramatische Bevölkerungsrückgänge, die schon heute auf die Zahl der Kindergartenkinder, morgen auf die Zahl der Schulkinder und übermorgen auf viele andere Einrichtungen erhebliche Auswirkungen haben werden.

Das geht einher mit einer ständig abnehmenden Zahl der Personen in jüngeren Bevölkerungsschichten und einer ständig zunehmenden Zahl älterer Menschen. Die sich daraus ergebenden Anforderungen für die Kommunalpolitik sind noch nicht bis zum Letzten erkannt, aufgenommen oder umgesetzt. Gerade in der jetzt begonnenen Kommunalwahlperiode wird es Aufgabe aller Beteiligten sein, keine langfristigen kommunalen Investitionen ohne Betrachtung der Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf Nutzbarkeit, Größe und Kosten durchzuführen.

Auswirkungen ergeben sich insoweit auch auf die bauliche Entwicklung, wenn auch mit bestimmten zeitlichen Verzögerungen. Da einerseits die Zahl der Ein-Personen-Haushalte immer noch zunimmt und andererseits auch das Bedürfnis, auf mehr Wohnfläche zu leben, ist ein Ende des Bedarfs für den Erwerb von Neubaugrundstücken und damit eine Verminderung des Bedarfs an Neubaugebieten noch nicht unmittelbar spürbar. Ungeachtet dessen wird gerade das in den nächsten Jahren deutlich erkennbar werden. In die kommunale Betrachtung wird noch mehr als bisher die Erhaltung und Erneuerung und Belebung der Ortskerne treten müssen, wenn sie nicht irgendwann veröden sollen.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 01/2005

Reimer Steenbock
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied  des Gemeinde- und Städtebundes