Geklagt hatten die Mitglieder dreier Bürgerinitiativen aus den niedersächsische Samtgemeinden Bodenwerder/Polle und Eschershausen/Stadtoldendorf. Sie wollten gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Preiserhöhungen der Abwasserentgelte durch den Wasserverband Ithbörde/Weserbergland zum Januar 2013 sowohl hinsichtlich des Grundpreises als auch bezüglich des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises pro Kubikmeter für das Gebiet der Samtgemeinden Bodenwerder/Polle und Eschershausen/Stadtoldendorf rechtswidrig seien. Insgesamt belief sich die Zahl der Kläger auf rund 550 Bürgerinnen und Bürger der Samtgemeinden.
Nachdem bereits das Landgericht Hildesheim den Klagen stattgegeben hatte, hat das OLG Celle hat das Klarstellungsbegehren der Kläger nun vollständig bestätigt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts besteht zwar auch im Rahmen eines Anschluss- und Benutzungszwanges ein Recht des Wasserverbandes, das Leistungsentgelt gemäß § 315 BGB einseitig fest zu setzten, dieses müsse aber entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach „billigem Ermessen“, also angemessen, erfolgen. Die mit Wirkung zum 1. Januar 2013 vorgenommene Bestimmung der Entgelte sei aber nicht angemessen.
Denn im Rahmen einer Billigkeitsprüfung seien auch dann, wenn die Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form geregelt sei, neben den Grundrechten die grundlegenden Prinzipien öffentlichen Finanzgebarens zu beachten. Dazu zählen dem Urteil zufolge insbesondere das Kostendeckungsprinzip und der Gleichbehandlungsgrundsatz. Ebenso bedeutsam sei das Äquivalenzprinzip, dem zufolge die Gebühren zu den Leistungen eines öffentlichen Versorgers in einem wirtschaftlich-angemessenen Verhältnis stehen müssten.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei die Entgeltbestimmung des Wasserverbandes bereits deshalb unbillig, weil der beklagte Verband keine Trennung zwischen dem Entgelt für die Schmutzwasser- und demjenigen für die Niederschlagswasserbeseitigung vorgenommen habe. Darüber hinaus könnten die Nutzer bei Investitionen und anderen Ausgabeposten einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit aber nur dann geltend machen, wenn die Kosten für den öffentlichen Einrichtungsträger klar erkennbar eine grob unangemessene Höhe erreichen. Nicht jede unternehmerische Entscheidung müsse sich einer Überprüfung auf wirtschaftliche Notwendigkeit und sachliche Rechtfertigung unterziehen, gibt das Oberlandesgericht zu bedenken.
Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz könne es bei sachlichen Gründen, etwa technisch voneinander getrennten Anlagen, auch zu getrennten Beitrags- und Gebührensätzen kommen, ergänzt das OLG seine Ausführungen. Ob es allerdings in diesem Fall dazu kommen werde, sei offen. Der Verband müsse nun neue Gebühren und Entgelte nach Maßgabe des Urteils festsetzen.