Künftige Phosphorrückgewinnungspflicht verursacht 398 Mio. Euro Umstellungsaufwand


Dieser resultiert fast ausschließlich aus den Investitionskosten für die Errichtung der Phosphorrückgewinnungstechniken und der Anlagen zur thermischen Vorbehandlung des Klärschlamms. Das schreibt die Bundesregierung im Vorblatt zur Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung, die sie Mitte Januar verabschiedet und dem Deutschen Bundestag zugeleitet hat (Drucksache 18/10884).


Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft entstehe aus 16 Vorgaben und 41 Informationspflichten und belaufe sich auf ca. 93,6 Mio. Euro. Davon entfallen rund 1,5 Mio. Euro auf Bürokratiekosten. Die restlichen Sachkosten in Höhe von 92,3 Mio. Euro sind laut Bundesregierung überwiegend der Pflicht zur Phosphorrückgewinnung zuzuordnen, die nach einer Übergangszeit von 12 bzw. 15 Jahren greift. Die Regierung räumt ein, dass eine unmittelbare Kompensation dieses jährlichen Erfüllungsaufwands nicht möglich sei.


Gemäß der „One-In-One-Out-Regel“ zum Bürokratieabbau können neue Belastungen für die mittelständische Wirtschaft nur in dem Maße eingeführt werden, wie bisherige Belastungen abgebaut werden. Das Bundesumweltministerium (BMUB) werde innerhalb eines Jahres geeignete Maßnahmen finden, um eine Kompensation im Sinne der „One-In-One-Out-Regel“ zu ermöglichen, heißt es im Vorblatt.


Darüber hinaus sei entsprechend dem Leitfaden zur Berücksichtigung der Belange mittelständischer Unternehmen in der Gesetzesfolgenabschätzung (KMU-Test) geprüft worden, ob weniger kostenbelastende Regelungsalternativen oder Unterstützungsmaßnahmen möglich sind. So habe das BMUB bei der Konzeption der Pflichten aus der Verordnung an verschiedenen Stellen Ausnahmeregelungen geschaffen, die vor allem kleinen und mittleren Unternehmen zu Gute kommen, erklärt die Regierung im Vorblatt. Zum Beispiel gebe es erhebliche Erleichterungen bei den Untersuchungspflichten von Klärschlämmen, die in Abwasserbehandlungsanlagen von landwirtschaftlichen Betrieben erzeugt werden, Erleichterungen durch verlängerte Zeiträume bei Untersuchungen auf Schadstoffe in Klärschlämmen sowie eine Reduzierung des zu untersuchenden Spektrums an Schadstoffen aus Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Ausbaugröße von bis zu 1.000 Einwohnerwerten.


Die getroffenen Regelungen zur verpflichtenden Rückgewinnung von Phosphor für Abwasserbehandlungsanlagen ab einer Ausbaugröße von 100.000 Einwohnerwerten (12 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung) und ab einer Ausbaugröße von über 50.000 Einwohnerwerten (15 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung) kämen vor allem kleineren und mittleren Abwasserbehandlungsanlagen zu Gute, da somit alle Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen mit einer Ausbaugröße von bis zu 50.000 Einwohnerwerten keiner Verpflichtung zur Phosphorrückgewinnung unterliegen, heißt es weiter. Für diese Anlagen bleibe auch weiterhin die Möglichkeit zur bodenbezogenen Klärschlammverwertung eröffnet. Dadurch würden die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen in besonderer Weise berücksichtigt.


Der jährliche Erfüllungsaufwand von 93,6 Mio. Euro und der einmalige Umstellungsaufwand von 398 Mio. Euro werden in der Regel über die Erhebung kommunaler Gebühren durch Bürger finanziert, führt die Bundesregierung im Vorblatt weiter aus. Die Umsetzung der Verordnung werde in regional unterschiedlichem Umfang zu einer Erhöhung der Abwassergebühren führen. In einem im Auftrag des BMUB durch das Umweltbundesamt (UBA) vergebenen Forschungsvorhaben sei abgeschätzt worden, dass pro Einwohner mindestens 30 Cent jährlich für Maßnahmen der Phosphorrückgewinnung anzusetzen sind. Dies gelte jedoch nur für die Regionen, in denen bereits Anlagen zur thermischen Behandlung des Klärschlamms vorhanden sind. In den Regionen, in denen diese Anlagen erst noch errichtet werden müssen, ist von zusätzlichen Kosten von mindestens 4,30 Euro pro Jahr und Einwohner auszugehen.


Aufgrund der teilweise noch fehlenden Erfahrungen bei der großtechnischen Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm seien derzeit detailliertere Angaben zu den mit der Umsetzung der Verordnung verbundenen Kosten nicht möglich, räumt die Regierung ein. Durch den Verkauf des rückgewonnenen Phosphors könnten geringe Erlöse erwirtschaftet werden, die einen dämpfenden Einfluss auf die Gebührenerhöhungen haben. Allerdings könnten bei Zugrundelegung der derzeitigen Marktpreise für Phosphordüngemittel die erzielbaren Erlöse für Recyclingphosphor in der Regel noch nicht die Mehrkosten der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm oder aus Klärschlammaschen kompensieren.