Teil der öffentlichen Abwassereinrichtung muss nicht Eigentum der Gemeinde sein


Geklagt hatte der Eigentümer eines Außenbereich gelegenen Grundstücks, das im Jahr 2004 von der beklagten Gemeinde an die öffentliche Kanalisation angeschlossen worden war, heißt es in dem Beschluss zum Sachverhalt. Dabei ließ die Gemeinde auf ihre Kosten durch ein Fachunternehmen für Wasser- und Abwassersysteme eine Pumpstation mit Steuereinrichtung auf dem Grundstück installieren. Die Gemeinde schloss mit der Firma eine Garantievereinbarung mit einer Laufzeit von 20 Jahren ab dem Lieferjahr der Pumpstation. Diese Vereinbarung beinhaltet u. a., dass durch Korrosionsschäden unbrauchbar gewordene Bauteile in den Pumpstationen durch die Firma kostenfrei ersetzt und ausgetauscht werden.


Auf die Aufforderung des Eigentümers hin, sie solle die Wartung der Pumpe sowie des Steuergeräts auch zukünftig selbst durchzuführen oder auf ihre Kosten durchführen lassen, teilte die Gemeinde dem Eigentümer mit, dass nach ihrer Entwässerungsatzung (EWS) bei öffentlichen Druckentwässerungsanlagen die Druckstation einschließlich des Schachts mit Pumpe und Steuergerät auf einem privaten Grundstück nicht zur öffentlichen Entwässerungseinrichtung gehöre. Demzufolge müsse der Kläger die Anlage warten und unterhalten. Die EWS legte seit ihrer Änderung im Jahr 2013 fest, dass der Grundstückseigentümer die Druckentwässerungsanlage auf seinem Grundstück zu betreiben, zu unterhalten, instand zu setzen und zu erneuern habe.


Der Eigentümer wollte daraufhin mit einer Klage feststellen lassen, dass die Gemeinde verpflichtet sei, die Ersatzbeschaffung sowie die Reparatur und Instandsetzung der Pumpe und der Steuereinheit auf dem Grundstück des Klägers durchzuführen. Seinen zunächst gestellten Antrag, feststellen, dass die  Druckstation Eigentum der Gemeinde sei, hatte das Verwaltungsgericht Münster als unzulässig abgewiesen. Nachdem die Pumpstation langsam in die Jahre komme, stelle sich die Frage, wer zukünftig Ersatz für die Pumpe beschaffen und diesen bezahlen müsse, erklärte der Eigentümer in der Begründung seiner Klage. Da die Grundstücksentwässerung bei einem Ausfall der Pumpstation nicht mehr sichergestellt sei, habe er ein Interesse daran feststellen zu lassen, wer im Falle eines Defekts oder Ausfalls der Pumpstation sowie der Hausanschlussleitung Ersatz zu leisten bzw. die Kosten hierfür zu übernehmen habe.


Die Änderung der EWS im Jahr 2013 sei unwirksam und ändere nichts an der Kostentragungspflicht der Gemeinde, argumentierte der Eigentümer. Durch sie entstehe eine echte Rückwirkung zulasten des Eigentümers, die insbesondere dem Prinzip der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Rechtssicherheit widerspreche. Im Übrigen erlege die EWS dem Grundstückseigentümer ohnehin nur die Pflicht auf, im Rahmen der laufenden Unterhaltung der Druckpumpe einen Wartungsvertrag mit einem fachkundigen Unternehmer abzuschließen. Diese Pflicht habe er erfüllt. Die Gemeinde sei Eigentümerin der Pumpe und bereits aus diesem Grund dazu verpflichtet, die Kosten eines etwaigen Ersatzes bzw. von Reparaturen zu tragen.


Die Gemeinde entgegnete, es sei richtig, dass sie nach ihrem früheren Satzungsrecht die Kosten für die Herstellung und Erneuerung der Pumpen übernommen habe. Diese Satzungsregelung sei aber unwirksam gewesen und daher durch die Änderungssatzung 2013 gestrichen worden. Ein Vertrauenstatbestand in das alte Satzungsrecht habe nicht entstehen können. Bei der fraglichen Regelung in der EWS habe es sich um eine freiwillige Leistung der Gemeinde gehandelt, die sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft habe widerrufen können. Insbesondere komme es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an, weil sich aus dem Eigentum an der Pumpe keine Pflicht zu ihrer Erneuerung herleiten lasse.


Das OVG NRW hat die Berufung des Eigentümers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Die Gemeinde sei nicht dazu verpflichtet, auf ihre Kosten die Ersatzbeschaffung sowie die Reparatur und Instandsetzung der Pumpe und der Steuereinheit auf dem Grundstück des Klägers durchzuführen, heißt es in dem Beschluss. Die in der EWS festgelegte Kostenverteilung zulasten des Anschlussnehmers gelte unabhängig von dem von der Klägerseite im Berufungsverfahren nochmals thematisierten Eigentum an der Pumpstation. Für die Qualifizierung einer Anlage als Teil der öffentlichen Abwassereinrichtung sei es nicht maßgebend, ob die Anlage im Eigentum der Gemeinde steht.


Durch den Zwang zum Anschluss an die Druckentwässerungsanlage sowie deren Benutzung und die daraus für den Anschlussnehmer resultierenden Kosten werde der Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht verletzt, stellt das OVG fest. Daran ändere auch die Annahme nichts, dass die mit einem Anschluss an eine Druckentwässerungsanlage verbundenen Kosten spürbar höher seien als diejenigen, die mit einem Anschluss an einen Freispiegelkanal einhergehen. Eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte durch Satzungsrecht wäre dem OVG zufolge auch gerechtfertigt. Es stehe im weiten Ermessen des Satzungsgebers, welche technischen Lösungen er in der fraglichen Entwässerungssatzung zur Grundstücksentwässerung vorsehe. Sodann stehe es im Planungsermessen der Gemeinde, für welche Entwässerungslösung sie sich im konkreten Fall entscheide. Lasse sie sich hierbei, wie im vorliegenden Fall, von der Erwägung leiten, auch in zentrumsfernen Gebieten Grundstücke wirtschaftlich vertretbar an die öffentliche Kanalisation anschließen zu können, um so eine höhere Anschlussdichte und ein höheres Maß an Sicherheit bei der Schmutzwasserbeseitigung zu erlangen, sei dagegen rechtlich nichts zu einzuwenden.


Von einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dem OVG zufolge in derartigen Fällen erst dann auszugehen, wenn sich die finanzielle Zusatzbelastung der Grundstückseigentümer im Falle des Anschlusses an ein Druckentwässerungsnetz als unzumutbar erweise. Das sei nach der Rechtsprechung des OVG aber in der Regel nicht der Fall.


Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben. Insbesondere die Garantievereinbarung, welche die Beklagte mit der Fachfirma geschlossen habe, schütze den Eigentümer bis auf Weiteres vor einer unzumutbaren finanziellen Belastung mit etwaigen Ersatzbeschaffungs- und Reparaturkosten. Aber auch davon abgesehen sei nicht davon auszugehen, dass die mit der Instandhaltung der Pumpstation verbundenen Kosten ihn unverhältnismäßig belasten könnten. Entsprechendes gelte für eventuelle Ersatzbeschaffungskosten.


Wie das OVG des Weiteren feststellt, verstößt die Änderungssatzung aus dem Jahr 2013 nicht deswegen gegen das Rückwirkungsverbot, weil er die Kostenlast im Unterschied zu der Vorgängerregelung zum Nachteil des Anschlussnehmers verschiebt. Es handle sich dabei nicht um eine unzulässige echte Rückwirkung. Das Kanalbenutzungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, in dessen Zuge die Pumpstation auf dem Grundstück des Klägers installiert wurde, bestehe seit dem Jahr 2004. Der damit umgesetzte Anschluss- und Benutzungszwang lasse sich als seitdem existierendes Dauerschuldverhältnis beschreiben, innerhalb dessen der Grundstückseigentümer zur laufenden Unterhaltung des Grundstücksanschlusses verpflichtet ist. Damit greife die Änderung der EWS von 2013 nicht als echte Rückwirkung in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt ein. Vielmehr gestaltet sie dem OVG zufolge lediglich eine gegenwärtige, noch andauernde Rechtsbeziehung in zulässiger Weise anders.