Urteil: Kein Anspruch auf unverzögerte Einleitung von Abwasser unter Spitzenlast


Die Beteiligten stritten in dem Fall um die Höhe von Forderungen aus Ablösebeträgen auf Abwasseranschlussbeiträge, so das Verwaltungsgericht zum Sachverhalt. Die Gesellschafter der beklagten GbR planten auf dem Gebiet der Gemeinde ein touristisches Erlebnismuseum, für dessen Errichtung ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt und ein entsprechender Durchführungsvertrag geschlossen werden sollte. Darin sollte für den Anschluss der Grundstücke an die Schmutz- und Niederschlagsentwässerungseinrichtungen der Stadt grundsätzlich ein von der Stadt zu erhebender Anschlussbeitrag entstehen.

Dieser künftige Beitrag beläuft sich nach der Abwasserabgaben-Satzung der Stadt auf rund 92.438 Euro für Niederschlagswasser und auf rund 89.953 Euro für Schmutzwasser. Die Parteien vereinbarten, dass die Beitragspflicht für diese Grundstücksflächen durch die Zahlung dieser Beträge abzulösen sei. Der jeweils die Beitragspflicht begründende Grundstücksanschluss sollte jeweils getrennt für Niederschlags- und Schmutzwasser erst nach Anforderung durch die Gesellschafter der GbR, dem Vorhabenträger, hergestellt werden. Die GbR sollte berechtigt sein, die Grundstücksanschlüsse selbst durch eine zugelassene Fachfirma zu beauftragen, wobei die technischen Vorgaben der Stadt einzuhalten seien. Die dafür entstehenden Kosten sollten mit dem Ablösebetrag aufgerechnet werden. Der Ablösebetrag sei mit der Herstellung des jeweiligen Grundstücksanschlusses fällig.

Das Vorhaben wurde umgesetzt, wobei die GbR durch eine Fachfirma Grundstücks- und Hausanschlüsse für die Niederschlags- und Schmutzwasserbeseitigung installieren ließ. Dabei wurde auf dem Grundstück auch ein Regenrückhaltebecken gebaut. Dies ergab sich dem Gericht zufolge aus der Notwendigkeit, den Vorgaben aus dem Entwässerungsantrag, nach dem eine Einleitung von Wasser in die Einrichtungen der Klägerin maximal mit einer Geschwindigkeit von 2,4 l/s (statt der eigentlichen 300 l/s) erfolgen könne, Folge zu leisten.

Die GbR nahm nach der Aufforderung der Gemeinde, die im Vertrag genannten Ablösesummen zu begleichen, Zahlungen in Höhe von 15.000 Euro zur Ablösung des Niederschlagswasseranschlussbeitrages sowie von 87.600 Euro für den des Schmutzwasseranschlussbeitrages vor. Die Kosten für die Errichtung des Regenrückhaltebeckens hatte die GbR aufgerechnet.

Die Gemeinde wies die Aufrechnung zurück. Dies begründete sie unter Verweis auf den Durchführungsvertrag damit, dass nur mit den Kosten aufgerechnet werden könne, die für die Herstellung der jeweiligen Grundstücksanschlüsse angefallen seien. Das Regenrückhaltebecken sei aber Teil der privaten Grundstücksentwässerungsanlage und damit nicht vom Grundstücksanschluss umfasst.

Die GbR lehnte aber weitere Zahlungen vollständig ab. Die Kosten für die Erstellung des Regenrückhaltebeckens seien aufrechnungsfähig, da sie damit die Vorgaben der Gemeinde zur Drosselung der Einleitungsgeschwindigkeit in die klägerische Entwässerungseinrichtung umgesetzt habe. Daraufhin erhob die Stadt Klage, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein begründet ist. Als Grundstücksanschlüsse würden gerade nicht Regenrückhaltebecken der privaten Anlage angesehen. Einigkeit darüber, dass das Regenrückhaltebecken Teil der Einrichtung der Klägerin sein sollte, herrschte dem Gericht zufolge zu keinem Zeitpunkt.

Ein schützenswertes Interesse der Beklagten ergibt sich insbesondere nicht aus einem etwaigen Anspruch der GbR darauf, ihr Niederschlagswasser in die Anlage der Klägerin unter Spitzenlast einzuleiten, heißt es in dem Urteil.

    Es sei schon nicht ersichtlich, woraus ein solcher resultieren soll. Soweit die GbR darauf abstellt, dass sie bei hundertprozentiger Beitragszahlung auch hundertprozentigen Vorteil genießen müsse, könne dem zwar gefolgt werden. Der „Vorteil“, der nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) durch die Beitragszahlung abgegolten werden soll, sei aber hier in der Möglichkeit zu sehen, die Niederschlagswasserbeseitigungsanlage in Anspruch zu nehmen. Dieser Vorteil werde der GbR geboten. Ihr Niederschlagswasser werde - bei erhöhtem Anfall allerdings zeitlich verzögert – vollständig abgeleitet. Einen Anspruch auf das Bestehen einer Anlage, die derartige Mengen Niederschlagswasser unverzögert aufnehmen könne, gebe es aber nicht, stellt das Gericht fest.

Die Stadt betreibe die Niederschlagsentwässerung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als Selbstverwaltungsaufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge; diesbezüglich handle sie in den Grenzen der Rechtsordnung eigenverantwortlich auch in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung und Organisation. Eine Bestimmung zur konkreten Leistungsfähigkeit dieser Anlagen gebe es nicht. Diesbezügliche Regelungen finden sich lediglich in § 60 WHG und § 34 Abs. 1 des Landeswassergesetzes, wonach Abwasseranlagen so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten sind, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen müssten sie nach dem Stand der Technik bzw. allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Dazu zählten auch die technischen Bestimmungen, die von der obersten Wasserbehörde durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für Schleswig-Holstein eingeführt werden. Ein Anspruch auf unbegrenzte Spitzenlasteinleitung ergebe sich daraus aber nicht, stellt das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein fest.