Die Gemeinden sind pleite!


"Die Gemeinden sind pleite, die jetzt von der Landesregierung in Angriff genommenen weiteren Eingriffe in die kommunalen Kassen in Höhe von 70 Mio. Euro jeweils in den Jahren 2002 und 2003 führen die Gemeinden quasi zum Insolvenzrichter", bringt Bürgermeister Manfred Seefeldt, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (GStB), die dramatische Situation auf den Punkt.

"Was wir brauchen, das sind sofort wirkende Maßnahmen. Dazu hat der Finanzausschuss des GStB einen 10-Punkte-Plan vorbereitet, den der Vorstand heute in seiner Sitzung einmütig den Mitgliedskommunen zur Übernahme empfohlen hat," informiert Bürgermeister Ernst Walter Görisch, Stellvertretender Vorsitzender des GStB. "An die Adresse des Bundes haben wir die Forderung erhoben, die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage von 20 % auf 30 % zugunsten von Bund und Ländern sofort rückgängig zu machen," teilt Görisch weiter mit.

Der 10-Punkte-Plan zur Konsolidierung der Kommunalfinanzen bringt Einsparungen in Höhe von jährlich rund 900 Mio. DM, wenn er konsequent umgesetzt wird.

"Dazu brauchen wir kein Antragsverfahren, keine Entscheidung einer Standardbefreiungsbehörde und auch keine umfangreichen Rechenschaftsberichte, also zusätzliche Bürokratie. Wir brauchen eine landesrechtliche Regelung, welche die überflüssigen Vorgaben konkret beim Namen nennt (z.B. ` § X Abs. Y des Z-Landesgesetzes wird außer Vollzug gesetzt.' ). Die kommunale Selbstverwaltung ist durchaus in der Lage, mit solchen neuen Möglichkeiten verantwortungsbewusst umzugehen", erläutert Reimer Steenbock, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des GStB den Vorschlag."

Und diese Maßnahmen sieht der 10-Punkte-Plan vor:

  1. Ab sofort wird das Landespersonalvertretungsgesetz in der Fassung von 1977 angewandt. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM
  2. Ab sofort entscheiden die Kommunen über Frauenförderung in eigener Verantwortung. Das Landesgleichstellungsgesetz und § 2 Abs. 6 GemO/§ 2 Abs. 9 LKO werden außer Kraft gesetzt. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM
  3. Ab sofort können Einrichtungsträger für die Nutzung von Sportstätten Entgelte erheben. § 15 Abs. 2 SportFG wird außer Kraft gesetzt. Erwartete Entlastung: mindestens 40 Mio. DM
  4. Für die Bereitstellung von Ganztagsschulplätzen werden Gebühren mindestens in Höhe der Gebühr für einen Hortplatz erhoben. Erwartete Entlastung: mindestens 20 Mio. DM
  5. Ab sofort können die Einrichtungsträger selbst darüber entscheiden, in eine Kindergartengruppe zwischen 25 und 30 Kinder aufzunehmen. Die Bestimmungen im Kindertagesstättenrecht werden entsprechend geändert. Erwartete Entlastung: mindestens 200 Mio. DM
  6. Ab sofort entscheiden die Einrichtungsträger über die Anzahl der in Kindergärten je Gruppe einzusetzenden Fachkräfte selbst. Die Förderung wird in eine Pauschalförderung je Kind in der Einrichtung umgewandelt. Erwartete Entlastung: mindestens 100 Mio. DM
  7. Ab sofort wird die regelmäßige Arbeitszeit aller Landes- und Kommunalbediensteter ohne zusätzlichen Ausgleich auf 41 Stunden/Woche festgelegt. Erwartete Entlastung: mindestens 400 Mio. DM
  8. Ab sofort dürfen Kommunen Geld sparen, indem sie bei Baumaßnahmen, wie jeder private Dritte auch, nachverhandeln dürfen! Erwartete Entlastung: mindestens 50 Mio. DM
  9. Ab sofort dürfen Kommunen Geld sparen, indem sie Baumaßnahmen an einen Generalunternehmer vergeben dürfen! Erwartete Einsparung: mindestens 50 Mio. DM
  10. Ab sofort entscheiden die Kommunen selbst, ob und für welche relevanten gesellschaftlichen Gruppen Beiräte oder Beauftragte bestellt werden. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM.

"Um es einmal an dem Beispiel der Sportförderung festzumachen. Wir wollen sicher nicht die Vereine und sportbegeisterten Menschen unnötig zur Kasse bitten. Wenn wir aber vor der einzigen Alternative stehen, eine Einrichtung zu schließen, dann gibt es nämlich keinen Zulassungs- und Nutzungsanspruch, auch keinen auf unentgeltliche Nutzung. Dann ist mir doch die Erhebung eines einigermaßen kostendeckenden Entgeltes allemal die landes- und kommunalpolitisch bessere Lösung. Ich bin auch davon überzeugt, dass dies den Bürgerinnen und Bürgern verdeutlicht werden kann," erläutert Manfred Seefeldt die Hintergründe des 10-Punkte-Planes an einem konkreten Beispiel.

"Was wir wollen ist auch, dass der Service für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort nicht eingeschränkt werden muss. Wir haben in den 10-Punkte-Plan daher bewusst nur solche Leistungen einbezogen, die in schwierig werdenden Zeiten auf den Prüfstand müssen. Die Kassen sind leer! Wir müssen aus der Verschuldung heraus, nicht nur das Land! Ansonsten werden uns die Zinsen den weiteren Spielraum dauerhaft rauben. Sämtliche Vorschläge des 10-Punkte-Planes führen auch nicht zu Gesundheitsgefährdungen oder Sicherheitseinschränkungen.

Auch werden die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger nicht beeinträchtigt, im Gegenteil, wir sind bemüht gewesen, solche Beispiele vorzuschlagen, die Dienstleistungen und Ansprüche dauerhaft sichern können," stellt Ernst Walter Görisch die Kriterien für den 10-Punkte-Plan heraus.

Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz hat für seine Mitglieder Antragsvordrucke vorbereitet, die bereits jetzt im Internet unter www.gstbrp.de verfügbar sind.


Pressemitteilung des Gemeinde- und Städtebundes RP vom 10. Dezember 2001