Geklagt hatte der Betreiber einer Anlage zur Herstellung von Klärschlammmehl, das als Sekundärbrennstoff an Kraftwerke abgegeben und dort im Wege der Mitverbrennung eingesetzt wird, heißt es seitens des Gerichts zum Sachverhalt. In einem dafür entwickelten Produktionsverfahren werden bereits entwässerte und vorbehandelte Klärschlämme, die aus verschiedenen deutschen Kläranlagen stammen und einen Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 20 Prozent und höchstens 35 Prozent haben, zu Klärschlämmen mit einem Trocknungsrückstandsgehalt von mindestens 60 Prozent und höchstens 75 Prozent umgewandelt. Die umgewandelten Klärschlämme weisen nach Darstellung des Anlagenbetreibers als Sekundärbrennstoffe besondere Produkteigenschaften, insbesondere in Bezug auf den Heizwert und definierte Verbrennungseigenschaften mit niedriger Schadstoffkonzentration und CO2-neutraler Verbrennung, auf.
Die Trocknung des zerkleinerten Ausgangsmaterials erfolgt unter fortlaufendem Einsatz eines vollautomatischen Roboters, des sogenannten „„elektrischen Schweins“, um eine möglichst große Fläche zur Trocknung und Vermeidung von Verkrustungen herzustellen und unter Nutzung von Abwärme aus dem Produktionsprozess eines benachbarten Unternehmens über Wärmetauscher sowie solarer Strahlungsenergie, beschreibt das Gericht das Verfahren. Durch den Trocknungsvorgang erreichen die Klärschlämme die definierten Verbrennungseigenschaften, die ihren Einsatz als Sekundärbrennstoff gestatten. Die wirtschaftliche Tätigkeit des klagenden Anlagenbetreibers basiert dem Finanzgericht zufolge ausschließlich Dienstleistungsvertrag über die Trocknung von Klärschlämmen und den Weitertransport der getrockneten Klärschlämme zu von dem weiteren GmbH bestimmten Verbrennungsanlagen, der auf einem zwischen dem Anlagenbetreiber und einem weiteren Unternehmen besteht.
Im September 2010 beantragte der Anlagenbetreiber bei dem beklagten Finanzamt, ihm eine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nach dem Stromsteuergesetz (StromStG) zu erteilen. Seine wirtschaftliche Tätigkeit beschrieb der Kläger als Auftragstrocknung von fremden Klärschlämmen durch Wärmeeinsatz, die als Brennstoffe einer energetischen Endverwendung zugeführt werden, und ordnete diese als Recycling von Reststoffen der Klassifikation der Wirtschaftszweige zu.
Die Behörde lehnte den Antrag unter anderem mit der Begründung ab, vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen das produzierte Klärschlammmehl nicht als Düngemittel, sondern als Sekundärbrennstoff verwende, sei unabhängig von der möglichen Eignung des Klärschlammmehls als Düngemittel die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin der Abwasserbeseitigung zuzuordnen.
Die Behörde führte aus, Recycling sei nur ein Transformationsprozess, bei dem Stoffe durch spezifische Verfahren und im allgemeinen mit einem wesentlichen Einsatz von Investitionsgütern so in ihrer Beschaffenheit verändert würden, dass sie unmittelbar in einem industriellen Verarbeitungsprozess stofflich zur Herstellung von Waren verwendet werden könnten. Ein Transformationsprozess, der nur dazu diene, Abfälle wie Klärschlamm für eine sachgerechte Beseitigung oder für eine energetische Nutzung aufzubereiten, gelte nicht als Recycling. Daher stelle die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin eine „Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen“, so dass es sich bei dem Unternehmen nicht um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des Stromsteuerrechts handele.
Das Finanzgericht hat bestätigt, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf die steuerbegünstigte Entnahme von Strom hat. Das klagende Unternehmen verarbeite zwar Klärschlämme, bei denen es sich um Reststoffe, die für eine weitere direkte Verarbeitung in einem industriellen Verarbeitungsprozess ungeeignet sind, handle. Das Unternehmen stelle aber keine Sekundärrohstoffe her, die als Output für den direkten Einsatz in einem industriellen Verarbeitungsprozess zum Einsatz kommen. Nach der Systematik der Klassifikation der Wirtschaftszweige könnten Sekundärrohstoffe in diesem Sinne nur solche sein, die in einem industriellen Prozess zur Herstellung neuer Produkte verwendet werden, so das Gericht.
Energieträger, die benötigt werden, um die für einen Verarbeitungsprozess erforderliche Energie zu gewinnen, würden nicht in einem Verarbeitungsprozess verwendet, heißt es in dem Urteil weiter. Als Beispiel für die Verarbeitung von Sekundär-Rohstoffen zu neuen Produkten führt das Gericht die Wiedergewinnung von Gummi von gebrauchten Reifen oder das Wiedergewinnen von Chemikalien aus Chemieabfällen an. Sowohl das Gummi als auch die Chemikalien könnten in industriellen Verarbeitungsprozessen direkt zur Herstellung weiterer Produkte verwendet werden.
Bei dem Klärschlammmehl sei eine derart direkte Verwendung in einem industriellen Herstellungsprozess aber weder vorgesehen noch möglich. Es handle sich vielmehr um einen Sekundärbrennstoff, der nicht zum Zwecke der Wiederverwendung in einem industriellen Herstellungsprozess hergestellt wird, sondern dessen bestimmungsgemäße Verwendung in Kraftwerken sich vielmehr in einer“ thermischen und eliminierenden Nutzung, durch die Wärme erzeugt wird“, erschöpfe. Nicht die Brennstoffe selbst würden in einem industriellen Verfahren zu neuen Produkten verarbeitet, sondern es werde die durch ihre Beseitigung entstandene Energie nutzbar gemacht. Daran ändere auch nichts, dass das Unternehmen bei der Herstellung des Klärschlammmehls verwendungsspezifische Anforderungen ihres Vertragspartners hinsichtlich Heizwert und Verbrennungseigenschaften, insbesondere die Erreichung eines bestimmten Trocknungsrückstandsgehaltes, berücksichtige.
Die Tätigkeit der Klägerin ist dem Finanzgericht Hamburg zufolge der Abwasserbeseitigung zuzuordnen. Die von dem Unternehmen vorgenommene Behandlung der Klärschlämme diene im Ergebnis deren Entsorgung. Dass der Kläger keine Kläranlage im gegenständlichen Sinne betreibt, stehe dieser Zuordnung nicht entgegen, da die Klärschlammbehandlung ausdrücklich als die eigenständige Tätigkeit „einschließlich Klärschlammbehandlung“ in der entsprechenden Unterklasse „Kläranlagen“ in der Klassifikation der Wirtschaftszweige einbezogen sei. Dass die Klärschlammbehandlung nur dann erfasst sein soll, wenn diese von einem Unternehmen durchgeführt wird, das neben der Klärschlammbehandlung auch die vorgeschaltete Behandlung von Abwasser nach mechanischen, biologischen und weitergehenden Verfahren durchführt, ergebe sich dagegen aus der Erläuterung nicht.