Land zahlt als Mitglied in Abwasserverband ermäßigte Niederschlagswassergebühr


Das klagende Land wandte sich - als Eigentümer und Träger der Straßenbaulast mehrerer Landesstraßen im Gebiet der beklagten Gemeinde - gegen die Höhe der Niederschlagswassergebühren, die sie für die Entwässerung der Fahrbahnflächen entrichten sollte. Die Gemeinde liegt im Verbandsgebiet des Lippeverbandes, dessen Verbandsmitglied sie ebenso wie das Land ist, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt.


Das Land war von dem Verband für das Veranlagungsjahr 2013 u. a. zu Verbandsbeiträgen für Landesstraßen im Verbandsgebiet in Höhe von 51.982 Euro herangezogen worden. Mit sieben Abgaben-Jahresbescheiden aus dem Februar 2013 zog die Gemeinde das Land zu Niederschlagswassergebühren für das Veranlagungsjahr 2013 in Höhe von insgesamt 47.464 Euro heran. Der Berechnung der Niederschlagswassergebühren lag ein Gebührensatz von 1,20 € jährlich je Quadratmeter bebaute bzw. überbaute und/oder befestigte Fläche nach der Entwässerungsgebührensatzung der Gemeinde (EWGS)  zu Grunde. Das Land erhob gegen sämtliche Bescheide Klage mit der Begründung, ihm stehe der ermäßigte Gebührensatz von 0,79 Euro je Quadratmeter zu.


Die Gemeinde entgegnete, allein die Mitgliedschaft im Verband und die Zahlung von Beiträgen reichten für die Erfüllung des Ermäßigungstatbestandes nicht aus, weil dieser ersichtlich der Vermeidung einer Doppelbelastung diene. Eine solche finde aber nicht statt. Der Verband veranlage das Land nur für Außenbereichsflächen, von denen das Abwasser nicht in das gemeindliche Entwässerungssystem eingeleitet werde. Sollte die Veranlagung durch den Verband auch Flächen erfassen, bei denen eine Indirekteinleitung erfolge, sei dies ein Problem der Rechtmäßigkeit des Verbandsbeitrages. Das Land werde durch den Lippeverband nicht wegen der Indirekteinleitung veranlagt.


Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die sieben Abgaben-Jahresbescheide der Gemeinde aus dem Februar 2013 rechtswidrig. Als Rechtsgrundlage für die Erhebung der Niederschlagswassergebühren ist dem Gericht zufolge die spezielle Gebührensatzregelung des § 5 Abs. 2 d) EWGS anzuwenden. Danach beträgt die Gebühr für die Benutzung der gemeindlichen Abwasseranlagen für Mitglieder von Abwasserverbänden, die wegen der Ableitung von Abwässern von den Verbänden selbst zu Verbandslasten oder Abgaben herangezogen werden, je Quadratmeter bebauter und/oder befestigter Fläche lediglich 0,79 Euro statt der sonst zu entrichtenden 1,20 Euro.


Diese spezielle Regelung lege auf Grundlage des Kommunalabgabengesetzes (KAG) fest, das Gebühren von Abgabenpflichtigen  nicht erhoben werden dürfen, soweit diese selbst von dem Verband für die Inanspruchnahme seiner Einrichtungen und Anlagen oder für die von ihm gewährten Vorteile zu Verbandslasten oder Abgaben herangezogen werden. Damit solle vermieden werden, dass solche Mitglieder des Verbands, die selbst durch den Verband für diese Leistungen herangezogen werden, nochmals durch die gebührenmäßige Abwälzung der Verbandslasten der Gemeinde für dieselbe Leistung doppelt belastet, also zweimal herangezogen werden. Entscheidend sei bei dem Doppelbelastungsverbot also der Umstand, dass die gleiche Leistung des Verbandes nicht doppelt abgerechnet werden dürfe. Es gehe also nicht um die „Höhe“, sondern um den Art und den Umfang, wie Einrichtungen und Vorteilen des Verbandes in Anspruch genommen würden, heißt es in dem Urteil.


Dem OVG zufolge ergibt sich aus der einschränkenden Formulierung „soweit“, dass eine Doppelbelastung für diejenigen Verbandsmitglieder nicht vorliegt, die selbst vom Verband zu Umlagen nicht herangezogen werden, weil dieser seine Kosten nur auf einem bestimmten Kreis von Mitgliedern umlegt, zu denen das betreffende Mitglied nicht gehöre. Das könnte sich etwa auf Gemeinden oder Gemeindeverbände oder die Mitglieder beziehen, die nach dem Lippeverbandsgesetz (LippVG) den Mindestbeitrag erreichen. Dasselbe gelte, soweit der Verband auf alle oder einzelne Mitglieder die Lasten nur für bestimmte Leistungen, etwa für die Abwasserreinigung oder den Abwassertransport, umlegt, die in den abgewälzten Verbandslasten der Gemeinde nicht berücksichtigt sind.


Dem Urteil des OVG zufolge liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Gebührensatzes für die Beseitigung des Niederschlagswassers, das auf den im Gemeindegebiet liegenden Landesstraßen anfällt, vor. Das Land sei u. a. als Eigentümer und Träger der Straßenbaulast dieser Landesstraßen Mitglied des Abwasserverbandes. Wegen der Ableitung von Abwässern werde es selbst zu Verbandslasten für die Landesstraßen herangezogen. Dabei verteile sich die  Beitragslast auf die Mitglieder des Verbandes im Verhältnis der mittelbaren oder unmittelbaren Vorteile, die sie von der Durchführung der Aufgaben des Verbandes haben oder zu erwarten haben, erläutert das OVG. Einer Direkteinleitung als unmittelbarem Vorteil bedürfe es danach nicht. Voraussetzung für den ermäßigten Gebührensatz nach der EWGS sei dagegen ausschließlich, dass die Grundstücke des Verbandsmitgliedes dem Grunde nach bei der Ermittlung der Verbandsbeiträge berücksichtigt wurden, heißt es in dem Urteil. Liegen die Voraussetzungen Gebührensatzes von 0,79 € je Quadratmeter befestigter und/oder bebauter Fläche vor, komme die Festsetzung von Niederschlagswassergebühren nach dem höheren Gebührensatz von 1,20 Euro nicht in Betracht. Die Gebührenfestsetzung sei damit im Hinblick auf den Anteil, der über den Gebührensatz von 0,79 Euro hinausgeht, rechtswidrig und die sieben Gebührenbescheide insoweit aufzuheben, stellt das Oberverwaltungsgericht fest.