Und um es etwas drastisch zu formulieren: Wer an dieses Thema zu blauäugig herangeht, kann sich ganz schnell ein paar Blessuren holen.
Deshalb gilt vor dem Hintergrund, dass in einzelnen Regionen in den kommenden Jahren eine Vielzahl von Konzessionsverträgen ausläuft, für die betroffenen Ortsgemeinden, die sich in einer solchen Entscheidungsphase befinden und evtl. in einen Prozess der Rekommunalisierung einsteigen wollen, die Chancen und Risiken sehr sorgfältig abzuwägen. Zunächst muss individuell geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein notwendiger Rückkauf der Netze vom bisherigen Netzbetreiber durch die Ortsgemeinden selbst oder die Abtretung dieses Kaufrechtes auf einen Dritten überhaupt möglich und an welche weiteren Bedingungen dies womöglich gekoppelt ist. Zwar war ein Rückkaufsrecht in früheren Musterkonzessionsverträgen regelmäßig vorgesehen, wurde aber von den Ortsgemeinden nicht immer tatsächlich so vereinbart. Eine Rekommunalisierung der Netze ist deshalb bei denjenigen Ortsgemeinden, die beim Abschluss früherer Verträge oder im Rahmen einer späteren Vertragsanpassung auf das Rückkaufsrecht verzichtet haben, kaum noch möglich.
Falls die Voraussetzung für eine Rekommunalisierung jedoch gegeben ist, müssen die Gemeinden weiter entscheiden, wie sie die Energieversorgung betreiben wollen. Zumindest für die sogenannten B-Gemeinden, die bisher über keine eigenen Stadt- und Gemeindewerke verfügen, dürfte ein eigenständiger Aufbau der Energieversorgung mit Netzbetrieb und auch Vertrieb mit erheblichen wirtschaftlichen und technischen Risiken behaftet sein. Ein differenziertes Bild kann sich allerdings für jene B-Gemeinden ergeben, die in der Nachbarschaft von sog. A-Gemeinden mit eigenen Werken, liegen, sofern letztere interessiert bzw. bereit sind, ihren Netzbetrieb auszuweiten.
Darüber hinaus zeigt ein Blick auf verschiedene Regionen innerhalb von Rheinland-Pfalz aber auch über über die Landesgrenzen hinaus vielversprechende Ansätze im Bereich sogenannter Beteiligungsmodelle. Hierbei wird das zurückgekaufte Energienetz, ggf. zusammen mit dem hierfür aufgenommenen Darlehen, in eine neu gegründete Netzgesellschaft eingebracht. Neben den Kommunen beteiligen sich etablierte Energieversorgungsunternehmen an dieser Netzgesellschaft, die wiederum über das notwendige know how für die zukünftige Arbeit verfügen und diese in die Zusammenarbeit einbringen. Gegenstand der Gesellschaft ist hierbei i.d.R. der reine Netzbetrieb. Ob und inwieweit eine Zusammenarbeit auch beim Vertrieb sinnvoll ist, muss separat ausgelotet werden. Attraktiv für die Kommunen können solche Modelle deshalb sein, weil unabhängig von den Leistungen im Konzessionsvertrag, insbesondere der Konzessionsabgabe die Chance entsteht, langfristig kommunales Vermögen zu schaffen.
Vereinfacht dargestellt muss bei einer solchen Lösung der aus dem Netzbetrieb entstehende Ertrag zumindest ausreichen, um die Belastung aus dem aufgenommenen Kommunaldarlehen zu bedienen. Dies könnte vor dem Hintergrund derzeit historisch niedriger Zinssätze einerseits und gesetzlich geregelter Netzentgelte andererseits darstellbar sein.
In der Diskussion befinden sich darüber hinaus auch Konstruktionen, in denen das beteiligte Energieversorgungsunternehmen von vorneherein die Rentierlichkeit der kommunalen Einlage garantiert. Solche Modelle befinden sich z.B. in Schleswig-Holstein bereits in der Umsetzungsphase.
Insgesamt gesehen bieten die vorgenannten Modelle eine Fülle von Chancen für die Kommunen. Allerdings gilt es auch, damit einhergehende kommunalrechtliche, vergabe- und wettbewerbsrechtliche, energiewirtschaftsrechtliche bis hin zu steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen sorgfältig zu prüfen.
Insbesondere aber müssen wirtschaftlichen Risiken und Kosten genau abgeschätzt und möglichst gering gehalten werden. Eine erhebliche Rolle spielen bei Rekommunalisierungsüberlegungen neben dem Kaufpreis für das Netz beispielweise auch entstehende Entflechtungs- und Einbindungskosten.
Inhaber der Wegerechte und Vertragspartner der Konzessionsverträge sind in Rheinland-Pfalz die Ortsgemeinden. Um eine entsprechende Verhandlungsposition gegenüber potenziellen Partnern einnehmen zu können, ist dringend angezeigt, Interessen interkommunal zu koordinieren und im Rahmen des rechtlich Zulässigen auch zu bündeln. Nur unter den Voraussetzungen, dass sich ein größerer Kreis von Gemeinden zusammenschließt, und dies kann nur in der Größenordnungen mehrerer Verbandsgemeinden eines Kreises oder auch darüber hinaus sein, sind Chancen, wie zuvor beschrieben haben, in Zukunft überhaupt sinnvoll zu nutzen.
Der Gemeinde- und Städtebund steht Ihnen für weitere Informationen und Diskussionen zu diesem spannenden Thema gerne zur Verfügung.
Wir sind gespannt auf Ihre Rückmeldungen.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 06/2010
Winfried Manns
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes