Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in Streit um Abwassergebühren notwendig


Die klagenden Grundstückseigentümer haben in dem behandelten Fall einen Anspruch darauf, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt wird, heißt es in dem Urteil. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten dem Verwaltungsgericht zufolge, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, ein Vorverfahren selbst zu führen.

Mit vier getrennten Gebührenbescheiden der Gemeinde vom Oktober 2007 waren die Kläger als Gesamtschuldner zu einem geänderten Abschlag auf die Abwassergebühren in Höhe von 90,00 Euro herangezogen worden, so das Gericht zum Sachverhalt. Gegen diese Bescheide erhoben die Kläger - vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten - Widerspruch, den die Gemeinde dem Landratsamt zur Entscheidung vorlegte.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens beantragten die Kläger, im Hinblick auf die Kosten des Widerspruchsverfahrens die Zuziehung ihres Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für erforderlich zu erklären. Dem widersprach das Landratsamt mit einem Bescheid. Die Gemeinde trage die Kosten des Widerspruchsverfahrens; die Zuziehung eines Bevollmächtigten sei aber nicht notwendig gewesen. Unter anderem führte das Landratsamt an, der Prozessbevollmächtigte der Kläger sei kein Rechtsanwalt, sondern ein Verwandter der Kläger, so dass er kein Bevollmächtigter sei. Seine Heranziehung könne somit nicht für notwendig erklärt werden.

Dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg zufolge haben die Kläger aber einen Anspruch darauf, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren gegen die Vorauszahlungsbescheide der Gemeinde aus dem Oktober 2007 für notwendig erklärt wird. Die Voraussetzungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG), unter denen die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären ist, liegen dem Urteil zufolge vor. Die Entscheidung darüber sei - auch soweit sie die Notwendigkeit der Zuziehung betrifft - eine Rechts- und keine Ermessensentscheidung, stellt das Gericht fest.

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten ist dem Gericht zufolge hier auch notwendig. Ob die Zuziehung namentlich eines Rechtsanwalts im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßstab ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Dabei sei es maßgebend, was ihm vom Standpunkt einer verständigen Partei, nicht von dem einer rechtskundigen Person aus zugemutet werden kann, wobei Erkenntnis- und Urteilsfähigkeit des einzelnen Bürgers nicht überschätzt werden dürften. Diese Voraussetzung sei bei Streitigkeiten über gemeindliche Abgaben regelmäßig erfüllt, weil in ihnen typischerweise schwierige Sach- und Rechtsfragen auftreten, die nur eine mit dieser Materie vertraute rechtskundige Person übersehen und zuverlässig beantworten kann, heißt es in dem Urteil. Das gelte auch für Abwassergebühren nach Kommunalabgabenrecht. Zwar geht es hier lediglich um eine Vorauszahlung, die sich regelmäßig erledigt, wenn der endgültige Gebührenbescheid ergeht. Trotz der dadurch geringeren Bedeutung für die Kläger bleibe es dabei, dass es sich um eine Streitigkeit handelt, bei der komplexe Rechtsprobleme angesprochen sind.

Der Prozessbevollmächtigte sei als Angehöriger von allen Klägern ein sonstiger Bevollmächtigter im Sinne des LVwVfG, heißt es in dem Urteil. Diese Frage sei nicht erst auf der Ebene der Kostenfestsetzung zu beantworten, bei der dann lediglich die Notwendigkeit und die Höhe der einzelnen Auslagen zu prüfen sein werden. Grundsätzlich sei es nach diesen Bestimmungen nur erforderlich, dass es sich bei der Person des Bevollmächtigten um eine natürliche handlungsfähige Person handelt. Im Übrigen würden an die Person des Bevollmächtigten keine besonderen Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere werde eine irgendwie geartete besondere Eignung oder ein Status etwa als Rechtsanwalt im Hinblick auf den Gegenstand des Verfahrens nicht verlangt.

Unter diesen Umständen haben die Kläger nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Freiburg einen Anspruch darauf, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt wird.