„Das System der Verbandsgemeinde hat sich bewährt. Die Zukunft liegt in der Vereinfachung der Zusammenarbeit, in einer spürbaren Entlastung der ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und in einem konsequenten Ausbau der Servicefunktionen der Verbandsgemeindeverwaltung,“ beschreibt Ortsbürgermeister Manfred Seefeldt, Offenbach a. d. Queich, Vorsitzender des Verbandes, die wesentlichen Eckpunkte des Positionspapiers zur „Zukunftsfähigkeit der Kommunalstrukturen für Rheinland-Pfalz.“
Der Landesausschuss des GStB hat das Positionspapier heute in seiner Sitzung auf dem Hambacher Schloß verabschiedet.
„Natürlich gibt es Reformbedarf, da unsere Verwaltungsstrukturen Spiegelbild der Gesellschaft sind und sich mit ihr wandeln müssen. Die Veränderung des Wahlrechts hin zu einer sehr starken Betonung der ‚Person’ durch Kumulieren, Panaschieren sowie die Urwahl der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte hat mehr bewegt, als mancher ursprünglich vermutete.
Die Wirkungen sind nun offen zutage getreten und rufen nach gesetzlicher Fortschreibung,“ konkretisiert Heijo Höfer, Bürgermeister der Stadt und Verbandsgemeinde Altenkirchen, Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltung, Verfassung und Europa des Verbandes, den Anlass der vom GStB initiierten Untersuchung.
Gewachsenes Selbstbewusstsein der örtlichen Akteure mag für manchen ungewohnt und nicht immer erfreulich sein. Es ist aber der Ausdruck und die logische Konsequenz der Stärkung der auf lokaler Ebene handelnden Personen. Außerdem ruft es den dienenden Charakter der Verbandsgemeindeverwaltung deutlich in Erinnerung. Auch dieser ist zwingend, wenn das ursprüngliche Konzept „Zentralisierung von Verwaltungskompetenz, aber Dezentralisierung der Entscheidungskompetenz" vernünftig umgesetzt werden soll.
„Breiten Raum in unseren Diskussionen nahm natürlich das Amt der Ortsbürgermeisterin und des Ortsbürgermeisters ein, denn der Anstoß zur Debatte kam ja durch die ‚Oppenheimer Erklärung’ mit ihrer Forderung nach Hauptamtlichkeit dieses Personenkreises, falls sie ihr Amt in größeren Gemeinden ausüben. Hier haben wir Lösungsvorschläge aufgezeigt, die akzeptanzfähig sind und im Konsens aller Mitglieder erarbeitet wurden. Die Lösungsansätze passen überall im Lande, und zwar unabhängig von der Größe der Gemeinde. Dabei sehen wir die Zukunft in verstärkter Kooperation,“ so Bürgermeister Ernst Walter Görisch, Verbandsgemeinde Alzey-Land, Stellvertretender Vorsitzender des GStB.
Die Vorschläge des GStB betreffen die Verstärkung der Servicefunktion der Verbandsgemeindeverwaltung, die Bereitstellung von Personal zur Entlastung der ehrenamtlichen Bürgermeisterin und des ehrenamtlichen Bürgermeisters, die Mit- und Einwirkungsmöglichkeiten bei Entscheidungen in den Verbandsgemeindegremien und eine Flexibilisierung der Initiativ- und Fördermöglichkeiten der Verbandsgemeinde im Bereich ortsgemeindlicher Aufgaben.
Der GStB zeigt in seinem Positionspapier auch auf, wie künftig die Freistellungsregelung ausgestaltet werden soll. Sowohl der Freistellungsanspruch als auch der Freistellungsumfang sind in der Gemeindeordnung planbar zu konkretisieren.
„Wir halten dies einerseits für nötig, um die Rechte der ehrenamtlichen Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister im Verhältnis zum Arbeitgeber zu stärken. Andererseits muss auch im Verhältnis zum Gemeinderat, der ja die Freistellung im Haushalt zu finanzieren hat, klar sein, was dem Ortsbürgermeister zusteht,“ erläutert Reimer Steenbock, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des GStB.
„In der Diskussion haben uns die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister größerer Gemeinden erneut deutlich gemacht, dass die zeitliche Beanspruchung für ihr Ehrenamt enorm ist. Dies ist neben einem normalen Beruf kaum zu leisten. Die situationsangepasste Kombination von beruflicher Tätigkeit, Freistellung und Ehrenamt könnte hier eine Lösung bieten. Dies gilt auch im Hinblick auf Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, insbesondere Beamte. Da sie in der Funktion als Ortsbürgermeister ebenfalls ‚Ehrenbeamte’ sind, sollte der Begriff der ‚vollen Hingabe an den Beruf’ neu definiert werden, denn er verhindert in seinem bisherigen Inhalt zeitgemäße Lösungen,“ stellt Prof. Dr. Johannes Hellermann, Universität Bielefeld, der das Projekt wissenschaftlich begleitet und für den GStB das heute vorgestellte Gutachten erarbeitet hat, heraus.
Aber genau so, wie sich Hauptamt und Nebenamt in einer Person und innerhalb eines Arbeitstages vertragen, könnten sich auch Hauptamt und Ehrenamt gemeinsam darstellen lassen. Unter diesen Voraussetzungen, so die ganz überwiegende Mehrheit der Gremienmitglieder, kann die Belastungssituation der Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister größerer Gemeinden auch ohne Einführung eines neuen Hauptamtes für Ortsbürgermeister spürbar verbessert werden.
Ernst Walter Görisch: „Unser Anliegen ist nun, dass mit Blick auf die jetzt laufenden Vorbereitungen für die Kommunalwahlen 2004 die Kandidatinnen und Kandidaten frühzeitig wissen, auf welche Rahmenbedingungen sie sich einlassen. Wichtig wäre also, eine Regelung in der Gemeindeordnung im Wege eines Sofortprogramms zu erhalten.“
„Sollte dies nicht zu erreichen sein, wollen wir in der Enquete-Kommission ‚Kommunen’ eine entsprechende Initiative einbringen.
Denn eines ist richtig, die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen sind extrem belastet. Der ‚Druck im Kessel’ muss durch entsprechende vorgezogene Regelungen abgelassen werden. Ein Ventil ist dringend notwendig,“ stellt Vorsitzender Manfred Seefeldt abschließend fest.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung des Gemeinde- und Städtebundes RP vom 02. Juni 2003