Gemeinde kann ausstehende Gebühren von Rechtsnachfolger des Eigentümers verlangen


Die Klägerin ist seit Januar 2005 Eigentümerin eines des im Gebiet der beklagten Stadt gelegenen Grundstücks, heißt es seitens des Gerichts zum Sachverhalt. Seit dem Jahr 2002 hatte die Voreigentümerin, die Mutter der Eigentümerin, Rückstände auf Grundbesitzabgaben, darunter Niederschlagswasser- und Schmutzwassergebühren,  aus Grundbesitzabgabenbescheiden vom Januar und Februar 2002, Februar 2004 sowie dem Dezember 2004 nicht bezahlt. Mehrere Vollstreckungsaufträge seitens der Stadt, die  zu schriftlichen Pfändungsankündigungen führten, verliefen ergebnislos. Auch Pfändungsversuche gegenüber der Voreigentümerin blieben erfolglos, weil pfändbare Gegenstände und Sachen nicht vorhanden waren.

Am 26. August 2005 erließ die Stadt einen Haftungs- beziehungsweise Duldungsbescheid gegenüber der klagenden Eigentümerin hinsichtlich der rückständigen Grundsteuer der Jahre 2002 bis 2004. Mitte August 2006 übersandte das Amtsgericht der Stadt die Abschrift eines Vermögensverzeichnisses der Voreigentümerin. Ende 2011 erließ die Stadt gegenüber der Eigentümerin einen Bescheid wegen der rückständigen Gebühren für die Jahre 2002 bis 2004 in Höhe von insgesamt 6.135,60 Euro.

Die Kalge der Eigentümerin dagegen hat das Verwaltungsgericht Aachen abgewiesen. Bei den von der Voreigentümerin nicht gezahlten Gebühren aus den Jahren 2002, 2003 und 2004 handelt es sich dem Urteil zufolge um grundstücksbezogene Gebühren im Sinne des KAG NRW, weil die entsprechenden Gebührensatzungen der Stadt auf das Grundstück und nicht auf den tatsächlichen Nutzer – wie etwa einen Mieter oder Pächter - abstellen. Als Gebührenschuldner sei deshalb der Eigentümer beziehungsweise eine diesem gleich gestellte Person bestimmt worden. Nach dem KAG NRW ruhten grundstücksbezogene Benutzungsgebühren als öffentliche Last auf dem Grundstück - unabhängig davon, ob es sich um die Gebühren für die Benutzung kommunaler Einrichtungen aus der Zeit vor oder nach Inkrafttreten des neugefassten Kommunalabgabengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen handle. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung würden Benutzungsgebühren auch aus der Zeit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung als öffentliche Last eingestuft.

Die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung führe auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung, heißt es in dem Urteil weiter. Eine verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig echte Rückwirkung liege vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift, erläutert das Gericht. Demgegenüber sei eine unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liege vor, „wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet“. Dies sei hier der Fall.

Die Pflicht, Gebühren für die Inanspruchnahme der kommunalen Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung  zu entrichten, besteht dem Gericht zufolge fortlaufend für den Zeitraum, für den der Gebührenschuldner Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes ist. Ergeht ein Gebührenbescheid und zahlt der Schuldner nicht, ist es zunächst völlig offen, ob - zur Durchsetzung der Forderung - überhaupt der Rechtsnachfolger im Eigentum in Anspruch genommen wird. Diese so genannte Duldungspflicht konkretisiere sich vielmehr nur dann, wenn sich der ursprünglich in Anspruch genommene frühere Eigentümer nicht zur Zahlung in der Lage erweise und die Duldungspflicht gegenüber dem Rechtsnachfolger geltend gemacht werde. Dementsprechend handelt es sich bis zum Erlass eines Duldungsbescheids nicht um einen abgeschlossenen Rechtszustand, in den nur unter den Voraussetzungen einer echten Rückwirkung eingegriffen werden könnte.