Die Finanzprobleme der Kommunen spitzen sich zu


Schon seit Ende letzten Jahres müsste allen klar sein: Weitere Eingriffe in die kommunale Finanzausstattung sind angesichts der mehr als schwierigen Situation unverantwortlich.

  • Wir hatten 2009 ein Rekorddefizit von 12 Milliarden Euro bundesweit gegenüber 2008. 2010 und 2011 werden weitere zweistellige Milliardendefizite erwartet. Manche behaupten, diese Entwicklung gelte sogar bis 2013.

  • Die kurzfristigen Kassenkredite der Kommunen betragen inzwischen ca. 37 Milliarden Euro. Allein in Rheinland-Pfalz belaufen sich die Kassenkredite auf derzeit ca. 4,5 Milliarden. Wir haben in diesem Bereich im Bundesvergleich dazu die zweithöchste Verschuldung pro Einwohner nach dem Saarland (letzter bekannter Stand: 871 Euro). Die Kommunen finanzieren mit diesen Kassenkrediten ihren ganz normalen Betrieb. Solche „notleidenden Gemeinden“ brauchen diese Kredite, weil sie regelmäßig mehr Aufgaben erfüllen müssen, als die Einnahmen hergeben. Kein gutes Bild für die Finanz- und Haushaltspolitik des Landes in den Zeiten der Hochkonjunktur seit 2005. Wo andere bis 2008 Schulden abgebaut haben, haben wir in Rheinland-Pfalz noch eine Schippe an Schulden draufgelegt.

  • In 2009 mussten die stärksten Steuerverluste auf der kommunalen Ebene hingenommen werden (insgesamt 7,1 Milliarden Euro). Besonders betroffen waren dabei die Gewerbesteuereinnahmen. Sie sanken bundesweit um 5,4 Milliarden Euro, im Schnitt um 17,4%. Viele Gemeinden lagen jedoch deutlich über diesem Schnitt. Es gab dramatische Verluste von 40% und mehr auch in Rheinland-Pfalz. 2010 werden weitere 1,1 Milliarden weniger in den kommunalen Kassen erwartet!

  • Auf der anderen Seite liegen die Sozialausgaben der Kommunen zum ersten Mal jenseits der 40-Milliarden-Grenze. Das ist doppelt so hoch wie kurz nach der Wiedervereinigung. Weitere 2 Milliarden sollen 2010 hinzukommen.

Diese erschreckende Realität scheint jedoch niemanden davon abzuhalten, die „kommunale Ebene“ als „Melkkuh“ zu betrachten. Die Bundesregierung legt ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf, das allein den Kommunen in Rheinland-Pfalz geschätzt weitere 70 Millionen an Einnahmeverlusten bringen wird. Der neueste Anschlag auf die Gewerbesteuer heißt „Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften“. Es geht dabei um nichts anderes als eine Rolle rückwärts in Sachen Unternehmenssteuerreformgesetz. Das kann zu weiteren Einnahmeverlusten bundesweit von ca. 1,7 Milliarden führen (Bund/Länder/Kommunen). Die Kommunen in Rheinland-Pfalz sind nach unseren Berechnungen zumindest mit einem Minus von 30 Millionen dabei.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Hartz-IV-Pauschale wird nach einer 30%igen Erhöhung der Pauschalen in allen Bereichen von den verschiedensten Interessengruppen gerufen. Das würde eine Steigerung der Zuwendungsempfänger von 6,9 auf 9 Millionen Einwohner und eine Erhöhung der Ausgaben auf mehr als 10,6 Milliarden Euro bedeuten.

Die Gewerkschaften reden von einer Tariferhöhung von 5,4%. Dabei haben wir die letzte Tariferhöhung bei den Bediensteten der Kindergärten von 4,8% kaum verkraften können. Eine solche Erhöhung hätte weitere Erhöhungen der kurzfristigen Kassenkredite in Milliardenhöhe zur Folge.

Die Karnevalszeit ist zwar gerade erst vorbei, aber meine Frage ist bitter-ernst: Wer soll das bezahlen? Wir jedenfalls haben es nicht bestellt.

Wir brauchen keine Schuldzuweisungen zwischen Bund und Ländern, wer was verursacht hat.

Wir brauchen keine Klientelpolitik für Hoteliers oder eine zu frühe Revision der Unternehmenssteuerreform.

Wir brauchen eine Konnexitätsverpflichtung des Bundes, dass die von seinen Gesetzesvorhaben für die Länder und Kommunen ausgehenden Mehrbelastungen auszugleichen sind. Wir sind mit der Landesregierung im Gespräch, dass diese eine Bundesratsinitiative für eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen startet. Wir erwarten vom Land, dass es eine verfassungsrechtliche Absicherung einer angemessenen kommunalen Finanzausstattung ohne Einschränkung in diesem Zusammenhang mit auf den Weg bringt.

Wir selber müssen uns viel besser positionieren und nicht nur in der Sache hart, sondern auch lautstark deutlich machen, dass wir mit einem solchen Umgang des Bundes und der Länder und der Interessengruppen mit unserer kommunalen Situation überhaupt nicht einverstanden sind, und dies auch in Zukunft nicht hinnehmen werden.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 02/2010

Winfried Manns
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes