Die Erlaubnispflicht wird dem Urteil zufolge durch die Regelungen des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs von oberirdischen Gewässern ebenso wenig aufgehoben wie durch die abwasserbeseitigungsrechtliche Möglichkeit, unverschmutztes Niederschlagswasser ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit ortsnah schadlos durch Versickern zu beseitigen.
Der klagende Grundstückseigentümer wandte sich in dem behandelten Fall gegen einen Bescheid, dass er von der beklagten Gemeinde zu Vorausleistungen in Höhe von 18.608 Euro herangezogen werden sollte, so das OVG zum Sachverhalt. Diese Vorausleistungen sollten sich auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung eines Teils der angrenzenden Straße beziehen.
Für die circa 300 m lange und bogenförmig in östlicher bzw. nördlicher Richtung verlaufende Straße zwischen ihrer Einmündung in die Bundesstraße und der Abzweigung der Zufahrtsstraße zum Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Landkreises war der im Jahr 2005 in Kraft getretene Bebauungsplan „Industriegebiet in Flur 1, 4. Änderung und Erweiterung“ der Gemeinde aufgestellt worden. Für die Teilstrecke zwischen der Einmündung in die Bundesstraße und der Zufahrt zum veranlagten Grundstück des Klägers (Flur 1 Parzelle 30) enthält dieser Bebauungsplan die beidseitige Festsetzung „Verkehrsgrün“. Die sich daran in nördlicher Richtung anschließenden Grundstücke sind als Industriegebiet ausgewiesen. Nur die Aufwendungen für die Teilstrecke der Straße ab der Zufahrt zum Grundstück des Klägers bis zur Abzweigung der Zufahrtsstraße zum Abfallwirtschaftsbetrieb wurden der Vorausleistungserhebung zugrunde gelegt, die der Eigentümer angefochten hat.
Das Verwaltungsgericht Koblenz (Az: 4 K 103/15.KO vom 25. Februar 2016) wies die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Gemeinde habe den Eigentümer mit Recht zu Vorausleistungen für Erschließungsbeiträge herangezogen. Denn im Bereich seines Grundstückes habe die Verkehrsanlage bisher durch den Außenbereich geführt und sei damit ursprünglich nicht zum Anbau bestimmt gewesen. Die Anbaubestimmung sei erst durch den Bebauungsplan eingetreten, der die Parzelle des Klägers erstmals in das Plangebiet einbezogen habe. Deshalb sei der Zustand der Straße unter dem Aspekt ihrer erschließungsbeitragsrechtlichen erstmaligen endgültigen Herstellung erneut zu beurteilen. Da das klägerische Grundstück nunmehr erstmals erschlossen werde, sei es erschließungsbeitragspflichtig.
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Grundstückseigentümer mit seiner Berufung. Er meint, es handle es sich um den Ausbau einer bereits in der Vergangenheit erstmals hergestellten Straße, für den Erschließungsbeiträge nicht erhoben werden dürften. Diese sei nämlich bereits aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung von 1994 sowie eines Änderungsbescheids von 1997 als „Zuwegung“ zu dem Deponiegrundstück geplant und in der Folge mit Mitteln des Landkreises bzw. des Abfallwirtschaftsbetriebes in einer den damaligen Anforderungen entsprechenden Weise fertig gestellt worden. Sie sei für den Schwerlastverkehr zur geplanten Deponie ausgelegt worden und habe über eine Straßenentwässerung verfügt.
Das OVG hat die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Das vorläufig abgerechnete Teilstück der Straße stelle eine beitragsrechtlich selbständige Erschließungsanlage dar, die in der Vergangenheit noch nicht erstmals hergestellt war. Die von der Gemeinde mit dem angefochtenen Vorausleistungsbescheid vorläufig abgerechnete Teilstrecke zwischen der Zufahrt zum Grundstück des Klägers und der Abzweigung der Zufahrtsstraße zum AWB sei in der Vergangenheit noch nicht erstmals hergestellt worden, obwohl sie als durch den Außenbereich verlaufende Straße bereits vorhanden war und genutzt wurde, so das OVG.
Wird eine Außenbereichsstraße infolge des Inkrafttretens eines sie umfassenden Bebauungsplans zu einer Anbaustraße, ist ihr Zustand unter dem Blickwinkel einer erschließungsbeitragsrechtlichen erstmaligen endgültigen Herstellung erneut zu beurteilen, stellt das OVVG fest. Eine Anbaustraße sei erschließungsbeitragsrechtlich dann erstmalig endgültig hergestellt, wenn sie die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm und dem Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweise und diese dem jeweils für sie aufgestellten technischen Ausbauprogramm entsprechen.
Zwar seien am östlichen bzw. südlichen Fahrbahnrand eine Rinne zur Ableitung des Oberflächenwassers und mehrere Straßeneinläufe angelegt worden. Um eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung handle es sich dabei aber nicht. Die Funktionsfähigkeit dieser Entwässerungseinrichtung sei nur in eingeschränktem Umfang gegeben. Auch stellte eine solche Versickerung weder in den siebziger bzw. neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch bei Inkrafttreten des Bebauungsplans „Industriegebiet in Flur 1, 4. Änderung und Erweiterung“ im Jahr 2005 und auch nicht bei Beginn der nunmehr vorläufig abgerechneten Straßenbaumaßnahmen eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung dar, heißt es in dem Urteil.
Denn eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung hätte einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedurft, die aber nicht vorliegt. Die Versickerung des Straßenoberflächenwassers im Randbereich der Fahrbahn oder auf einem benachbarten Grünstreifen, die darauf gerichtet ist, sich dieses flüssigen Stoffs über den Boden und das Grundwasser zu entledigen, war und ist als eine Einleitung und damit als eine erlaubnispflichtige Benutzung des Grundwassers zu betrachten, stellt das OVG fest.
Die Erlaubnispflicht für das Versickern von Straßenoberflächenwasser ins Grundwasser werde durch die Regelungen des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs nicht aufgehoben. Nach dem Landeswassergesetz (LWG) beschränkte sich der Gemeingebrauch auch hinsichtlich des Einleitens von Niederschlagswasser nur auf bestimmte natürliche fließende Gewässer. Nach dem Landeswassergesetz 2005 zähle auch das ortsnahe schadlose Einleiten von Niederschlagswasser zum Gemeingebrauch, wenn eine schädliche Verunreinigung des Gewässers oder sonstige nachteilige Veränderungen seiner Eigenschaften nicht zu erwarten sind. Das ist dem OVG zufolge unter weiteren Voraussetzungen in der Regel auch gegeben, wenn das Niederschlagswasser von öffentlichen Straßen außerhalb der geschlossenen Ortslage, ausgenommen Fahrbahnen und Parkplätze von mehr als zweistreifigen Straßen, stamme. Vom Gemeingebrauch umfasst sei aber lediglich das ortsnahe schadlose Einleiten von Niederschlagswasser in natürliche oberirdische Gewässer, also nicht auch in das Grundwasser.
Eine Erlaubnispflicht entfällt dem Urteil zufolge schließlich auch nicht aufgrund von abwasserbeseitigungsrechtlichen Regelungen. Gemäß dem LWG 1995 galten die Bestimmungen über die Abwasserbeseitigung nicht für Niederschlagswasser, wenn zu dessen Beseitigung keine zugelassenen öffentlichen Abwasseranlagen zur Verfügung standen und das Niederschlagswasser am Ort des Anfalls verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit in anderer Weise beseitigt werden konnte. Erlaubt war nur das Versickern von unverschmutztem Niederschlagswasser.
Straßenoberflächenwasser, also Niederschlagswasser, das auf der Straße niedergeht und sich mit dem dort befindlichen Schmutz vermischt, könne jedoch die Eigenschaften des Grundwassers nachteilig verändern und damit das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen. Zu einer Verunreinigung des Grundwassers durch Versickerung von Straßenoberflächenwasser des vorläufig abgerechneten Teilstücks der Straße kann es dem OVG zufolge insbesondere wegen der auf diesem Teilstück zu erwartenden Schadstofffracht des Straßenoberflächenwassers kommen, die durch den Schwerlastverkehr zum Industriegebiet und zum Abfallwirtschaftsbetrieb verursacht wird.
Da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis damit keineswegs offensichtlich gegeben waren, konnte von der Erlaubnispflicht auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden, resümiert das Oberverwaltungsgericht.