Der Kläger und seine Ehefrau sind gemeinschaftlich Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das an die städtische Kanalisation angeschlossen ist, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Mit einem Bescheid über Schmutzwassergebühren vom 22. April 2016 zog die Gemeinde den Kläger und seine Ehefrau u. a. für das Jahr 2016 zu Gebühren in Höhe von 302,22 Euro heran. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass die Schmutzwassergebühr zu hoch sei, weil zu Unrecht kein Starkverschmutzerzuschlag erhoben werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2016 wies die Stadt den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Starkverschmutzerzuschlag setze voraus, dass die stark verschmutzten, vom Benutzer rechtmäßig eingeleiteten Abwassermengen mehr als 20 Prozent der gesamten Abwassermenge der Kommune ausmachten und ohne die Erhebung dieses Zuschlags die Gebührenmehrbelastung der „Normalverschmutzer“ über 10 Prozent hinausginge.
Der Grundstückseigentümer hat im Juli 2016 Klage erhoben. Er brachte vor, dass im Widerspruchsbescheid die Messgebühren bei den Starkverschmutzern unerwähnt blieben, die nach dem Landeswassergesetz NRW stets vom Verursacher zu zahlen seien. Auch wegen des „rechtswidrigen Verhaltens, die Allgemeinheit mit diesen Kosten zu belasten“, sei der Bescheid unwirksam. Die vor Ort vorhandene Gerberei sei auf Druck der Bezirksregierung als Starkverschmutzer eingestuft worden. Deswegen würden auch ständig Kontrollen durchgeführt. Bei der Gebührenberechnung werde der Starkverschmutzer dagegen wie ein normaler Haushaltsverschmutzer eingestuft. Die Argumentation der Stadt, dass die Voraussetzungen für die Einführung eines Starkverschmutzerzuschlags nicht gegeben seien, liege völlig daneben. Diese Auslegung würde dazu führen, dass sich alle Starkverschmutzer nur in Großstädten niederlassen würden, da die Einleitung von stark verschmutztem Abwasser in der Mischung mit der Vielzahl aller Haushaltsverschmutzer nur eine äußerst geringe Belastungsquote ergäbe.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bescheid über Schmutzwassergebühren sei rechtmäßig. Die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages, d.h. einer Zusatzgebühr für stark verschmutzte Abwässer, im Rahmen der Schmutzwasserbeseitigungsgebühren ist dem Gericht zufolge im Grundsatz rechtlich zulässig. Daraus folge aber nicht, dass sie auch in jedem Fall geboten sei. Denn eine solche Erhebung ist dem Urteil zufolge für die Gemeinden mit einem beachtlichen Verwaltungsaufwand und zudem mit vielfältigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und damit zusammenhängend erheblichen rechtlichen Risiken verbunden.
Vor diesem Hintergrund sei von einer Verpflichtung, einen Gebührenzuschlags für gewerbliche, Starkverschmutzer zu erheben, erst dann auszugehen, wenn bei einer leistungsorientierten Kalkulation der Abwassergebühr die stark verschmutzten Abwassermengen mehr als 10 Prozent der gesamten anfallenden Abwassermengen ausmachen, heißt es in dem Urteil.
Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Aachen hier nicht erfüllt. Nach den Ausführungen der Stadt in der mündlichen Verhandlung bewegt sich der Anteil stark verschmutzten Abwassers um 7 Prozent, was der klagende Eigentümer nicht in Abrede gestellt habe. Er dringe aber auch mit seinem Einwand nicht durch, dass Starkverschmutzer sich bei einer allein auf die Abflussmengen beschränkten Sichtweise veranlasst sehen könnten, sich dem Grenzwert von 10 Prozent anzupassen.
Zum einen sei festzustellen, dass dies in der Praxis offensichtlich nicht der Fall sei, so das VG Aachen. Der Verzicht auf einen Starkverschmutzerzuschlag habe entgegen den Mutmaßungen auch nicht zu einer verstärkten Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben im Gebiet der Stadt geführt. Zum anderen verkenne der Kläger, dass ein Betrieb, der stark verschmutztes Abwasser produziert, rechtlich gehalten sei, die Einleitungen sowohl quantitativ als auch qualitativ so gering wie möglich zu halten, und insoweit auch der behördlichen Überwachung unterliege. Auf einen Starkverschmutzerzuschlag kann dem Urteil zufolge verzichtet werden, wenn eine starke Verschmutzung die Regel ist oder die Abgabensatzung die Einleitung schädlicher Stoffe - wie hier durch die Entwässerungssatzung der Stadt (EntwS) - weitgehend ausschließt.
Bei der Frage der Verpflichtung zur Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlags muss nach Auffassung des Gerichts berücksichtigt werden, welche Gebührenmehrbelastung mit der Vernachlässigung der Unterschiede verbunden ist. Das Bundesverwaltungsgericht sei ist in einem Urteil (Az.: 8 C 48.81 vom 16. September 1981) davon ausgegangen, dass bis zu 10 Prozent Gebührenmehrbelastung im Rahmen der Typengerechtigkeit unbedenklich wäre. Für die Annahme einer so hohen Gebührenmehrbelastung spreche im vorliegenden Fall nichts.
So habe die Stadt in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bei Einführung eines Starkverschmutzerzuschlags, wie ihn das beauftragte Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen in einem Gutachten konzipiert habe, sich die Schmutzwassergebühr für einen „Normalverschmutzer“ im Jahre 2015 statt auf 4,38 Euro auf 4,21 Euro belaufen hätte und damit gerade einmal um 3,88 Prozent niedriger ausgefallen wäre. Da das Gutachten im Klageverfahren allerdings nicht vorgelegt worden sei, müsse auch unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungsspielraums der Kommune zur Bestimmung des Grenzwertes, der „normal“ und „stark“ verschmutztes Abwasser trennt, offen bleiben, ob bereits diese Argumentation tragfähig sei, stellt das Verwaltungsgericht fest.
Entscheidend sei aber, dass sich der Kläger mit dem Aspekt der Gebührenmehrbelastung in Höhe von 10 Prozent nicht auseinandergesetzt habe, obwohl er bereits in dem Widerspruchsbescheid der Stadt aus dem Juli 2016, auf den sie zur Klagebegründung Bezug genommen habe, angesprochen worden sei. „Solange ein Kläger aber seiner Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Gebührensätze nicht nachzugehen“, heißt es in dem Urteil. Es sei einem Kläger auch zuzumuten, sich mit Hilfe der bei der Gemeinde vorhandenen Unterlagen ausreichende tatsächliche Erkenntnisse zu verschaffen.
Der Eigentümer vermag dem Urteil zufolge auch nicht damit durchzudringen, dass zu Unrecht ein Betrag von 50.000 Euro als Kosten für die Analyse industrieller Einleitungen einkalkuliert worden sei. Die in Rede stehenden Aufwendungen für Abwasseruntersuchungen sind Kosten der Einrichtung im Sinne des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes (KAG NRW). Die Untersuchung des Abwassers nach der EntwS sei ein notwendiger Teil des Betriebs der Abwasserbeseitigungsanlage. Für die Stadt als Betreiberin der Abwasserbeseitigung ist es dem Verwaltungsgericht zufolge von essenzieller Bedeutung, dass die in ihre Anlage eingeleiteten Abwässer die Einleitungsbedingungen der Entwässerungssatzung, insbesondere die Schadstoffgrenzwerte, einhalten. Andernfalls sei ein störungsfreier Betrieb der Abwasserbehandlungsanlagen nicht gewährleistet. Zudem liefe die Stadt auch Gefahr, ihrerseits Grenzwerte für die Einleitung der durch sie gesammelten und behandelten Abwässer in den Vorfluter zu verletzen und eine entsprechend höhere Abwasserabgabe entrichten zu müssen.
Es sei daher eine nachvollziehbare Vorsichtsmaßnahme, insbesondere die gewerblichen und industriellen Abwässer, bei denen ein erhöhtes Risiko von Schadstoffbelastungen bestehe, gelegentlichen Untersuchungen zu unterziehen. „Sind demnach die Abwasseruntersuchungen notwendiger Teil der Abwasserbeseitigungseinrichtung, so sind die Kosten der durch den Beklagten durchgeführten Untersuchungen notwendiger Teil des gesamten Aufwandes der Abwasserbeseitigungsanlage, also Kosten der Einrichtung, welche die Gemeinde nach § 6 KAG NW durch Gebühren zu decken berechtigt ist“, so das Gericht. Es sei nicht ersichtlich, dass die Stadt diese Untersuchungskosten ganz den Einleitern aufbürden müsse.