VGH: Verpflichtung zur Vorlage von Planunterlagen unterliegt Grenzen


In dem Rechtsstreit ging es dem VGH zufolge um die Frage, ob ein Grundstückseigentümer verpflichtet werden durfte, vollständige Planunterlagen seiner Grundstücksentwässerungsanlage vorzulegen. Das 1956 errichtete Wohnhaus wurde ursprünglich über eine Klärgrube mit Überlauf in einen Gemeindekanal entwässert; dazu wurden im Jahr 1971 anlässlich eines Genehmigungsverfahrens für einen Anbau Entwässerungspläne vorgelegt. Seit der Herstellung einer zentralen Entwässerungsanlage in den 1980er Jahren erfolgt die Abwasserableitung über das Grundstück des Nachbarn in den Mischwasserkanal des beklagten Abwasserentsorgers.

Nachdem es im Juli 2011 aufgrund von Niederschlägen zu Überschwemmungen auf den Grundstücken des Klägers und des Nachbarn gekommen war, teilte die für das Abpumpen von ölverseuchtem Wasser zuständige Firma mit, auf einem der beiden Grundstücke sei innerhalb des Gebäudes eine vollautomatische Wasserpumpe installiert, die der Abwasserleitung kontinuierlich Grundwasser zuführe; unter Umständen sei bei Ausfall dieses Pumpsystems Wasser in das Gebäude gelangt. Der Abwasserentsorger forderte daraufhin den Eigentümer und seine Ehefrau auf, näher bezeichnete Planunterlagen zu ihrer Grundstücksentwässerungsanlage vorzulegen. Diese übersandten eine Plankopie, in der sie die geänderte Abwasserableitung, die durch den Wegfall der Nutzung der Klärgrube in den 1980er Jahren entstanden war, eingezeichnet hatten. Sie erklärten dazu, eine Drainagewasser- oder Grundwassereinleitung auf ihrem 2003 erworbenen Grundstück sei ihnen nicht bekannt; mit einer Überprüfung durch den Abwasserentsorger vor Ort seien sie einverstanden.

Der Abwasserentsorger forderte den Eigentümer mit einem Bescheid vom September 2013 auf, bis Ende Oktober 2013 für die Entwässerungsanlage Pläne vorzulegen, darunter einen Lageplan des zu entwässernden Grundstücks, einen Grundriss und Flächenpläne, aus denen der Verlauf der Leitungen ersichtlich ist, sowie Längsschnitte aller Leitungen. Er verwies dabei auf die Entwässerungssatzung des Abwasserentsorgers (EWS) sowie auf das satzungsrechtliche Verbot des Einleitens von Quell- und Grundwasser einschließlich Drainagewasser in die öffentliche Entwässerungsanlage.

Auf die Klage des Eigentümers hin hob das Verwaltungsgericht Bayreuth den Bescheid mit Urteil vom 29. April 2015 auf. Auf die von dem Abwasserentsorger herangezogene Satzungsnorm der EWS, nach der ihm die Unterlagen vor Herstellung oder Änderung einer Grundstücksentwässerungsanlage einzureichen seien, könne der Bescheid nicht gestützt werden. Denn es sei nicht ersichtlich, dass der Eigentümer beabsichtige, künftig auf seinem Grundstück eine Entwässerungsanlage herzustellen oder zu ändern, argumentierte das Verwaltungsgericht. Der Eigentümer habe auch nicht selbst vorgetragen, dass er ohne vorherige Zulassung bereits eine Drainage errichtet habe, sondern bestreite eine solche Veränderung der bisherigen Grundstücksentwässerungsanlage.

Die nachträgliche Einreichung von Unterlagen nach der EWS diene jedoch nur dazu, einen formell illegalen Zustand durch ein nachgeholtes Zulassungsverfahren zu beseitigen, wenn feststehe, dass Änderungen an der Grundstücksentwässerungsanlage vorgenommen worden seien. Die Vorschrift ermächtige den Abwasserentsorger dagegen nicht, Unterlagen zu verlangen, um prüfen zu können, ob entgegen den Angaben des Grundstückseigentümers Änderungen ohne die vorgeschriebene vorherige Zustimmung vorgenommen worden seien.

An der Richtigkeit dieses Urteils bestehen nach Auffassung des VGH in München keine ernstlichen Zweifel. Durch den Beschluss des VGH ist das Urteil rechtskräftig geworden. Der Abwasserentsorger habe keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen können, so der VGH. Zwar könnten grundsätzlich mit einer Anordnung nach der EWS  auch für schon länger bestehende Grundstücksentwässerungsanlagen die bisher fehlenden Planunterlagen nachgefordert werden. Voraussetzung dafür, dass eine rechtswidrig unterbliebenen Planvorlage nachgeholt wird, ist aber dem Beschluss zufolge, dass zum Zeitpunkt der Herstellung bzw. Änderung der Anlage schon eine Pflicht bestand, die in der EWS genannten Unterlagen zu erstellen und bei dem Abwasserentsorger einzureichen. Durfte eine Entwässerungsanlage seinerzeit ohne solche Pläne und damit ohne Zustimmung nach der EWS errichtet werden, so liegt dem VGH zufolge keine formelle Illegalität vor, die eine nachträgliche Anordnung zur Vorlage von Bestandsplänen gegenüber dem heutigen Grundstückseigentümer rechtfertigen könnte.

In solchen Altfällen könne der Einrichtungsträger seine Überwachungsaufgabe nur mit den in der Satzung vorgesehenen Kontrollinstrumenten erfüllen. Dementsprechend konnte der Entsorger im vorliegenden Fall auf der Grundlage der EWS von dem Eigentümer zumindest keine Planunterlagen, die die gesamte Anlage einschließlich des hausinternen Leitungsverlaufs umfassen, verlangen. Denn das von ihm im Jahr 2003 erworbene Wohnhaus wurde 1956 und damit zu einem Zeitpunkt errichtet, als mangels Entwässerungssatzung noch keine Verpflichtung zur Vorlage von Plänen gegenüber dem öffentlichen Träger der Abwasserentsorgung bestand, stellt der VGH fest. Die erst 1975 in Kraft getretene Ursprungsfassung der Satzung habe auch keine rückwirkende Geltung der schon damals in der EWS enthaltenen Verpflichtung zur Planvorlage vorgesehen.

In den 1980er Jahren und damit nach Inkrafttreten der Entwässerungssatzung sei allerdings statt der Klärgrube eine neue Abwasserleitung vom Wohnhaus zum nahegelegenen Mischwasserkanal verlegt worden; zudem wurde das Fallrohr einer Dachrinne an eine bestehende Abwasserleitung angeschlossen. Für diese beiden Einzelmaßnahmen hätten, da es sich um Änderungen an der Grundstücksentwässerungsanlage handelte, schon damals vor Baubeginn Planunterlagen vorgelegt werden müssen. Da dies ersichtlich nicht geschehen sei, wäre eine entsprechende Anordnung grundsätzlich auch heute noch gegenüber dem nunmehrigen Eigentümer möglich. Eine solche Nachforderung dürfte dem VGH zufolge aber nur die geänderten und damit neu zu prüfenden Teile der Gesamtanlage betreffen; der sonstige Bestand müsste in den Planzeichnungen nicht im Einzelnen dargestellt werden.

Dem Abwasserentsorger sei es aber beim Erlass des angegriffenen Bescheids nicht auf die formelle Legalisierung der beiden vom Kläger mitgeteilten Änderungsmaßnahmen angekommen. Vielmehr habe er allein darauf abgezielt, durch die erstmalige Erstellung von Planunterlagen für die gesamte Grundstücksentwässerungsanlage Anknüpfungs- und Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen im Hinblick auf eine vermutete unerlaubte Einleitung von Drainagewasser zu gewinnen. Dementsprechend habe sich die Aufforderung zur Planvorlage nicht bloß auf die Abwasserleitung vom Wohnhaus zum öffentlichen Kanal und den Anschluss des Fallrohrs, sondern auf die bestehende Entwässerungsanlage in ihrer Gesamtheit bezogen. Mit dieser Zielrichtung ist die Anordnung dem VGH zufolge nicht mehr von den Vorschriften der Entwässerungssatzung gedeckt, da sie im überwiegenden Umfang auch Anlagenteile umfasse, für die niemals eine Pflicht nach der EWS, Unterlagen nachträglich einzureichen, bestanden habe.