KWK-Gesetz im Bundestag: Massive Kritik an neuer Berechnung des Ausbauziels


Bei der Plenardebatte am vergangenen Freitag äußerten Redner auch aus der Regierungskoalition scharfe Kritik an dem Vorhaben, das 25-Prozent-Ziel beim KWK-Ausbau auf die regelbare Stromerzeugung zu beziehen. „Wenn wir das so machen – und das sage ich so deutlich – wird das Gesetz ein KWK-Ausstiegsgesetz“, sagte Jens Koeppen von der CDU/CSU-Fraktion.


Die Debatte machte deutlich, dass das BMWi mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an der Spitze auch in den eigenen Reihen noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten hat. Auch Florian Post (SPD) verwies in seiner Rede auf „einige zu kritisierende Punkte, die wir hier im parlamentarischen Verfahren noch diskutieren müssen“. Ähnlich wie Koeppen sieht auch Post die Gefahr eines Ausbaustopps bei Umsetzung des umdefinierten 25-Prozent-Ziels. Der Grund liege in dem immer größer werdenden Anteil der Stromerzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien. „Damit wäre dann das Ziel schon erreicht, und es erfolgte kein weiterer Zubau. Das wollen wir nicht.“ Eine Möglichkeit wäre eine Streckung des Ausbauziels bis 2025. Aber auch dann müsste die Gesamtstromerzeugung die Bezugsgröße sein.


Auch die Opposition kritisiert das 25-Prozent-Ziel aus Gabriels Gesetzentwurf. „Von Ihrem Versprechen im Koalitionsvertrag, die KWK auszubauen, wollen Sie auf einmal nichts mehr wissen“, sagte Julia Verlinden von Bündnis 90 / Die Grünen. Eva Bulling-Schröter forderte für die Linke, das 25-Prozent-Ziel an der Nettostromerzeugung bis 2020 beizubehalten und um ein Ziel für die Wärmeversorgung aus KWK in Höhe von 20 Prozent für 2020 zu ergänzen.


Koeppen von der Unionsfraktion machte deutlich, dass er auch in anderen Fragen Nachbesserungsbedarf im Gesetzentwurf sieht. Nach seiner Einschätzung wäre es sinnvoll, eine „Technologieneutralität“ in das Gesetz zu schreiben. „Wenn wir uns auf Gas fokussieren (...) werden wir bei der Industrie-KWK nicht vorwärtskommen“, sagte Koeppen. Der Unionssprecher verwies darauf, dass von der Gasförderung bis zur Verbrennung viel Methan entweiche. „Deswegen ist die Klimabilanz schon lange nicht mehr so gut, wie man es dachte. Verlinden von den Grünen sieht dagegen in im geplanten Aus der Förderung von KKW-Anlagen auf Kohlebasis einen „überfälligen Schritt“.


Für Koeppen ist die fehlende „Technologieneutralität“ dagegen nur ein Aspekt einer von ihm monierten „Benachteiligung der Industrie-KWK“. Für die industrielle Wärmezufuhr mit Temperaturen von 300 Grad würden jährlich 200 TWh Energie gebraucht. „Dafür reichen die erneuerbaren Energien derzeit nicht aus.“ Aktuell würden knapp 90 Prozent der industriellen Wärmeerzeugung über KWK erreicht. Ohne Förderung der Industrie-KWK drohe eine getrennte Erzeugung von Wärme und Strom. „Das müssen wir unbedingt vermeiden“, sagte Koeppen.


Kritisch sei für die Industrie-KWK auch, dass eine Zielperspektive bis 2020 zu kurzfristig sei, um den Bau von Großanlagen zu unterstützen. Genehmigungsverfahren dauerten alleine vier bis sechs Jahre. „Dann ist das Jahr 2020 erreicht, und es gibt keine Förderung mehr.“ Dies bedeute, dass die Betriebe keine neuen Bauprojekte mit großen KWK-Anlagen mehr angehen würden. „Ich bin für eine generelle Streichung der Befristung.“


Zustimmung erhielt Koeppen von der Opposition für seine Kritik an der geplanten Behandlung von Kleinanlagen. Die geplante Verringerung der Zuschlagszahlung auf 45.000 Volllaststunden stelle einen „ganz vehementen Einschnitt“ dar „und würde dazu führen, dass sich die kleinen und die Mikro-KWK-Anlagen nicht mehr lohnen.“ Für Mikro-KWK-Anlagen, die ganzjährig im Einsatz sind, würde die Regelung eine Kürzung der Zuschlagszahlungen um fast die Hälfte bedeuten. Entsprechende Anlagen müssten noch zur Serienreife gebracht werden. „Damit diese Anlagen preisgünstiger werden, sollten wir bei 60.000 Volllaststunden bleiben“, empfiehlt Koeppen.


Julia Verlinden warf dem BMWi vor, mit dem Entwurf „ausgerechnet intelligente und bürgernahe Versorgungslösungen für eine umweltschonende Strom- und Wärmeversorgung in Wohnanlagen“ – also die sogenannten Mieterstrom- und -wärmemodelle – zu benachteiligen. „Deshalb liest sich der vorliegende Gesetzentwurf für mich wie ein weiterer Baustein in Ihrem ‚Anti-Bürgerenergie-Programm’“, sagte die Grünen-Sprecherin für Energiepolitik.


Auch für die Linke sind bürger- und verbrauchsnahe Lösungen ein Anliegen, wie Bulling-Schröter deutlich machte. Durch das EEG 2014 seien entsprechende Projekte durch die Beteiligung des Eigenverbrauchs an der EEG-Umlage unter Druck geraten. Ein Beispiel für intelligente dezentrale KWK seien Krankenhäuser mit ihrem hohen Bedarf an Strom, Wärme und Kälte. Hier könnten Emissionen mittels KWK um bis zu 80 Prozent verringert werden. „Das sind zukunftsfähige Modelle, die bei Ihnen auf der Abschussliste stehen, weil Sie sich weigern, geeignete Fördermöglichkeiten zu schaffen“, sagte Bulling-Schröter in Richtung der Bundesregierung.