UBA: EU-Vorschlag zu Wasserwiederverwendung schließt Gefahren bei Bewässerung nicht aus


Das Umweltbundesamt hält es aber für notwendig, die einheitlichen Mindestanforderungen zu ergänzen und die Zuständigkeiten sowie das Risikomanagement zu konkretisieren. Das UBA verweist darauf, dass es bereits 2017 in einem Positionspapier Empfehlungen zu den Mindestanforderungen veröffentlicht hat , die die Kommission auch bereits teilweise aufgegriffen habe ­– so hatte sich das UBA gegen eine europaweite Pflicht zur Wiederverwendung von Abwasser ausgesprochen.


Nach Auffassung des Umweltbundesamtes bildet Vorschlag der Kommission die Verpflichtungen der Endnutzer nicht ab, sondern schreibe nur dem Betreiber Zuständigkeiten zu. Für ein umfassendes Risikomanagement müsse aber auch die Verantwortung des Landwirts als Nutzer des aufbereiteten Abwassers benannt sein.


Des Weiteren kritisiert die Behörde, dass potentiell im aufbereiteten Abwasser vorhandene Schadstoffe wie etwa Desinfektionsnebenprodukte, Mikroverunreinigungen sowie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) bisher nicht Bestandteil der einheitlichen Mindestanforderungen sind. Auch die Überwachung und Entfernung von Krankheitserregern wie Viren und Protozoen sei in dem Vorschlag nicht ausreichend geregelt.


„Vorschlag wird dem Anspruch
einer Verordnung nicht gerecht“


Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass auf Grundlage der Risikobewertung Anforderungen für relevante Stoffe abgeleitet werden. Damit wird der aktuelle Vorschlag dem Anspruch einer Verordnung nicht gerecht, da das Risikomanagement zusätzliche nationale Regelungen in den Mitgliedstaaten erfordert. Eine Konkretisierung der Risikobewertung und des Risikomanagements stehe noch aus, darf aber nach Auffassung des Umweltbundesamtes bei einer Verabschiedung einer Verordnung nicht fehlen.


Der Verordnungsvorschlag soll im Herbst 2018 im europäischen Rat und europäischen Parlament verhandelt werden. In Deutschland berät der Bundesrat nach der Sommerpause 2018 über den Verordnungsvorschlag, so das UBA. Von der österreichischen Ratspräsidentschaft werde es abhängen, mit welcher Dringlichkeit der Vorschlag im europäischen Rat weiter verhandelt wird. Eine Konkretisierung des Risikomanagements solle eine Arbeitsgruppe aus Vertretern und Vertreterinnen verschiedener europäischer Mitgliedstaaten erarbeiten.        


Deutschland setzt 1,5 Prozent des
Abwassers zur Bewässerung ein


In Deutschland werden nach Angaben des Umweltbundesamtes weniger als 1,5 Prozent des gesamt entnommenen Wassers für die landwirtschaftliche Bewässerung eingesetzt. Eine Analyse des gegenwärtigen und zukünftigen Bewässerungsbedarfs komme zu dem Ergebnis, dass kein flächendeckender Bedarf für die Nutzung von behandeltem Abwasser bestehe.


An zwei Standorten in Deutschland werde aufbereitetes Kommunalabwasser genutzt: In Wolfsburg und Braunschweig sei diese Praxis historisch gewachsen. Heute werden in Braunschweig zwei Drittel des im Klärwerk Steinhof vom Abwasserverband Braunschweig aufbereiteten Abwassers, circa 15 Millionen Kubikmeter pro Jahr, auf landwirtschaftlichen Flächen verregnet. In Wolfsburg wird laut UBA von den Wolfsburger Entwässerungsbetrieben behandeltes nährstoffreiches Abwasser im Sommer für die Bewässerung und im Winter als nährstoffarmes Wasser zur Grundwasseranreicherung genutzt. An beiden Standorten sei der Anbau von Obst- und Gemüse zum Rohverzehr untersagt worden. Im Gegensatz zu dem Vorschlag der Kommission finden in Braunschweig und Wolfsburg aber keine Desinfektion und Filtration bei der Wasseraufbereitung statt, so das UBA weiter.


Im Grundwasser unter den bewässerten Flächen habe der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz  (NLWKN) Rückstände von Arzneimittelrückständen bzw. Röntgenkontrastmitteln.


Wasserwiederverwendung vor allem
in semi-ariden und ariden Regionen


Eines der führenden Länder sei Israel, wo schon seit den 1950er Jahren Abwasser für eine weitere Nutzung recycelt werde. Rund 75 bis 80 Prozent des Abwassers werde dort aufbereitet und decke über die Hälfte des landwirtschaftlichen Bedarfs. Auch in den USA, vor allem in Kalifornien, und Australien bestehen langjährige Erfahrungen im Bereich der Wasserwiederverwendung für die Bewässerung von Grünflächen und Landwirtschaft sowie der Grundwasseranreicherung. In Windhoek, Namibia, wird seit 1969 Abwasser für Trinkwasserzwecke aufbereitet.


In EU bereitet Spanien
das meiste Abwasser auf


Innerhalb der EU ist Spanien mit über 500 Millionen Kubikmetern pro Jahr das Land mit der größten Menge an aufbereitetem Abwasser, das einer weiteren Nutzung zugeführt wird. Ebenso bestehe diese Praxis in Portugal, Italien, Griechenland, Zypern und Frankreich – in unterschiedlichem Umfang und für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, die in nationalen Gesetzen beziehungsweise Normen geregelt sind. Darüber hinaus bestünden auch außerhalb der mediterranen Mitgliedstaaten Erfahrungen. Zum Beispiel würden im belgischen Torreele 2,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr aufwendig aufbereitetes Abwasser zur Grundwasseranreicherung für die indirekte Trinkwassergewinnung genutzt.