In dem Verfahren wehrten sich Grundstückseigentümer gegen Ordnungsverfügungen der Stadt, mit denen ihnen auferlegt wurde, eine an den öffentlichen Abwasserkanal führende Anschlussleitung zu sanieren beziehungsweise diese Sanierung zu dulden, erläutert das Verwaltungsgericht den Sachverhalt.
Das Grundstück, das die Eigentümer 2013 erworben hatten, ist mit einer 28,5 m langen Anschlussleitung an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen. Der Grundstückseigentümer wandte sich gegen die von der Behörde vertretene Ansicht, er sei nach der städtischen Satzung für die Pflege und Instandhaltung der Abwasserrohre verantwortlich. Die Stadt könne nicht gegen den Willen der Anlieger sanierungsbedürftige Objekte per Satzung auf diese übertragen, um Kosten abzuwälzen, argumentierten die Eigentümer. Zudem verstoße es gegen den Gleichheitssatz, dass die Anlieger auf der gegenüberliegenden Seite Straße nur für eine deutlich kürzere Anschlussleitung verantwortlich seien und dementsprechend wesentlich geringere Sanierungskosten zu tragen hätten. Die Eigentümer weigerten sich, die Sanierung der Anschlussleitung durchzuführen, und forderten die Stadt dazu auf, die Schäden an der Anschlussleitung zu beheben.
Die Eigentümer brachten vor, die Rohre seien durch die Straßenerneuerung zerstört worden. Da die Stadt die Hausanschlüsse zudem seinerzeit nicht fachgerecht verlegt hätte, weil Rohre aus verschiedenen Materialien verwendet worden seien, und eine Erneuerung der Rohre im Rahmen von Bauarbeiten an der Straße versäumt habe, sei sie nun für die Schäden und die Sanierung verantwortlich.
Die Stadt erließ im Juli 2015 gegen die Eigentümer jeweils eine Ordnungsverfügung, die sofort vollzogen werden sollte. Der eine der Eigentümer sollte die an den gesamten Anschlussleitungen festgestellten Schäden fachgerecht sanieren und erneut auf Dichtheit prüfen lassen. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte die Stadt die Ersatzvornahme mit voraussichtlichen Kosten von bis zu 20.000 Euro an. Dem anderen Eigentümer gab sie auf, die gegen angeordnete Maßnahme zu dulden und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro an. Die Verfügungen begründete die Stadt im Wesentlichen damit, dass aufgrund der festgestellten Schäden sowie der damit in Zusammenhang stehenden hohen Wahrscheinlichkeit von Schmutzwasseraustritt und Gefährdung des Grundwassers dringender Handlungsbedarf bestehe. Eine nicht ordnungsgemäße Abwasseranlage verstoße gegen wasserrechtliche Vorschriften. Die Grundstücks- und Hausanschlussleitungen gehörten nicht zur öffentlichen Abwasseranlage, sondern dem Grundstückseigentümer, weshalb dieser zur Herstellung und Instandhaltung der Leitung verpflichtet sei. Die Eigentümer stellten daraufhin einen Antrag auf Eilrechtsschutz und erhoben zeitgleich Klage.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Eigentümer als unbegründet abgelehnt. In formeller Hinsicht begegne die Anordnung, die Maßnahmen sofort zu vollziehen, keinen rechtlichen Bedenken, heißt es in dem Beschluss. Die Befürchtung, dass die öffentliche Sicherheit und das Grundwasser gefährdet sein könnten, biete dafür eine zulässige Begründung.
Darüber hinaus überwiege hier bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse, die angefochtenen Verwaltungsakte sofort zu vollziehen, und dem Individualinteresse der Eigentümer an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung das öffentliche Vollzugsinteresse. Denn die Ordnungsverfügungen der Stadt erwiesen sich bei summarischer Betrachtung insgesamt als rechtmäßig. Die Abwasserbeseitigungssatzung ist dem Gericht zufolge nicht zu beanstanden, da sie mit übergeordneten rechtlichen Grundsätzen im Einklang stehe. Denn die Befugnis, öffentliche Einrichtungen wie die zur Abwasserbeseitigung erforderlichen Anlagen zu betreiben, umfasse auch die Ermächtigung, das Benutzungsverhältnis generell durch eine Satzung und im Einzelfall durch einen Verwaltungsakt zu regeln.
Nach dem Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen (LWG) haben die Gemeinden die Aufgabe, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen, ohne dass das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt wird, führt das Gericht aus. Die Befugnis nach der Gemeindeordnung (GO) NRW, eine öffentliche Abwassereinrichtung zu betreiben einerseits, sowie die Abwasserbeseitigungspflicht nach dem LWG andererseits ermächtigten die Gemeinde als „Einrichtungsherrin“, die Rechte und Pflichten der Einrichtungsnutzer durch Satzung und im Rahmen der Gesetze zu regeln. Die Grenzen dieser Befugnis ergeben sich dem VG Aachen zufolge aus dem Zweck der Ermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie aus dem Gleichbehandlungsgebot und dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die in dem vorliegenden Fall getroffenen Regelungen halten sich dem Beschluss zufolge in diesem Rahmen. Die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden könne nur erfolgen, wenn den Gemeinden das Abwasser auch überlassen werde. Deshalb habe der Landesgesetzgeber im LWG der Beseitigungspflicht der Gemeinden die Pflicht der Nutzungsberechtigten eines Grundstücks, das auf dem Grundstück anfallende Abwasser der Gemeinde zu überlassen, gegenübergestellt. Diese auf die Überlassung des Wassers gerichtete Pflicht sichere das hochrangige Schutzgut „Reinhaltung der Gewässer“, indem die Gewässer durch die zentralisierte öffentliche Abwasserbeseitigung in besonders zuverlässiger Weise vor Verunreinigung bei der Abwasserbeseitigung bewahrt würden. Die Regelungen in der Satzung über die Herstellungs-, Sanierungs- und Unterhaltungspflichten des Anschlussnehmers im Hinblick auf den Anschlusskanal, der nicht zur öffentlichen Abwasseranlage gehört, beinhalteten dem Beschluss zufolge grundsätzlich gerechtfertigte Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit sowie zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne des Grundgesetzes.