OVG Koblenz: Beitragesrechtlicher Vorteil muss grundstücksbezogen sein


In dem behandelten Fall betreibt der Kläger einen Campingplatz auf mehreren Grundstücken auf einer Moselinsel, von denen einige, aber nicht alle in seinem Eigentum stehen, so das OVG zum Sachverhalt. Er wandte sich gegen den Grundlagenbescheid und Abgabenbescheide aus den Jahren 2011 und 2012, mit denen wiederkehrende Beiträge für die Schmutzwasserbeseitigung sowie Vorausleistungen festgesetzt wurden.


Im Konflikt der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel mit dem Pächter eines Campingplatzes hatte das OVG bereits geurteilt, dass der Pächter  nicht zur Zahlung von sämtlichen Abwasserbeseitigungsgebühren und wiederkehrenden Abwasserbeseitigungsbeiträgen herangezogen werden kann (Az.: 6A 10558/16.OVG vom 01.12.2016). In dem aktuellen Urteil geht es im Unterschied dazu nun auch um Flächen, deren Eigentümer der Kläger ist.


In dem jetzt behandelten Fall legte der Grundlagenbescheid der Verbandsgemeinde, die später in der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel aufgegangen ist, aus dem Oktober 2011 die beitragspflichtige Fläche des insgesamt 63.923 qm großen Campingplatzes zur Berechnung des wiederkehrenden Schmutzwasserbeitrags fest. Dabei legte die Gemeinde eine Stellplatzzahl von 400, eine Stellplatzfläche von jeweils 60 qm, einer Grundflächenzahl von 0,4 und eines Vollgeschosszuschlags von 10 Prozent auf 66.000 qm zugrunde. Mit dem Abgabenbescheid wurden für das Abrechnungsjahr 2010 ein wiederkehrender Schmutzwasserbeitrag in Höhe von 5.280 Euro sowie Vorausleistungen für das Jahr 2011 in derselben Höhe festgesetzt. In dieser Höhe setzte die Verbandsgemeinde auch für das Abrechnungsjahr 2011 einen wiederkehrenden Schmutzwasserbeitrag sowie Vorausleistungen für das Jahr 2012 fest.


Die Klage gegen diese Bescheide lehnte das Verwaltungsgericht Koblenz mit einem Urteil ab (Az.: 3 K 817/13.KO vom 24.03.2014). Die Berufung gegen dieses Urteil vor dem OVG hat zum Teil Erfolg. Mit dem Grundlagenbescheid vom Oktober 2011 durfte die beitragspflichtige Fläche der Campingplatzgrundstücke zur Berechnung des wiederkehrenden Schmutzwasserbeitrags dem OVG zufolge auf nicht mehr als 34.155 qm festgesetzt werden – bei einer Gesamtgröße von 35.974 qm der im Eigentum des Klägers stehenden Campingplatzparzellen.


Denn ein Grundlagenbescheid dürfe nicht ergehen, wenn die Beitragspflicht für das betroffene Grundstück nicht besteht. In Bezug auf die nicht im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke des Campingplatzes sei der Bescheid damit aufzuheben und im Hinblick auf die ihm gehörenden Campingplatzparzellen zu berichtigen, heißt es in dem Urteil des OVG.


Der Grundlagenbescheid kann keinen Bestand haben, soweit der Kläger nicht zum Kreis der Beitragspflichtigen zählt, weil die Campingplatzgrundstücke weder in seinem Eigentum stehen noch er über eine andere dingliche Berechtigung an diesen Grundstücken verfügt und er auch nicht unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlichen Eigentums beitragspflichtig ist, führt das OVG aus. Nach der Entgeltsatzung Abwasserbeseitigung (ESA) der Gemeinde ist derjenige Schuldner des wiederkehrenden Beitrags, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer, dinglich Nutzungsberechtigter des Grundstücks oder Gewerbetreibender auf dem Grundstück ist. Soweit der Kläger weder Eigentümer noch dinglich Nutzungsberechtigter einzelner Grundstücke des Campingplatzes sei, könne auch der Umstand, dass er auch auf diesen Grundstücken als Pächter einen gewerblichen Campingplatz betreibt, seine Beitragspflicht nicht begründen, heißt es in dem Urteil.


Das OVG führt aus, dass der beitragsrechtliche Vorteil nicht darin besteht, dass ein Gewerbetreibender das Abwasser, das im Rahmen seines Gewerbebetriebs anfällt, in die Entwässerungseinrichtung ableiten und diese damit tatsächlich in Anspruch nehmen kann. Der Vorteil, dessen Abschöpfung die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetztes (KAG) durch Erhebung von einmaligen oder wiederkehrenden Beiträgen zulasse, könne im Anschlussbeitragsrecht vielmehr nur grundstücksbezogen sein. Dies folge aus der Unterscheidung von bevorteilten und damit beitragspflichtigen Grundstücken einerseits und mangels Vorteils nicht beitragspflichtigen Grundstücken andererseits. Der beitragsrechtliche Vorteil bestehe darin, dass er einem Grundstück die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit sichert, indem dessen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung geschaffen und/oder dauerhaft erhalten wird.


Dieser Zusammenhang sei offensichtlich, wenn man die Erhebung eines einmaligen Herstellungsbeitrags für die Wasserversorgungs- bzw. die Abwasserbeseitigungseinrichtung betrachte, so das OVG. Für wiederkehrende Beiträge, die ebenfalls nur in Bezug auf bevorteilte Grundstücke erhoben werden dürfen, könne aber nicht deswegen etwas anderes gelten, weil sie jährlich neu anfallen und in ihrer Höhe nicht selten den Gebühren ähnlich sind.

Der Kläger sei auch nicht als wirtschaftlicher Eigentümer der nicht in seinem Eigentum stehenden Campingplatzgrundstücke anzusehen. Dies setzte die „Ausübung der tatsächlichen Herrschaft“ über diese Grundstücke in der Weise voraus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Campingplatzgrundstücke wirtschaftlich ausschließen könne. Davon könne hier aber nicht die Rede sein, auch wenn das Pachtverhältnis auf unbestimmte Zeit laufe.


Die beitragspflichtige Fläche von 34.155 qm entspreche einer Gesamtzahl von 207 Stellplätzen. Im Beitragsrecht dürfen mehrere grundbuchrechtlich selbständige Grundstücke als wirtschaftliche Grundstückseinheit gemeinsam veranlagt werden, sofern die getrennte Veranlagung der Buchgrundstücke dazu führen würde, dass ein so genanntes Handtuch-Grundstück beitragsfrei bleiben muss, obwohl es – mangels hinreichender Größe – lediglich alleine nicht bebaubar, zusammen mit einem oder mehreren Grundstücken des selben Eigentümers jedoch ohne weiteres baulich angemessen genutzt werden darf. Daraus ergebe sich gleichzeitig, dass ein Handtuch-Grundstück auch zusammen mit einem selbständig nutzbaren Buch-Grundstück eine wirtschaftliche Grundstückseinheit bilden kann.


Die im Eigentum des Klägers stehenden Campingplatzparzellen könnten zu einer wirtschaftlichen Grundstückseinheit zusammengefasst und die beitragspflichtige Fläche insgesamt festgesetzt werden, da nur das Flurstück, auf dem das zentrale Sanitärgebäude des Campingplatzes errichtet ist, selbständig als gewerblicher Campingplatz genutzt werden könne. Alle übrigen Parzellen des Klägers auf der Moselinsel könnten unabhängig von ihrer Größe nicht selbständig genutzt werden, denn ihnen fehle die für eine Campingplatznutzung im Außenbereich erforderliche Mindesterschließung, insbesondere was die Abwasserbeseitigung angeht.


Nach dem nicht zu beanstandenden Verteilungsmaßstab in der ESA, der auch auf wiederkehrende Beiträge anzuwenden sei, werde bei Campingplatzgrundstücken für jeden Standplatz eine Grundfläche von 60 qm angesetzt und die daraus nach Multiplikation mit der Zahl der Standplätze errechnete Gesamtfläche durch die Grundflächenzahl von 0,4 geteilt, also mit dem Faktor 2,5 multipliziert, erläutert das OVG. Eine zusätzliche Erhöhung erfolge durch einen zehnprozentigen Vollgeschosszuschlag. Da der Standplatzmaßstab der ESA der Einbeziehung zentraler Sanitär-, Entsorgungs- oder Gastronomiegebäude sowie der auf dem Campingplatzgelände angelegten Straßen, Wege und Grünanlagen in die beitragspflichtige Fläche entgegensteht, müssten diese Flächen unberücksichtigt bleiben. Sie seien von der Gesamtfläche des bzw. der Campingplatzgrundstücke abzuziehen, bevor aus dieser durch Teilung durch 150 qm die höchst mögliche Anzahl von Standplätzen ermittelt werde.


Die auf zentrale Sanitärgebäude sowie auf Wege und Parkplätze entfallenden Flächenanteile auf den Campingplatzparzellen des Klägers seien von der Gemeinde zutreffend mit 4.914 qm ermittelt worden. Diese Fläche sei von der Gesamtgröße der im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücken von 35.974 qm abzuziehen. Damit ergeben sich dem OVG zufolge 31.060 qm, entsprechend einer Gesamtzahl von 207 Standplätzen. Die Multiplikation der Standplatzzahl mit 150 qm und die Erhöhung des Ergebnisses um den zehnprozentigen Vollgeschosszuschlag führten zu einer beitragspflichtigen Fläche von 34.155 qm.


Die Revision gegen das Urteil hat das OVG nicht zugelassen.