Die Konkurrenz unter Schulträgern – Städten und Gemeinden einerseits sowie Landkreisen andererseits – ist dabei nichts gegen die Konkurrenz unter Lehrerverbänden, die sich im Wesentlichen an den Schularten orientieren.
Nun ist Konkurrenz nichts Schlimmes, ganz im Gegenteil. Wenn man in unserem Bildungssystem den Weg zu einem höheren Bildungsniveau, zu einer Verbesserung der Abschlüsse, zu mehr Schülern mit höherem Abschluss und zu weniger Schulabbrechern, also insgesamt zu mehr Qualität gehen will, dann ist Diskussion, Auseinandersetzung, ja vielleicht auch Streit über den richtigen Weg durchaus angesagt und notwendig.
Solche Qualität entwickelt sich aus der Freiheit der Gestaltung, aus Möglichkeiten im Konzert von Mitwirkenden an einer Schule, mehr und anderes zu tun, als es an der Nachbarschule passiert. Das ist bei Universitäten so, das ist bei Kindergärten so, und das ist auch bei Schulen so.
Im friedlichen Wettbewerb von Schulen um Kinder und Jugendliche darf es dann keine Schulbezirke, keine zwingende Zuordnung nach dem Wohnort mehr geben. Die inzwischen erreichte Mobilität der Menschen bei Arbeitsplatz, beim Wohnen, in der Freizeit ist auch an den Schulen nicht vorbei gegangen. Deshalb ist der Gedanke, auf Schulbezirke und eine zwingende Zuordnung von Kindern und Jugendlichen zu bestimmten Schulen, die für ihren Wohnort „zuständig“ sind, zu verzichten, richtig.
Regionale Schulen sind ohne Schulbezirk ausgekommen, sie leben zu einem wesentlichen Teil von Konkurrenz und Wettbewerb. Sie vereinen schon heute Haupt- und Realschulbildungsziele unter einem Dach. Daher ist es auch gut, dass sie automatisch Realschulen Plus werden sollen.
Für Hauptschulen gilt diese Automatik nicht. Die Hauptschulen, die heute nicht leiden, haben alle Möglichkeiten der Qualitätssteigerung in den letzten zehn Jahren ausgenutzt. Diese Schulen, die Lehrer, die Eltern, die Schüler, fühlen sich verständlicherweise durch die Entwicklung benachteiligt, heißt doch das Ziel nicht „Haupt“schule Plus, sondern „Real“schule Plus. Das bei vielen qualitativ hochwertigen Hauptschulen schon Errungene zu erhalten, die Angebote, sozialen Dienste, qualitätssteigernden Maßnahmen mitzunehmen in eine neue Bildungswelt, sollte unser Ziel sein.
Aber einer Hauptschule wird die Realschule Plus nicht in den Schoß fallen. Sie muss, wenn sie sich in der neuen Realschule Plus wiederfinden will, eine aktive Rolle übernehmen. Sie muss mit anderen Schulen kooperieren, zusammenarbeiten, ja, sich zusammenschließen, um den Anforderungen an eine Gemeinschaftsschule neuen Typs gerecht zu werden.
Die Vorgabe einer mindestens dreizügigen Realschule Plus ist ein bisschen zu wenig flexibel gedacht. Dies als Mindestgröße würde zu Schulschließungen in größerem Umfang und zum Wegfall vieler Standorte von Schulen, insbesondere im ländlichen Raum, führen. Nur noch große, relativ zentral angesiedelte Schulen würden verbleiben. Landflucht würde dabei eher gefördert. Das steht der Aussage der Landespolitik, dass in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz, wohnortnahe Bildungsangebote gesichert werden sollen, entgegen. Gerade bei der sehr unterschiedlich zu erwartenden demografischen Entwicklung in Rheinland-Pfalz wird man dann in dieser Frage nur mit differenzierten Festlegungen weiterkommen. Ein Prinzip, dass in der Nähe des Rheins oder im Ballungsraum um Frankfurt oder Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg sinnvoll und zu verwirklichen sein mag, kann in der Eifel, im Westerwald, im Hunsrück oder auch in der Westpfalz zu unzumutbaren Ergebnissen führen.
Qualität von Schulen hat auch etwas mit Trägerschaft zu tun. Nur Träger, die sich individuell um ihre Schulen kümmern können, können auch individuelle Entwicklungen und einen Wettbewerb untereinander führen.
Bisher hört man die Aussagen, dass die Trägerschaft der weiterführenden Schulen erst im Rahmen der Verwaltungsreform entschieden werden soll. Das geht von der Vorgabe aus, dass man Schulinhalte, insbesondere aber die Qualität von schulischen Angeboten, ohne Rücksicht auf die Trägerschaft diskutieren und zum Erfolg führen kann. Das entspricht nicht der bisherigen Erfahrung. Die regionalen Schulen – ein erster Ansatz, auf die sich schon früh abzeichnenden Probleme der Entwicklung von Schülerzahlen weg von den Hauptschulen und hin zu anderen Schularten zu reagieren – sind fast alle aus örtlichen Initiativen in Schulen und in den Städten, Gemeinden und Verbandsgemeinden, jedenfalls aber nicht gegen die örtliche Kommunalpolitik, eingerichtet und zum Erfolg geworden.
Auch zukünftig gilt es, diese gemeindliche Innovationskraft zu nutzen.
Für die Trägerschaft der Gemeinden und Städte spricht im Übrigen auch die notwendige Integration von Kindergartenangeboten (die Bildung soll dort verstärkt werden), von Jugendpflege und Jugendhilfe (schon längst eine Schwerpunktaufgabe der Städte und Gemeinden), von Grundschulen – unverändert und unbestritten in der Trägerschaft der Städte und Gemeinden – mit Realschule Plus und mit Gymnasium. Einheitliche Träger lassen eine sehr viel stärkere Verknüpfung und Integration dieser Einrichtungen miteinander zu.
Die Integration ist im Übrigen auch aus der Sicht des Sports, der Sportförderung, der Vorhaltung von Sportanlagen auf der gemeindlichen und städtischen Ebene erforderlich. Viele unserer heutigen Schulsportanlagen sind als schulische Einrichtungen eingerichtet und gefördert worden, weil die Nutzung für schulische Zwecke oder zur Sportförderung verschwimmt. Manchmal waren profane Gründe für die Einstufung als Schulsportanlage maßgebend. Beispielsweise kann das die Tatsache gewesen sein, dass nur im Topf für die Schulen noch Fördermittel vorhanden waren und deshalb die Förderung als Schulsportanlage und nicht als Sportanlage allgemeiner Art erfolgte.
Deshalb muss es dabei bleiben: Die neu entstehenden Schulen gehören insgesamt in die Trägerschaft der Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden.
Ein friedliches, geruhsames und fröhliches Weihnachtsfest und einen guten Beginn im Neuen Jahr.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 12/2007
Reimer Steenbock
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes