Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bildungsministerin Doris Ahnen und Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis vom Städtetag Rheinland-Pfalz, Landrat Hans Jörg Duppré vom Landkreistag Rheinland-Pfalz und Bürgermeister Ralph Spiegler vom Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz unterzeichneten die Vereinbarung heute in Mainz.
Ministerpräsidentin Dreyer unterstrich: „Dass die von der UN-Behindertenrechtskonvention ins Zentrum der Politik gerückte Aufgabe der Inklusion alle Ebenen des Staates und alle Teile der Gesellschaft fordert, ist unbestritten. Mit der jetzigen Vereinbarung macht die Landesregierung deutlich, dass sie – über ihr eigenes finanzielles Engagement für den weiteren Ausbau des inklusiven Unterrichtsangebots hinaus – auch die Kommunen dabei unterstützt, die Herausforderungen in ihrem Zuständigkeitsbereich auf diesem Feld zu meistern.“ Die Ministerpräsidentin ergänzte, damit werde auch ein Angebot eingelöst, das sie den Kommunen unmittelbar nach der Entscheidung am 27. Mai 2014, dass der Bund ab dem Jahr 2015 die Kosten des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) vollständig übernimmt, gemacht habe. Die zusätzlichen Mittel für die Kommunen sind ein Teil der im Landesetat von Rheinland-Pfalz durch die BAföG-Neuregelung pro Jahr frei werdenden Mittel von rund 35 Millionen Euro.
Bildungsministerin Doris Ahnen sagte: „Inklusion geht uns alle an. In den Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden hat sich klar gezeigt, dass dieses Anliegen auch den Kommunen sehr wichtig ist, dass sie sich dabei aber auch finanziell sehr stark gefordert fühlen. Mit der zusätzlichen freiwilligen Leistung des Landes, die zum 1. August im Schulgesetz verankert worden ist und jetzt in der Vereinbarung festgeschrieben wird, werden sich die Kommunen auf einen gesetzlich fixierten Anspruch zur Unterstützung der Inklusion im schulischen Bereich berufen können. Ich rechne damit, dass dieses Ergebnis auch im Landtag positiv aufgenommen wird und wir von dort Zustimmung zu der Vereinbarung erhalten werden.“
Die Vereinbarung sieht vor, dass 70 Prozent der Gesamtsumme den Landkreisen und kreisfreien Städten entsprechend der Gesamtschülerzahl in den dort gelegenen Schulen zufließen. Die anderen 30 Prozent werden auf Landkreise, kreisfreie Städte, große kreisangehörige Städte, Verbandsgemeinden, verbandsfreie Gemeinden, Ortsgemeinden und Schulverbände verteilt, die Schwerpunktschulen in ihrer Trägerschaft haben. Die Aufteilung richtet sich nach den Gesamtschülerzahlen der Schulen des jeweiligen Trägers. Die Landesleistung wird nach Angaben des Finanzministeriums als Pauschale und erstmals zum 1. März 2015 gezahlt werden.
„Es ist gut, dass es heute in einem ersten Schritt zur Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Unterstützung des Landes bei der Wahrnehmung inklusiver Aufgaben durch die Kommunen kommt. Es war allerdings ein schwieriger Weg bis hierher, denn es gibt einen gänzlich unterschiedlichen Blick des Landes und der Kommunen auf die Verantwortlichkeit bei der Umsetzung der Inklusion in Rheinland-Pfalz“, sagte Landrat Hans Jörg Duppré, Vorsitzender des Landkreistages und Landrat des Landkreises Südwestpfalz.
Der Vorsitzende des Landkreistages wies sodann darauf hin, dass es aus seiner Sicht gelte, den Blick nach vorne zu wenden und im Interesse der betroffenen Menschen stärker an die inhaltliche Gestaltung der Aufgabe heranzugehen. „Wir haben es uns in der Vereinbarung zur Aufgabe gemacht, dass wir im Interesse der betroffenen Menschen den Blick darauf werfen, wie wir das System insgesamt effektiver gestalten können, um den Raum für inklusiven Unterricht zu bereiten.“
Der Vorsitzende des Städtetages, der Pirmasenser Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis, ergänzte – diesen Gedenken aufgreifend, dass auch aus seiner Sicht der Blick nun nach vorne gerichtet werden müsse: „Die vom Land den Kommunen zur Verfügung gestellten 10 Millionen Euro – aus der Übernahme der Ausbildungsförderung BAföG durch den Bund – sind ein Beitrag, um die rasant wachsenden Belastungen der Kommunen, die im Zusammenhang mit der inklusiven Beschulung entstanden sind und entstehen, abzumildern.“ Schon 2012 hätten Städte und Kreise allein für die Integrationshilfe über 20 Millionen Euro aufgewandt. Dr. Matheis wies sodann darauf hin, dass die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Träger der Jugend- und Sozialämter auf der einen Seite und des Landes als Verantwortlichem für die Gestaltung des Unterrichts auf der anderen Seite noch der Präzisierung bedürfen. „Bei den anstehenden weiterführenden Gesprächen müssen wir die Interessen der Betroffenen aber stets im Vordergrund sehen“, so Dr. Matheis.
Bürgermeister Ralph Spiegler, Verbandsgemeinde Nieder-Olm, stellvertretender Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes, sieht seine Mitgliedskommunen für die Inklusion gut gerüstet. „Wir haben bereits in der Vergangenheit viel in die Herstellung von Barrierefreiheit an unseren Schulen investiert und werden hier nicht nachlassen, auch den besonderen Anforderungen der Inklusion gerecht zu werden“, so Spiegler weiter. Ralph Spiegler führt ergänzend aus, dass derzeit bereits landesweit 155 Grundschulen als Schwerpunktschulen ausgewiesen seien, an denen Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen gemeinsam von Lehrerinnen und Lehrern aus dem entsprechenden Regelschullehramt, Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften unterrichtet werden.
Abschließend betonte Duppré für die kommunalen Spitzenverbände nochmals, dass die verabredete Arbeit zur Abgrenzung der einzelnen Aufgaben und zur besseren Koordinierung der Hilfen nunmehr zügig angegangen werden müsse. Bei dem Blick in die Zukunft sei auch die von den Kommunen mit dem Land verabredete Evaluation von besonderer Bedeutung.
Das Inklusionskonzept des Landes in den Schulen in Stichworten:
Seit diesem Schuljahr verfügen Eltern über ein vorbehaltloses Wahlrecht zwischen einem inklusiven Unterrichtsangebot in einer Schwerpunktschule und dem Angebot einer Förderschule für ihr Kind.
Basis dafür, dass der freie Elternwille auch zum Tragen kommt, sind die derzeit 270 Schwerpunktschulen, die in der Primar- und der Sekundarstufe – also im Grundschulbereich und in weiterführenden Schulen – Konzepte für den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern umsetzen.
Dabei werden die Regelschullehrkräfte unterstützt von Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften – aktuell im Umfang von 710 Vollzeitlehrerstellen.
Die Zahl der Schwerpunktschulen soll entsprechend dem Bedarf schrittweise weiter erhöht werden. Zudem sollen bereits bestehende Schwerpunktschulen – wenn möglich – stärker ausgelastet werden. Das Konzept von 2013 sieht für den Ausbau bis zum Jahr 2016 insgesamt 200 zusätzliche Stellen von Förderschullehrkräften und pädagogischen Fachkräften an Schwerpunktschulen vor.
Inklusion ist zudem bereits Bestandteil aller Lehramtsausbildungen an Universitäten und in Studienseminaren. Durch zusätzliche Zuweisungen von förderpägagogisch ausgebildetem Personal an die Studienseminare wurde dieser Ausbildungsbestandteil in der Referendarausbildung mit dem Schuljahresstart noch intensiviert.
Pressemitteilung der Staatskanzlei, des MBWWK und der Kommunalen Spitzenverbände RP vom 11. November 2014