Zugegeben, das LEP III ist in die Jahre gekommen. Weiter zugegeben: Nicht alles, was im LEP III steht, wurde verwirklicht, war zu verwirklichen oder war ernst gemeint.
Und dass wegen eines fehlenden neuen LEP irgendetwas landes- oder regional- oder kommunalpolitisch nicht umgesetzt werden konnte oder könnte, kann man auch nicht gerade sagen: Ganz im Gegenteil, vielleicht war es ja trotz oder wegen der mit dem LEP III gewollten oder erzwungenen Gestaltungsfreiheit – der ganz große weite Rahmen -, dass es nur zu einer kleinen Zahl von Problemen kam. So bleibt eine gewisse Unzufriedenheit beispielsweise in Sachen Windkraft in Erinnerung.
Als Zukunftsthema, das angeblich unbedingt landesplanerisch geregelt werden müsste, taucht allenthalben die demografische Entwicklung auf, die derzeit auch für alles herhalten muss. Dazu gibt es erste Stimmen aus dem kommunalen Bereich, die sagen, „Macht nicht so viele Umstände. Schließlich haben wir doch auch die Bevölkerungsentwicklung seit dem 2. Weltkrieg – und diese waren umfangreich und nicht immer leicht zu bewältigen – geregelt bekommen“.
In einer solchen Aussage kommt ein Grundproblem des LEP-IV-Entwurfs zum Ausdruck: Der Umfang der „verbindlichen“ Ziele und Grundsätze (265!) steht für das Bemühen und die Absicht, alles und jedes zu regeln, in Formen und Vorgaben zu pressen. Eigene Gestal-tungsmöglichkeiten, sich selbst bemühen müssen und Wettbewerb sind nicht mehr gefragt.
Man kann den Eindruck haben, eine Sammlung von Programmen, Absichten und politischen Aussagen der gesamten Landesregierung habe stattgefunden. Jedes Ressort hat seine Wünsche geäußert, sie wurden zum verbindlichen Ziel der Landesplanung erklärt, katalogisiert, und fertig ist das Landesentwicklungsprogramm.
Wie anders könnte man sich erklären, dass der Haltepunkt einer Bahn oder eines Busses im Rheinland-Pfalz-Takt Voraussetzung für Gewerbe und Industrieansiedlung sein soll? Wenn ÖPNV-Anbindung überhaupt ein Argument für Gewerbe- und Industrieansiedlung sein soll und sein kann, dann doch in einem Landesentwicklungsprogramm nur mit der Aussage, da, wo sie landesplanerisch erwünscht sei, müsse man die ÖPNV-Erschließung entwickeln und fördern. Es kann doch nicht die heutige derzeitige Situation als das Ziel der gesamten Landesentwicklung der nächsten 10 Jahre dargestellt werden.
Ein anderes Beispiel für den immer wieder aufflammenden Versuch, die kommunale Selbstbestimmung und Entwicklung einzuschränken, sind die Aussagen zum Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung sowieso zum Schutz der Außenbereiche. Daraus soll der Schluss gezogen werden, die Erschließung von Neubaugebieten drastisch einzuschränken, ja sogar unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen.
Schon beim LEP III hat es Versuche gegeben, Gemeinden die Zahl der Bauplätze, die sie erschließen dürfen, vorzuschreiben. Jetzt taucht diese Vorstellung wie ein Springkasper wieder auf: Man öffnet den Deckel des LEP IV, und was kommt heraus? Regulierung statt Deregulierung, mehr Planwirtschaft, mehr Vorgaben, mehr verbindliche Ziele, die Vorstellung, alles und jedes landesplanerisch zu erfassen und regeln zu können.
Ein schönes Beispiel ist auch das Motto des Landesentwicklungsprogramms, dass man „die Stärken stärken“ will. Das kann man an einer Reihe von Textstellen so verstehen, dass man nur die Starken stärken will. Das wiederum wird dem Ansatz eines Landesentwicklungsprogramms – Betonung auf Land – nicht gerecht.
Es stellt sich die Frage, ob die Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse – auch im ländlich orientierten Raum – nicht mehr das Ziel der Landesplanung ist.
Überhaupt ist die Frage, welchen Stellenwert ein Landesentwicklungsprogramm für die Landespolitik hat. Das Gesetz sieht heute eine Information des Innenausschusses des Landtages vor. Reicht das bei so tiefgreifenden Veränderungen der Struktur des Landes aus? Muss nicht der Landtag förmlich beschließen?
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 04/2007
Reimer Steenbock
Geschäftsführendes
Vorstandsmitglied des
Gemeinde- und Städtebundes