OVG Koblenz weist Beschwerde gegen Klärschlammverbrennung in Mainz zurück


Das Verwaltungsgericht habe zu Recht dem Eilrechtsschutzbegehren nicht schon durch die Aufhebung der Vollziehungsanordnung vom 14. August 2015 stattgegeben, so das OVG. Die Behörde habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 11. Juli 2014 nicht bloß formelhaft und auch nicht bloß mit dem Interesse am Erlass dieses Verwaltungsakts begründet. Vielmehr habe sie ausführlich dargelegt, dass die zügige Realisierung des genehmigten Vorhabens zur Gewährleistung einer sicheren Klärschlammentsorgung und zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere zur Vermeidung überflüssiger Doppelaufwendungen, im öffentlichen Interesse geboten sei.

Sie habe hierzu ausgeführt, dass die bisherigen Entsorgungswege nur noch bis Ende 2017 vertraglich abgesichert seien. Zudem hänge eine kostengünstige Entsorgung getrockneter Klärschlämme von der Funktionstüchtigkeit der Klärschlammtrocknungsanlage im Klärwerk Mainz ab. Diese Anlage sei indes veraltet und es bestehe das Risiko eines gänzlichen Ausfalls. Aufwendungen für eine dringend notwendige Ertüchtigung dieser Anlage erwiesen sich wegen der beabsichtigten Neuerrichtung einer Monoklärschlammverbrennungsanlage jedoch als unwirtschaftlich. Mit diesen Darlegungen habe die Behörde in hinreichender und auf den Einzelfall bezogener Art und Weise die Gründe dargelegt, die aus ihrer Sicht ein sofortiges Gebrauchmachen von der Genehmigung rechtfertigen.

Zu den weiteren Entscheidungsgründen heißt es in dem Beschluss, dass der Senat auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts teile, dass bei der gebotenen Interessenabwägung das Interesse an der sofortigen Durchführung der Baumaßnahme das Suspensivinteresse der Antragsteller überwiegt. Dabei habe das Verwaltungsgericht für diese Interessenabwägung zutreffend auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs der Antragsteller in der Hauptsache abgestellt.

Danach bestünden nach der allein möglichen summarischen Prüfung keine Anhaltspunkte für einen Erfolg der Anfechtungsklage der Antragsteller. Die Antragsteller hätten nicht substantiiert dargetan, dass bei der Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der Verbrennungsanlage Vorschriften verletzt worden seien, die gerade auch dem Schutz ihrer Interessen dienten. Die im Eilrechtsschutzverfahren wiederholten Einwendungen aus dem Widerspruchsverfahren rechtfertigten nicht die Annahme einer Verletzung drittschützender Vorschriften.

Darüber hinaus teilt der Senat auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Gegenäußerungen des Antragsgegners zu den Einwendungen der Antragsteller nachvollziehbar erscheinen. Sollten sich im Verfahren der Hauptsache trotz der im Genehmigungsbescheid festgestellten Irrelevanz der Immissionszusatzbelastung an den jeweils höchst beaufschlagten Beurteilungspunkten dennoch Defizite zu Lasten der Antragsteller hinsichtlich des gebotenen Immissionsschutzes ergeben, sei zudem mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass diese Fehler durch Ergänzungen der Nebenbestimmungen und eine entsprechende Anpassung der Anlage behebbar sein dürften. Die Errichtung der Anlage könne mithin nicht gänzlich in Frage gestellt werden. Auch aus diesem Grunde ginge eine Suspendierung der Genehmigung mit der Folge eines Bauverbots zu weit, so das OVG.

Soweit die Antragsteller geltend machen, ihr Suspensivinteresse überwiege ungeachtet der – im Beschwerdeverfahren nicht dargelegten – Erfolgsaussichten ihrer Klage in der Hauptsache schon deshalb, weil es an einem Vollzugsinteresse fehle, rechtfertigt auch dies nicht die Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das OVG begründet sich damit, dass das Verwaltungsgericht zunächst zutreffend ausgeführt habe, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid nicht um die Konstellation eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses handelt, bei dem die Behörde in den grundrechtlich geschützten Freiheitsbereich des Bürgers eingreift.

Vielmehr handele es sich bei der angefochtenen Genehmigung um einen begünstigenden Verwaltungsakt einer staatlichen Aufsichtsbehörde zugunsten eines privatrechtlich organisierten Beigeladenen mit belastender Drittwirkung für die Antragsteller. An dieser Ausgangskonstellation ändere sich nichts dadurch, dass die in Privatrechtsform organisierte Beigeladene von Kommunen getragen wird. Wenn die Beigeladene sich deshalb  möglicherweise auch nicht auf das Grundrecht der Eigentumsfreiheit berufen kann, ist sie durch die erteilte Genehmigung doch in eigenen rechtlich geschützten Interessen berührt. Es liegt also gerade kein unmittelbarer Eingriff des Staates in den Rechtskreis der Antragsteller vor. Vielmehr handele es sich um eine bloß mittelbare Betroffenheit, die sie auch nur insofern abzuwehren befugt seien, als ihre rechtlich geschützten Interessen (drittschützende Vorschriften) verletzt werden.

Gerade in einer solchen Konstellation ist es laut dem OVG interessengerecht, die Entscheidung über den Sofortvollzug der Genehmigung in erster Linie an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache auszurichten. Im Übrigen hält der Senat das von der Beigeladenen geltend gemachte Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anlagengenehmigung für nachvollziehbar. Insbesondere habe sie dargelegt, dass sie mit ihrer Absicht zur Errichtung einer Monoklärschlammverbrennungsanlage ein legitimes Interesse verfolgt. Die Schutzwürdigkeit dieses Interesses werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass auch andere Entsorgungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Für welchen Entsorgungspfad sich die Beigeladene im Rahmen des rechtlich Möglichen entscheidet, sei ihre Angelegenheit. Rechtlich geschützte Interessen der Antragsteller würden hierdurch nicht berührt, so die Richter am OVG.