Das sagte Vitor Verdelho, Präsident des europäischen Algenverbands EABA, auf der Algaeurope-Konferenz in Lissabon. Vor dem Hintergrund der sinkenden Preise für fossile Kraftstoffe sei nur die großindustrielle Herstellung von Biokraftstoffen wirtschaftlich möglich.
Ein Beispiel, das für diese Entwicklung steht, ist eine der größten Anlagen zur Algenkultivierung in Europa, den der portugiesische Stromversorger Elecricidade da Madeira gemeinsam mit dem spanischen Biotechnologieunternehmen Buggypower auf Madeira errichtet hat. In den Photobioreaktoren mit einer Fläche von 1.100 m³ werden im Jahr 60 Tonnen Trockenmasse im Jahr produziert. Während in der Forschungs- und Entwicklungsphase die Herstellung von Biodiesel aus den produzierten Mikroalgen geplant war, setzen die Unternehmen mittlerweile auf die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln.
In Europa beschäftigen sich bisher nur Forschungsprojekte, die von europäischer oder nationaler Förderung abhängig sind, mit der Produktion von Biokraftstoffen. Dazu zählt das Forschungsprojekt „Diesalg“, das von Jeremy Pruvost von der Universität von Nantes auf der Algaeuropa-Konferenz vorgestellt wurde. Das kürzlich beendetet Projekt begann im Jahr 2012 und wurde von der French Research Agency (ANR) mit einem Budget von 2,7 Mio. € gefördert. Der multidisziplinäre Ansatz des Projekts zeigt, dass eine positive Energiebilanz bei der Biodieselherstellung aus Algen möglich ist, wenn die Extraktion aus nasser Biomasse vorgenommen wird. Im Labor gelang es den Forschern, die doppelte Energiemenge aus Algen zu gewinnen als zur Algenproduktion benötigt wurde. Die Demonstration einer positiven Energiebilanz außerhalb des Labors steht allerdings noch aus, im Plenum äußerten sich Konferenzteilnehmer diesbezüglich kritisch.
Der Nachweis einer positiven Energiebilanz in der Praxis soll in der Forschungsanlage „AlgoSolis“ in Saint-Nazaire erbracht werden. Die Anlage wurde am 25. Juni 2015 durch das Institut für Verfahrenstechnik, Umwelt und Nahrungsmittel (Gepea), das zur Universität von Nantes und dem französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) gehört, in Betrieb genommen. Dort sollen zudem für verschiedene Anwendungsfelder neue Arten von Mikroalgen identifiziert und verwertet werden.
Die meisten Experten halten auch in den nächsten zehn Jahren Biokraftstoffe aus Algen nur dann wirtschaftlich herstellbar, wenn die Algen größtenteils für höherwertige Produkte eingesetzt und nur die Reststoffe zur Energieerzeugung genutzt werden. Bei der energetischen Nutzung von Algen geht der Trend somit klar weg von alleinstehenden Anlagen hin zu Bioraffinerien, bei denen Biokraftstoffe zu den Endprodukten zählen können. Die erste großtechnische Bioraffinerie auf dem europäischen Festland wird derzeit im Rahmen des Projekts „D-Factory“ entwickelt. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll eine Demonstrationsanlage gebaut werden, die CO2 aus einem benachbarten Kraftwerk zur Algenproduktion nutzt und aus den Algen unter anderem auch Glycerin zur Biokraftstoffproduktion erzeugen will.
Ein anderer Ansatzpunkt zur Energieproduktion aus Algen besteht darin, die Energieerzeugung mit anderen Wettschöpfungsprozessen zu verbinden. Ein Beispiel dafür ist das Forschungsprojekt „All-gas“, bei dem die Abwasserreinigung mit der Herstellung von Biomethan verknüpft wird. Ziel des von dem spanischen Wasserversorger FCC Aqualia koordinierten Projekts ist die Errichtung einer Demonstrationsanlage zur Algenkultivierung auf zehn Hektar mit einer jährlichen Produktionskapazität von insgesamt 900 Tonnen.
Seit September 2014 befindet sich in der Nähe einer Kläranlage im südspanischen Chiclana de la Fronteira eine Prototyp-Anlage mit einem 0,1 Hektar großen offenen Becken in Betrieb. Daneben wird noch in diesem Monat der Bau der Demonstrationsanlage beginnen, die im Juni 2016 fertig gestellt werden soll. Neben dem Biomethan fallen dann auch Dünger, Lipide und Abwärme an, die zusätzlich vermarktet werden können, um die Kosten weiter zu senken. Das Projekt wird im Rahmen des EU FP7 Programms mit 7,1 Mio. € kofinanziert.