Rattenbekämpfung

Rattenbekämpfung in der Kanalisation

Ratten im Kanal sind nicht nur ein lästiges Übel, sondern können auch eine Gesundheitsgefährdung für die Menschen mit sich bringen. Viele Abwasserbetriebe führen daher regelmäßig Bekämpfungsmaßnahmen in ihren Kanälen durch. Unklarheiten bestehen vor Ort oft zur Frage der Zuständigkeit und Kostentragung. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an die Bekämpfungstechnik aus dem Tierschutzrecht sowie dem Gewässerschutz heraus stetig höher werden; dies betrifft insbesondere die Ausbringung der Köder.

Allgemeiner Grundsatz:
Die Zuständigkeit ergibt sich aus dem Zweck einer notwendigen Bekämpfungsmaßnahme.


1. Zuständigkeit bei Abwehr von Gesundheits- bzw. Seuchengefahren

Rechtsgrundlage für die Abwehr von Gesundheits- bzw. Seuchengefahren ist das Infektionsschutzgesetz IfSG; dort findet sich zur Abwasserbeseitigung folgende Vorschrift:

§ 41 IfSG
(1) Die Abwasserbeseitigungspflichtigen haben darauf hinzuwirken, dass Abwasser so beseitigt wird, dass Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Krankheitserreger nicht entstehen. Einrichtungen zur Beseitigung des in Satz 1 genannten Abwassers unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch die zuständige Behörde.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, bezüglich des Abwassers durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. [...]“

In Rheinland-Pfalz ist diese Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das zuständige Ministerium MKUEM übertragen (§ 1 der LVO zur Durchführung des IfSG); dieses wiederum hat von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht, d.h. es gibt keine solche Rechtsverordnung, die konkrete Ge- oder Verbote regelt (anders als z.B. Niedersachsen).

 

Klargestellt wurde von Seiten der ADD, dass der Vollzug des IfSG keine Aufgabe der allgemeinen Ordnungsbehörden gemäß POG, sondern die Zuständigkeit der Gesundheitsämter als lex specialis vorgeht.  Ratten seien (in erster Linie) Gesundheitsschädlinge im Sinne des § 2 Nummer 12 IfSG, da sie Krankheitserreger auf den Menschen übertragen können. Dabei genüge die potenzielle Gefahr einer Übertragung, eine im Einzelfall eine gesicherte Krankheit der Ratten sei nicht erforderlich. Die Zuständigkeit des Gesundheitsamts begründe sich auch aus der Tatsache, dass die Methoden des Gesundheitsamtes einer wesentlich strikteren Kontrolle durch die in § 18 Abs. 4 IfSG aufgelisteten Ämter, Anstalten und Institute unterliegen, die nicht durch eine Verlagerung der Zuständigkeit auf die allgemeinen Ordnungsbehörden umgangen werden dürfe.


2. Bekämpfung durch die Abwasserbetriebe

Eine generelle und strikte rechtliche Pflicht, Ratten im Kanal zu bekämpfen, gibt es für die Abwasserbetriebe nicht.

Auch im Rahmen des § 41 Abs. 1 IfSG entscheiden die Abwasserbetriebe in eigener Aufgabenerfüllung, ob solche Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Einzelfall erforderlich sind. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen

  • dem Schutz der Gesundheit der eigenen Beschäftigten: Hierbei ist insbesondere § 28 in der DGUV-V 21 maßgeblich: "Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass in abwassertechnischen Anlagen Ratten bekämpft werden." (Dies wird begründet mit dem Schutz vor Infektionen mit Leptospirose aus Rattenurin über verletzte Körperteile).
  • dem Schutz der Bevölkerung vor Infektionen: Diese Kompetenz liegt nach hiesiger Auffassung (alleine) beim Gesundheitsamt, so dass Maßnahmen zu diesem Zweck nur in Abstimmung mit dem zuständigen GA erfolgen sollten, siehe oben unter Nr. 1. 

Dessen ungeachtet steht es dem Gesundheitsamt, frei, von ihm als notwendig erachtete Bekämpfungsmaßnahmen anzuordnen, auch gegenüber einem Abwasserbetrieb.


Soweit Ratten lediglich als Kanal-Schädlinge bekämpft werden sollen oder aus anderen (technischen) Gründen, ist das originäre Sache des Abwasserbetriebs.


Generell sind bei jeglichen Bekämpfungmaßnahmen  eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben zu beachten, insbesondere

- die Anforderungen aus der Biozid-Verordnung und der Gefahrstoffverordnung;

- die einschlägigen Arbeitschutzbestimmungen;

- die Anforderungen aus dem Chemikaliengesetz (ChemG) sowie der GefStoffV;

- die Anforderungen aus dem Tierschutzrechts;

- die Anforderungen des Umwelt- und Gewässerschutzes;

um nur die wichtigsten zu nennen. Hierzu finden sich in der Fachliteratur, insbesondere in der KA Abwasser Abfall, sowie auf den Internetseiten des Branchenverbands der Schädlingsbekämpfer umfassende Hinweise.


3. Materialien, Literatur,

  • DGUV Vorschrift 21 - Abwassertechnische Anlagen (ext. Link)
  • Impulvortrag "Giftfreie Rattenbekämpfung in Erfurt", November 2020 (direkter Link, pdf)
  • In diversen Ausgaben der KA Abwasser Abfall gab es Fachbeiträge zur Rattenbekämpfung, insbesondere:

- 2021, S. 95 - Das Erfurter Modell: Giftfreies Rattenmanagement

- 2020, S. 358 - "Rattenbekämpfung im Kanal - bundesweite Umfrage"

- 2019, S. 538 - "Rattenbekämpfung in der Kanalisation"

- 2006, S. 234 - "Ratten in der Kanalisation"

- 2005, S. 269 - "Ratten: Eine Gefahr für unsere Gesellschaft (?)"

  • Umweltbundesamt: Workshop Rattenbekämpfung im November 2020.
    Das Protokoll ist öffentlich verfügbar, direkter Link (pdf).