Abwasserreinigungsanlagen (ARA) sind damit mehr als nur eine Durchlaufstation – die Resistenzen sind dort aktiv und verändern sich, teilte die Eawag mit.
In ihrer Studie haben der Mikrobiologe Helmut Bürgmann und sein Team in zwölf ARA untersucht, was mit resistenten Bakterien im Verlauf des Reinigungsprozesses geschieht. Zudem habe die Forschenden interessiert, ob Stressoren im Abwasser – zum Beispiel Antibiotika, Biozide oder Schwermetalle – das Auftreten von Resistenzgenen beeinflussen.
Zwölf ARA im Fokus
In den zwölf ARA haben die Forschenden Biomasseproben aus dem Zufluss, den biologischen Reinigungsstufen sowie dem Ablauf entnommen, berichtete das Institut. Daraus extrahierten sie DNA, sequenzierten diese und identifizierten diejenigen Genabschnitte, die für Resistenzen gegen Antibiotika codieren. Zwar hätten die Forschenden generell deutlich weniger resistente Bakterien im gereinigten Abwasser nachgewiesen als im Zulauf. Der relative Anteil der resistenten Mikroorganismen nehme in der ARA jedoch zu, sagte Bürgmann.
Die Forschenden fanden viele unterschiedliche Resistenzgene, deren Zusammensetzung innerhalb der ARA stark variierte, teilte die Eawag weiter mit. Eine kleine Gruppe von Resistenzgenen sei auf allen Stufen der Reinigung vorgekommen. Dieser „harte Kern“ schmuggele sich durch die ARA und sei vergleichsweise häufig anzutreffen. Aber rund 70 Prozent der verschiedenen Resistenzgene, die mit dem Abwasser in die ARA gelangen, würden im Verlauf des Reinigungsprozesses eliminiert. Dafür kämen aber auch neue hinzu. „Rund 40 Prozent der Resistenzen im Auslauf der ARA haben ihren Ursprung vermutlich im Belebtschlamm“, sagte Bürgmann.
Bedingungen in der ARA bieten Überlebensvorteil
Die Forschenden vermuten, dass die Bedingungen in der ARA einen Überlebensvorteil für resistente Mikroorganismen bieten. Ein Hinweis dafür sei, dass sich zwischen der Häufigkeit von Resistenzen und dem Vorkommen von manchen Antibiotika ein Zusammenhang zeigte, obwohl diese in der ARA nur in sehr niedrigen Konzentrationen vorhanden seien. Zudem seien die Resistenzgene in der ganzen ARA bis zum Ablauf tatsächlich aktiv gewesen. Dass Belebtschlammbakterien häufig Resistenzen tragen, führt Bürgmann auch auf das enge Beieinander der Mikroorganismen in der ARA zurück: „Die Bakterien in den biologischen Reinigungsstufen enthalten zum Teil Resistenzgene, die zu 100 Prozent identisch sind mit denen von Krankheitserregern. Diese haben sie vermutlich durch Genaustausch erworben.“
Neben den eigentlichen Resistenzgenen suchten Bürgmann und seine Gruppe auch nach sogenannten Mobilitätsgenen, hieß es seitens der Eawag weiter. Diese seien ein Hinweis darauf, dass Teile der Erbsubstanz zwischen verschiedenen Bakterien ausgetauscht werden. Wie sich zeigte, befanden sich diese Gene häufig in enger Nachbarschaft zu Resistenzgenen. Das weise darauf hin, dass zwischen menschlichen Krankheitserregern und anderen Bakterien ein substantieller Austausch von Resistenzgenen stattfindet.
Biomasse sollte möglichst vollständig aus dem Wasser eliminiert werden
„Wenn Resistenzen auf Belebtschlammbakterien übertragen werden und diese in die Umwelt gelangen, können sie dort vermutlich besser überleben als die Krankheitserreger“, gibt Bürgmann zu bedenken. Die einfachste Methode, um dies zu verhindern, sei, die Biomasse in der ARA möglichst vollständig aus dem Wasser zu eliminieren. Die neuen Reinigungsstufen zur Elimination von Mikroverunreinigungen, die viele Schweizer Kläranlagen in den nächsten Jahren erhalten, würden dazu einen Beitrag leisten.