Das Land Baden-Württemberg wandte sich gegen den Bescheid über die Festsetzung der gebührenpflichtigen Grundstücksfläche zur Erhebung der Niederschlagswassergebühr. Die Stadt Esslingen erhebt seit 2010 gesonderte Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren, so das Verwaltungsgericht zum Sachverhalt. Bemessungsgrundlage für die Niederschlagswassergebühr sind nach der Entwässerungssatzung der Stadt die bebauten und befestigten Flächen des an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstücks, von denen Niederschlagswasser unmittelbar oder mittelbar den öffentlichen Abwasseranlagen zugeführt wird.
Das Land ist Eigentümer und Träger der Straßenbaulast für die Landesstraße 1192. Im April 1995 hatten die Beteiligten aus Anlass des Neubaus eines Regenrückhaltebeckens im Bereich der L 1192 eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung geschlossen, die eine Regelung zur Ableitung des Straßenoberflächenwassers enthielt. Der zufolge erhielt die Stadt für die Einleitung des durch den Neubau der OU Nellingen zusätzlich anfallenden und in die Kanalisation von Esslingen einzuleitenden Straßenoberflächenwassers eine einmalige Entschädigung in Höhe von 60.000 DM. Damit sollte auch die seitherige und künftige Entsorgung des Oberflächenwassers an anderen bestehenden Außenstrecken von Landesstraßen abgegolten werden, die bereits über das Kanalnetz der Stadt Esslingen entwässert werden. Sofern weitere Außenstrecken an das Kanalnetz angeschlossen werden sollten, seien nach der Vereinbarung ergänzende Regelungen erforderlich.
Die Stadt kündigte im April 2013 diese Vereinbarung. Mit Bescheid aus dem August 2013 setzte sie die anrechenbare versiegelte Fläche für die im Einzelnen bezeichneten Flurstücke, auf denen die L 1192 verläuft, auf 27.021 Quadratmeter fest.
Gegen diesen Bescheid legte das Land Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Erhebung von Niederschlagswassergebühren für Straßenfläche, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist, gegen das Kommunalabgabengesetz (KAG) verstoße. Aus § 17 Abs. 3 KAG folge zwingend, dass der Straßenbaulastträger für diese Flächen nicht zur Zahlung von Benutzungsgebühren nach der kommunalen Abwassersatzung herangezogen werden könne. Darüber hinaus sei durch die einmalige Entschädigungszahlung des Klägers an die Beklagte in Höhe von 60.000 DM nach dem ausdrücklichen Willen der vertragsschließenden Parteien die Entsorgung des Straßenoberflächenwassers abgegolten. Ein Anpassungs- oder Kündigungsrecht wegen der zwischenzeitlichen Einführung der gesplitteten Abwassergebühr bestehe nicht, denn diese Änderung der Rechtsprechung betreffe nur den Bereich der Abwassergebühren, die nun nach Schmutzwasser und Niederschlagswasser getrennt zu erheben seien, und nicht den Straßenoberflächenentwässerungsaufwand, der von vornherein gemäß § 17 Abs. 3 KAG nicht bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen sei. Nachdem die Stadt den Widerspruchsbescheid zurückgewiesen hatte, erhob das Land Klage.Dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zufolge ist die Stadt nicht dazu berechtigt, das Land zu Niederschlagswassergebühren heranzuziehen, denn die Gebührenerhebung werde durch das KAG gesperrt. Träger der Straßenbaulast, die mit dem kommunalen Betreiber der Abwasseranlage nicht identisch sind, können sich nach dem Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG) zur Entwässerung von Verkehrsflächen der kommunalen Abwasseranlagen bedienen, stellt das Gericht fest. Soweit es um Verkehrsflächen im Zuge von Ortsdurchfahrten geht, schließe das Gesetz die Erhebung von Abwassergebühren durch den kommunalen Träger der Abwasseranlage ausdrücklich aus. Für die Entwässerung von Verkehrsflächen außerhalb von Ortsdurchfahrten enthalte das StrG dagegen gegen keine entsprechende Regelung. Das Straßenrecht stehe daher einer Beteiligung des Straßenbaulastträgers an den Straßenentwässerungskosten nicht entgegen.
Das bedeutet dem Urteil zufolge aber nicht, dass eine solche Kostenbeteiligung für die Ableitung des Oberflächenwassers von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in die öffentliche Einrichtung Abwasserbeseitigung in der Trägerschaft einer Kommune, wie sie hier praktiziert wird, im Wege der Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren erfolgen dürfe. Ob es sich um gebührenfähige Kosten handle, bestimme sich nach den Vorschriften des jeweiligen Kommunalabgabenrechts, hier also des baden-württembergischen KAG.
In dem Gesetz sei in § 17 Abs. 3 klargestellt, dass der auf die Entwässerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entfallende Teilaufwand bei der Ermittlung der gebührenfähigen Kosten außer Betracht bleibt. Die entsprechenden Kostenanteile seien also von vornherein nicht ansatzfähig. Daraus ergibt sich dem Verwaltungsgericht zufolge zwangsläufig, dass auch auf der Benutzerseite keine niederschlagswassergebührenpflichtigen Straßenbaulastträger stehen könnten. Der Erlass eines satzungsmäßigen Niederschlagswassergebührenbescheides oder eines Leistungsbescheides, mit dem etwa bestehende gesetzliche Zahlungsansprüche „festgesetzt“ werden, ist damit dem Urteil zufolge nicht zulässig.
Ob die zwischen den Parteien geschlossene vertragliche Vereinbarung aus dem Jahr 1995 der Festsetzung der gebührenpflichtigen Fläche auf der Grundlage der Entwässerungssatzung der Stadt als Grundlage für den Erlass eines satzungsmäßigen Niederschlagswassergebührenbescheides entgegenstehe, oder ob diese Vereinbarung seitens der Stadt wirksam gekündigt worden sei, bedürfe damit keiner Entscheidung. „Um Missverständnisse zu vermeiden“, weist das Gericht in dem Urteil darauf hin, dass es der Stadt unbenommen bleibt, vertragliche Kostenvereinbarungen mit dem jeweiligen Straßenbaulastträger zu treffen, wie dies hier auch im Jahr 1995 geschehen sei, oder - wenn keine vertragliche Kostenvereinbarung getroffen wurde - bestehender gesetzlicher Zahlungsansprüche für eine Deckung derjenigen Kosten geltend zu machen, die auf die zusätzlich übernommene Straßenoberflächenentwässerung entfallen.
Ebenso wie im Fall des Landes hat das Verwaltungsgericht Stuttgart im Hinblick auf eine Klage des Landkreises Esslingen gegen Niederschlagswassergebühren, die die Stadt für Kreisstraßen erheben wollte, entschieden (Az.: 1 K 2846/14, 1 K 2847/14, 1 K 2848/14). Gegen die Urteile steht den Beteiligten dem Verwaltungsgericht zufolge die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen wird.