Die neue Strategie für Kunststoffe soll aus Sicht der Kommission ändern, wie Produkte in der EU designt, hergestellt, verwendet und recycelt werden. Momentan würden im Umgang mit Kunststoffen oft die wirtschaftlichen Vorteile einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft ungenutzt bleiben, was der Umwelt schade. Ziel der Strategie sei es, die Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Grundlagen für eine neue Kunststoffwirtschaft zu schaffen, in der bei Design und Herstellung den Erfordernissen in Bezug auf Wiederverwendung, Reparatur und Recycling in vollem Umfang Rechnung getragen wird und nachhaltigere Materialien entwickelt werden. „Wenn wir nicht die Art und Weise ändern, wie wir Kunststoffe herstellen und verwenden, wird 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fische“, sagte der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans in diesem Zusammenhang.
Aus dem Arbeitspapier, das begleitend zur Plastik-Strategie veröffentlicht wurde, geht hervor, dass bei der Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser und der Trinkwasser-Richtlinie die Problematik „Mikroplastik“ berücksichtigt werden soll. Auch soll ein Standardtest für die Höhe von Mikroplastik-Belastungen in Klärschlammen erarbeitet werden. Die festgestellten Werte könnten dann Aufschluss über weitere nötige Schritte geben. Es wäre aus Sicht der Kommission denkbar, dass bei der Kostenübernahme für die Mikroplastik-Belastung nach dem Verursacherprinzip gestaltet wird. Diese Überlegungen sollen in die Überarbeitung der Abwasserrichtlinie einfließen.
Die Kommission wies außerdem darauf hin, dass Mikroplastik zwar nicht als Gefährdungsparameter in der Trinkwasser-Richtlinie aufgeführt wird, die Mitgliedsstaaten sollten trotzdem alle Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Gesundheitsrisiken – durch Mikroplastik im Trinkwasser – entstehen. Bisher sei noch zu wenig darüber bekannt, wie Mikroplastik genau ins Trinkwasser gelangt und wie es sich auf die Gesundheit auswirkt, deshalb müssten hier mehr Informationen gewonnen werden.
Diese Wissenslücke ist besonders bedeutend Angesichts der Tatsache, dass die Europäer den Angaben zufolge jedes Jahr 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle erzeugen, von denen weniger als 30 Prozent für das Recycling gesammelt werden. Weltweit machen Kunststoffe einen Anteil von 85 Prozent der Abfälle an Stränden aus. Kunststoffe enden selbst in den Lungen und auf den Tellern der Bevölkerung.
Karsten Specht, Vizepräsident des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), Sparte Wasser- und Abwasserwirtschaft erklärte: „Es ist gut, dass die EU-Kommission bereits bei den Produktherstellern, also den Verursachern ansetzen will, um Mikroplastik zu reduzieren. Ein erster Schritt hierfür ist der Vorschlag, solche Substanzen, etwa in Kosmetikprodukten, vollständig zu vermeiden. Dies ist der richtige Weg. Denn andernfalls müssten die Verbraucher mit höheren Preisen aufgrund zusätzlicher Kosten bei der Wasseraufbereitung rechnen. Denn es zeigt sich, dass es wesentlich teurer ist, Schadstoffe durch technische Maßnahmen später wieder aus dem Wasser zu entfernen, als die Einträge vorher zu reduzieren.“
Aus Sicht des Umweltbundesamtes (UBA) ist das Positive an der Plastik-Strategie, dass alle Aspekte des Umgangs mit Kunststoff adressiert werden, von der Rohstoffgewinnung bis zur Abfallentsorgung. Zudem würden erstmalig alle Akteure angesprochen, die mit Kunststoff zu tun haben, von den Produzenten über die Konsumenten bis hin zu Recyclingunternehmen und Kunststoff-Verbänden.
„Das Ziel der EU-Kommission, dass bis zum Jahr 2030 weniger Kunststoffe in der Umwelt landen, ist zu begrüßen – ob es auch Realität wird, hängt aber sehr stark von der praktischen Umsetzung der Plastikstrategie ab. Und hier fehlen leider an vielen Stellen griffige Vorschläge. Mir ist das zu zahnlos“, erklärte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes. „In der jetzigen Form enthält die Plastikstrategie viele Prüfaufträge und es werden zu einem großen Teil Produzenten, Verbraucher und Mitgliedsstaaten in der Verantwortung gesehen, die Kunststoffstrategie zum Erfolg zu bringen. Konkrete Maßnahmenvorschläge der Kommission selbst, die wirklich sicherstellen, dass weniger Kunststoff in die Umwelt kommt, sind kaum enthalten“, so Krautzberger weiter.
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und die Umweltschutz-Dachorganisation Rethink Plastic haben dien Vorschlag der EU-Kommission begrüßt und fordern nun eine rasche Umsetzung. Der WWF fordert von der EU gesetzliche Grenzwerte für die Abwassereinleitungen von primärem Mikroplastik aus Industriebetrieben. Auch ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetik und bei industriellen Anwendungen sei überfällig.