VGH: Durch Rückzahlung von Beiträgen drohen nicht grundsätzlich "schwere Nachteile"


Mit der Entscheidung hat der VGH einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart (Az.: 2 K 12822/17 vom 17.08.2017) aufgehoben, mit dem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche des Antragstellers gegen Abwasser- und Wasserversorgungsbeitragsbescheide vom April 2017 bis zur Entscheidung über die Anträge des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angeordnet hatte. Bei dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts handelte es sich um eine Zwischenentscheidung im Rahmen eines anhängigen Eilverfahrens, einen sogenannten Hängebeschluss, erläutert der VGH. Mit dem Hängebeschluss werde zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine Regelung für den Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und der Entscheidung des Gerichts über diesen Eilantrag getroffen.


Dem VGH zufolge hat das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses aber zu Unrecht bejaht. Ein Hängebeschlusses im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren sei unter anderem erforderlich, wenn irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen. Das treffe auf den behandelten Fall nicht zu. 


Denn es seien weder nach Aktenlage noch aufgrund des Vortrags des Antragstellers hinreichende Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die Vollstreckung der Abwasser- und Wasserversorgungsbeitragsbescheide aus dem April 2017, mit denen der Antragsteller zur Zahlung von Beiträgen in Höhe von insgesamt 6.360,27 Euro verpflichtet wurde, irreversible Zustände eintreten oder dem Antragsteller irreparable Nachteile entstehen könnten.


Geht es - wie hier - um die Durchsetzung der Verpflichtung zur Zahlung öffentlicher Abgaben, droht wegen deren Rückzahlbarkeit grundsätzlich nicht der Eintritt irreversibler Zustände oder schwerer, irreparabler Nachteile, heißt es in dem Beschluss. Darauf beruht dem VGH zufolge  auch die Entscheidung des Gesetzgebers, bei der Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) generell den Sofortvollzug anzuordnen. Etwas anderes könne beim Hinzutreten besonderer Umstände gelten, etwa wenn die Vollstreckung der Abgabenforderung eine wirtschaftliche Existenzgefährdung des Abgabenschuldners zur Folge hätte.


Im vorliegenden Fall habe der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht substantiiert geltend gemacht, dass durch die Vollstreckung der Beitragsbescheide der Eintritt irreversibler Zustände oder irreparabler Nachteile drohe. Zwar habe er mit der Stellung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Schreiben im Juli 2017 behauptet, die Vollziehung der Bescheide hätte angesichts der Höhe der Beitragsforderungen für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte und eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge. Er habe diese Behauptung aber nicht einmal ansatzweise - etwa durch Angaben zu seiner wirtschaftlichen Situation - begründet, obwohl hierzu Anlass bestanden hätte. „Eine Existenzbedrohung liegt bei einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 6.360,27 EUR nicht ohne weiteres nahe“, schreibt der VGH.


Darüber hinaus habe die Behörde im Beschwerdeverfahren im August 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Antragsteller obliege, seine wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. Zudem habe die Behörde ihre Bereitschaft bekundet, ihre „Haushaltsinteressen“ gegenüber den Interessen von Menschen zurückzustellen, denen die Zahlung eines Geldbetrags offenkundig erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde. Darauf habe Antragsteller aber nicht reagiert, so der VGH. Auch im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens habe er keine Angaben zu seiner wirtschaftlichen Situation gemacht und sei auf die Frage der wirtschaftlichen Auswirkungen einer möglichen Vollstreckung der angegriffenen Beitragsbescheide nicht eingegangen. Sonstige Gründe, die den Erlass eines Hängebeschlusses im Rahmen einer Interessenabwägung geboten erscheinen lassen, seien hier nicht ersichtlich. Im vorliegenden Fall sei insbesondere nichts im Hinblick darauf erkennbar oder vorgetragen, dass die Antragsgegnerin sich trotz förmlicher gerichtlicher Aufforderung ohne ersichtlichen Grund geweigert hätte, bis zur endgültigen Entscheidung im Eilverfahren auf Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten.