Damit ist aus Sicht des VKU bereits die übergeordnete Zielsetzung der Studie, mit deren Empfehlungen eine umfassende Ertüchtigung von allen Kläranlagen der Größenklasse 5 angestrebt wird, kritisch zu hinterfragen. Vielmehr bedürfe die Entscheidung für die Einführung einer vierten Reinigungsstufe unabhängig von der Anlagengröße der Einschätzung der jeweiligen Verhältnisse vor Ort.
Dem Vorsorgeprinzip folgend sollte nach Auffassung des Verbandes Schwer abbaubare, sogenannte persistente Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt oder in ihrer Einsatzmöglichkeit und -menge eingeschränkt werden. Bei der Konzeptionierung von Vermeidungsstrategien seien auch die Eintragspfade über die Luft und von diffusen Quellen wie der Landwirtschaft zu berücksichtigen. Abwägend müssen daher Maßnahmen zur Verminderung und/oder Vermeidung von Mikroverunreinigungen aus anderen Quellen bewertet und als wirkliche Alternative auch mit anderen Maßnahmenträgern und Verursachern betrachtet und diskutiert werden.
Maßnahmen sollten zunächst im Bereich der Produktverantwortung der Hersteller, insbesondere bei neuen auf den Markt gelangten Stoffen, liegen. Demnach sollten auf Verpackung oder Beipackzettel Informationen zu den Auswirkungen der Wirkstoffe auf Umwelt und Gewässer und zu den daraus folgenden Konsequenzen für die Anwendung des Produktes aufgeführt werden. Zudem sollten verstärkt Rücknahmeverpflichtungen der Hersteller beziehungsweise derjenigen, die das Produkt in den Verkehr bringen, vorgesehen werden. Der Verbraucher sollte als möglicher Mitwirkender bei der Vermeidung von Abfällen angesprochen und aktiv eingebunden werden.
Falls eine Vermeidung an der Quelle nicht möglich ist, gilt es nach den Vorstellungen des VKU, den Verbraucher zu sensibilisieren und ihm die Möglichkeit zu geben, Produkte in Bezug auf ihre Gewässerbelastung zu bewerten beziehungsweise auszuwählen. Dazu sollte für alle Produkte, die Inhaltsstoffe enthalten, die als prioritäre Stoffe gewässerrelevant sind, eine Produktkennzeichnungspflicht eingeführt werden, empfiehlt der Verband.
Der VKU lehnt die flächendeckende Einführung einer vierten Reinigungsstufe für die Abwasserbehandlung in Folge der Verschärfung bestehender Standards ab. Der Einsatz von weitergehenden Reinigungsmaßnahmen würde die Behandlungs- und Entsorgungskosten erheblich erhöhen, insbesondere durch die erheblichen Aufwendungen für einen erhöhten Energiebedarf und den Betrieb der zusätzlichen Anlagen, heißt es in der Stellungnahme. Lediglich für bestimmte Konstellationen können nach Auffassung des Verbandes weitergehende Maßnahmen in Frage kommen, etwa, wenn Kläranlagenabläufe und Badegewässer sehr nahe beieinander liegen, wenn Kläranlagenabläufe die Qualität von Wassergewinnungsanlagen direkt beeinträchtigen können oder wenn Kläranlagenabläufe in sensiblen Trinkwassereinzugsgebieten versickern.
Die Kosten, die durch erhöhte Anforderungen an die Abwasserbeseitigung verursacht werden, könnten aber nach Auffassung des VKU nicht alleine den Beitrags- und Gebührenzahler zur Last gelegt werden. Vielmehr sollten im Einzelfall aufgrund lokaler Gegebenheiten notwendige Maßnahmen zur weitergehenden Abwasserbehandlung durch finanzielle Anreize gefördert werden. Hierzu kann neben entsprechenden Förderprogrammen von Bund und Ländern grundsätzlich auch die Verrechenbarkeit der Maßnahmenkosten mit der aus der Abwasserabgabe resultierenden Zahllast in Erwägung gezogen werden.