Urteil: Kalkulatorischer Zinssatz von 6,5 Prozent in Gebührenkalkulation ist rechtens


Im Januar 2015 setzte die zuständige Behörde mit einem Bescheid gegenüber den klagenden Eigentümern für das Jahr 2015 Grundbesitzabgaben in Höhe von 1.118,95 Euro fest. Dieser Betrag setzt sich unter anderem zusammen aus Schmutzwassergebühren in Höhe von 358,82 Euro und Niederschlagswassergebühren in Höhe von 521,73 Euro.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Grundstückseigentümer Klage. Ihrer Auffassung nach sind die Gebührensätze für die Schmutz- und Niederschlagswassergebühren sowie die Abfallentsorgungsgebühren rechtswidrig, da die Behörde in der jeweiligen Gebührenkalkulation den kalkulatorischen Zinssatz von 6,5 Prozent angesichts des aktuellen Marktzinses zu hoch angesetzt habe. Der Ansatz eines solch hohen Zinssatzes verstoße deshalb gegen das Kostenüberschreitungsverbot, da die beklagte Behörde derzeit Darlehen für ein Zehntel  dieses Zinssatzes aufnehmen könne. Außerdem habe die Behörde unzulässigerweise für das Umlaufvermögen denselben Zinssatz wie für Vermögensgegenstände angesetzt, die dauerhaft im Unternehmen verbleiben sollten.

Darüber hinaus habe die Behörde bei der Kalkulation der Niederschlagswassergebühren nicht berücksichtigt, dass auch Grundwasser in die Niederschlagswasserkanalisation eingeleitet werde. Die Einleitung von Grundwasser müsse zwingend zu einer Senkung der Niederschlagswassergebühren führen.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat die Klage abgewiesen. Die in den jeweiligen Satzungen festgeschriebenen Gebührensätze verstoßen nicht gegen das im Kommunalabgabengesetz (KAG) NRW geregelte Kostenüberschreitungsverbot, heißt es in dem Urteil. Insbesondere habe die Behörde die kalkulatorischen Zinsen mit 6,5 Prozent nicht in rechtswidriger Weise zu hoch angesetzt.

Entgegen der Auffassung der Eigentümer bestimmt sich der Zinssatz dem Gericht zufolge nicht nach den Verhältnissen, die in der jeweiligen Gebührenerhebungsperiode am Kapitalmarkt herrschen. Denn es handle sich um eine kalkulatorische Verzinsung des in der Anlage langfristig gebundenen Kapitals, das sich im gesamten Restbuchwert widerspiegle. Dieser Wert erfasse Anlagegüter unterschiedlichsten Alters und Kapitalbindungen unterschiedlichster Dauer. Da der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion zukomme, einen Ausgleich für die finanziellen Belastungen zu bieten, die die Gemeinden für die Aufbringung des in der Anlage langfristig gebundenen Kapitals zu tragen haben, seien für die Höhe des Zinssatzes die langfristigen Durchschnittsverhältnisse am Kapitalmarkt maßgebend. Diese Verhältnisse könnten nach der Rechtsprechung des OVG NRW am langjährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten abgelesen werden.

Die Zinskalkulation sei damit an den langfristigen Durchschnittsrenditen dieser Emissionen zu messen, die bei Kalkulationserstellung bekannt waren. Damit seien die Renditen zu berücksichtigen, die in den vergangenen Jahrzehnten bis hin zum Vorvorjahr des Jahres angefallen waren, für das die Gebühren kalkuliert und erhoben werden sollen, heißt es in dem Urteil. Dieser langfristige Durchschnittswert darf dem Verwaltungsgericht zufolge nach der Rechtsprechung um bis zu 0,5 Prozent-Punkte erhöht werden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass wegen der die Anlagezinsen regelmäßig übersteigenden Kreditzinsen ein etwaiger Fremdkapitalanteil zu einem höheren Zinssatz zu berücksichtigen ist.

Die Sätze der in Rede stehenden Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten aus den Jahren 1955 bis 2002 ergeben sich aus einer von der Deutschen Bundesbank erstellten Übersicht vom 12. Januar 2004, erläutert das Verwaltungsgericht. Die Werte für die Folgezeit seien auf der Homepage der Deutsche Bundesbank veröffentlicht. Ausgehend von den im Kalkulationszeitpunkt bekannten Emissionsrenditen der genannten Finanzanlagen in dem 50-Jahres-Zeitraum bis zum Vorvorjahr des Jahres 2013, für das Gebühren kalkuliert und erhoben werden sollen, ergebe sich unter Einbeziehung des Zuschlages von 0,5 Prozent-Punkten für die Gebührenkalkulation des streitigen Veranlagungsjahres 2015 ein zulässiger Zinssatz von 6,68 Prozent. Der in den jeweiligen Gebührenkalkulationen angesetzte Zinssatz von 6,5 Prozent ist damit dem Urteil zufolge nicht überhöht.