Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohngrundstücks mit einer Fläche von 123 Quadratmetern, so das Gericht zum Sachverhalt. Die Vorbesitzer hatten das Grundstück mit der Bezeichnung „G1“ auf Grundlage hatten das in gleicher Flur und Gemarkung gelegene Grundstück „G2“ mit einer Fläche von 2.153 Quadratmetern, aus dem das Grundstück der Klägerin hervorgegangen ist, im Juni 1998 von einer GmbH erworben. Ursprünglich hatte das mit der Erschließung beauftragte Unternehmen ein Grundstück mit einer Fläche von 25.935 Quadratmetern, aus dem das Grundstück Flurstück G2 hervorgegangen ist, auf Grundlage eines notariellen Vertrages vom 3. April 1992 von der Stadt erworben. In dem Vertrag heißt es, der Käufer werde nicht zu Erschließungsbeiträgen, Anschlussgebühren und Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz herangezogen, da er die Erschließung selbst durchführt.
Auch in dem ebenfalls zwischen der GmbH und der Stadt geschlossenen Erschließungsvertrag vom 3. April 1992 heißt es, dass die Stadt von der GmbH bzw. den Erwerbern der von ihr erschlossenen und bebaut oder unbebaut verkauften Bauparzellen keine Erschließungskosten oder Anschlussgebühren erhebe.
In der Folgezeit wurden die vertraglich vereinbarten Erschließungsmaßnahmen durchgeführt. Das Grundstück der Klägerin ist seit dem Jahre 1992 an die von der Stadt betriebenen Schmutz- und Niederschlagswasser-Beseitigungsanlagen angeschlossen.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2014 zog der beklagte Verband die Grundstückseigentümerin zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 997 Euro heran. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Verband zurück. Die Eigentümerin erhob daraufhin Anfechtungsklage. Die Vereinbarungen des Grundstückskaufvertrages und des Erschließungsvertrages stünden ihrer Heranziehung entgegen. Auch in den später geschlossenen Grundstückskaufverträgen sei vereinbart worden, dass die Erschließungskosten – und zwar die der inneren und der äußeren Erschließung – von den jeweiligen Verkäufern zu tragen seien. Auf jeden Fall habe der Verband sein Recht zu Beitragserhebung verwirkt. Der Verband vertritt dagegen die Auffassung, die von der Klägerin genannten vertraglichen Vereinbarungen bezögen sich lediglich auf die Kosten der inneren Erschließung.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die von der Eigentümerin benannten Vereinbarungen stehen der Beitragserhebung nicht entgegen, heißt es in dem Urteil. Im Hinblick auf die Vereinbarungen in den Grundstückskaufverträgen aus dem Juni 1998 und März 1998 folge dies aus dem Umstand, dass die Stadt nicht Vertragspartner sei. Damit könnten die Vereinbarungen ihr gegenüber keine Wirkungen entfalten. Auf die Vereinbarung in dem notariellen Grundstückskaufvertrages vom 3. April 1992 könne sich die Klägerin nicht berufen, denn sie beziehe sich ausdrücklich nur auf den Erwerber der Flächen und damit auf das Unternehmen. Nicht am Vertrag beteiligte Dritte – und damit auch die Eigentümerin – seien von der Vereinbarung nicht geschützt.
Entgegen der Auffassung der Eigentümerin sei mit der Wendung „Von der A. GmbH bzw. den Erwerbern der von ihr erschlossenen und bebaut oder unbebaut verkauften Bauparzellen erhebt die Stadt keine Erschließungskosten oder Anschlussgebühren“ aber keine Freistellung von den vorliegend streitgegenständlichen Anschlussbeiträgen vereinbart worden.
Die Erschließung des Baugebiets erfolgte dem Gericht zufolge auf Grundlage des mit der GmbH geschlossenen Erschließungsvertrages vom 3. April 1992, nachdem ein ursprünglich damit beauftragtes Unternehmen den mit ihm Entschließungsvertrag nicht erfüllt hatte. Gegenstand des Vertrages sei die wege- und leitungsmäßige Erschließung des Baugebietes durch die GmbH als Erschließungsträger. Die Refinanzierung der Erschließungskosten sollte – wie bei Erschließungsverträgen üblich – über den Kaufpreis erfolgen. Da die GmbH nicht Eigentümerin der Flächen des Erschließungsgebietes war, schloss sie mit der Stadt den Grundstückskaufvertrag vom 3. April 1992 geschlossen.
Für die Parteien des Erschließungsvertrages bestand dem VG Greifswald zufolge allerdings das Problem, dass das Erschließungsgebiet nicht nur die Flächen des Grundstückskaufvertrages vom 3. April 1992 umfasste. Zum Erschließungsgebiet gehörten auch 17 bebaute Grundstücke, die von der Stadt noch vor der Wende an Bauwillige, sogenannte Alterwerber, übertragen worden waren. Hinzu kamen fünf weitere Parzellen, die „nach der Wende“ von der ursprünglich mit der Erschließung beauftragten Firma an Bauwillige veräußert worden waren. Eine Beteiligung dieser Grundstückseigentümer an den Kosten der im Erschließungsgebiet herzustellenden bzw. fertig zu stellenden Erschließungsanlagen durch die A. GmbH schied aus, da es sich bei diesen Grundstücken um sogenannte Fremdanliegergrundstücke handelte. Die Eigentümer von Fremdanliegergrundstücken werden durch die Erschließungsmaßnahmen zwar bevorteilt, heißt es in dem Urteil. Es bestehe jedoch kein gesetzlicher Anspruch des Erschließungsträgers auf eine Kostenbeteiligung.
Vor diesem Hintergrund vereinbarten die Parteien des Erschließungsvertrages, dass die Stadt für die auf die Fremdanliegergrundstücke entfallenden anteiligen Erschließungskosten einen Werklohn an die GmbH zahlen sollte, und so sei eine Kostenbelastung der Stadt erzeugt worden. Damit handelte es sich bei dem Erschließungsvertrag vom 3. April 1992 nicht – jedenfalls nicht durchgängig – um einen „echten“ Erschließungsvertrag, bei dem der beitragserhebungsberechtigten Körperschaft kein beitragsfähiger Aufwand entsteht und eine Beitragserhebung folglich ausscheidet, sondern um einen „unechten“ Erschließungsvertrag und Vorfinanzierungsvertrag, bei dem der Erschließungsunternehmer der beitragserhebungsberechtigten Körperschaft die Erschließungskosten in Rechnung stellt und so einen beitragsfähigen Aufwand erzeugt. Auf diese Weise sollten die Fremdanliegergrundstücke an den Kosten Erschließung beteiligt werden. Und wegen der erklärten Absicht, bei den Fremdanliegergrundstücken eine Beitragserhebung durchzuführen, bedurfte es der Klarstellung, dass für die übrigen Grundstücke des Erschließungsgebietes eine Beitragserhebung unterbleibt. Denn die Refinanzierung der auf diese Grundstücke entfallenden anteiligen Erschließungskosten sollte im Rahmen der Veräußerung der baureifen Grundstücke erfolgen. Dies zeigt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch, dass sich die Vereinbarungen auf die innerhalb des Erschließungsgebietes entstandenen Kosten beziehen. Die vorliegend streitgegenständliche Beitragserhebung für die Kosten der äußeren Erschließung, also die Kosten, die der Stadt für die Herstellung der außerhalb des Erschließungsgebietes gelegenen Anlagen und Anlagenteile entstanden sind, werde damit von der Vereinbarung nicht erfasst.
Gegen die gegenteilige Annahme spricht dem Gericht zufolge weiter, dass die Stadt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Abwasserbeseitigung noch nicht zuständig gewesen sei. Denn die Abwasserbeseitigungspflicht sei den Gemeinden Mecklenburg-Vorpommerns erst mit dem Inkrafttreten des Landeswassergesetzes (LWaG) am 1. Dezember 1992 als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe übertragen worden. Bis dahin war das Nachfolgeunternehmen des ehemaligen VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (WAB) für die Abwasserbeseitigung zuständig, so das Gericht. Die Freistellung von Anschlussbeiträgen wäre von der Stadt daher außerhalb ihrer damaligen Zuständigkeit vereinbart worden. Ein solches Verhalten könne ihr aber nicht unterstellt werden.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist auch zu berücksichtigen, dass die Stadt mit der Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung gerade erst begonnen hatte. Wichtige zentrale Einrichtungen wie das Klärwerk seien erst Mitte der 1990er Jahre hergestellt worden. Die Kosten und die Größe der Gesamtanlage, die ihre Endausbaustufe nach dem aktuellen Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt nicht vor dem Jahr 2028 erreichen soll, seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abschätzbar gewesen. Eine Beitragssatzung sei ebensowenig vorhanden gewesen wie eine Beitragskalkulation. Damit war die Höhe der auf das Erschließungsgebiet entfallenden Beitragsbelastung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ermittelbar, heißt es in dem Urteil. Folge man der Auffassung der Eigentümerin, so hätte die Stadt auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen verzichtet, ohne die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verzichts auch nur annähernd abschätzen zu können.