Ziel dabei sei nicht nur eine gute Klimabilanz, sondern auch eine wirtschaftliche Produktion. Am Ende des dreijährigen Projekts soll ein Prototyp sogenannte Biokraftstoffe der zweiten Generation herstellen. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) unterstützt das Projekt mit gut 350.000 €.
Unter Leitung von Professor Kölling-Paternoga arbeitet ein Forschungsteam am Fachgebiet Hefegenetik und Gärungstechnologie daran, ein kontinuierliches Verfahren mit genveränderten Hefen zu entwickeln, das eine erheblich kostengünstigere Bioethanol-Produktion ermöglicht. Als Ausgangsstoff setzen die Wissenschaftler Cellulose aus Reststoffen wie Stroh ein – das vermeidet die Konkurrenz zu Nahrungsmitteln und sorgt für eine gute Klimabilanz mit Einsparungen von 80 bis 90 Prozent gegenüber Benzin aus fossilen Quellen. „Wir stellen uns eine Art Bioethanol-Reaktor vor, ähnlich wie bei Biogas. Ein möglichst einfaches System, in das man die Ausgangsstoffe auf einer Seite hineingibt und auf der anderen Bioethanol herauskommt“, so Kölling-Paternoga.
Cellulose zur Produktion von Bioethanol hat einen Nachteil: Sie ist schwer aufzuschließen. Bisher führt man eine Vorbehandlung mit Dampf, Druck und zugesetzten Enzymen durch, um den Zucker in den Pflanzen freizusetzen. Erst dann kann Hefe zugegeben werden, die den Zucker zu Alkohol umwandelt. Dieses Batch-Verfahren ist umständlich und kostenaufwendig. Die Forscher wollen es deshalb erheblich vereinfachen. „Wir möchten mit gentechnischen Methoden Hefen herstellen, die selbst diese Enzyme produzieren“, sagte Professor Kölling-Paternoga. Dafür etablieren sie auf den Hefepilzen sogenannte Mini-Cellulosomen – Anhänge auf der Zelloberfläche, die alle zum Cellulose-Abbau nötigen Enzyme beinhalten. In der Natur findet man derartige Cellulosome vor allem in einigen Bakterien. „Die Hefen können dann an die Cellulose andocken und in parallelen Prozessen die Cellulose abbauen und mit der Bioethanol-Produktion starten“, so der Experte.
Grundsätzlich könnten dazu unterschiedliche Materialien eingesetzt werden. „Denkbar wären auch zum Beispiel Biomüll oder Energiepflanzen aus Agroforstsystemen“, so Kölling-Paternoga. „Berechnungen zufolge könnte man unter optimalen Voraussetzungen weltweit rund die Hälfte des Bedarfs an Kraftstoffen mit Bioethanol aus Reststoffen decken.“ Entscheidend werde jedoch die marktwirtschaftliche Seite sein. „Momentan liegen die Produktionskosten für Cellulose-Ethanol über den Herstellungskosten für Benzin“, sagte der Professor weiter. „Unser neues System dürfte die Kosten ganz erheblich senken und die Effizienz steigern.“
Das Projekt „Entwicklung eines kontinuierlichen Prozesses zur Herstellung von Cellulose-Ethanol auf der Basis von Cellulosom-Hefen“ ist bereits am 1. Januar 2015 gestartet und hat das Förderkennzeichen 22025311.