Die ordnungsgemäße Versickerung von Niederschlagswasser muss auf dem jeweiligen Grundstück selbst erfolgen. Eine Ableitung auf einem anderen Grundstück ist nicht zulässig, heißt es in einem im Eilverfahren ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach (Aktenzeichen: AN 1 S 18.00568 vom 22.05.2018). Aus dem Gebot, Abwasser über die öffentliche Entwässerungseinrichtung abzuleiten, folge zugleich zwingend das Verbot, es auf andere Weise abzuleiten.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines mit zehn Reihenhäusern bebauten Grundstücksareals, das im Jahr 2012 war im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplans in zehn Einheiten aufgeteilt worden war. Ein Ableitungsrohr (DN 100) nördlich des Anwesens leitet direkt auf den öffentlichen Grund ab und ist nicht an die Grundstücksentwässerungsanlage angeschlossen, heißt es in dem Beschluss zum Sachverhalt.
Wasser läuft auf
öffentliche Verkehrsfläche
Im Januar 2018 wies die Behörde den Eigentümer darauf hin, dass aus einem Rohr seines Anwesens Wasser auf die öffentliche Verkehrsfläche laufe und er diesen Missstand bis zum 14. Februar 2018 zu beseitigen habe. Daraufhin erklärte der Eigentümer, er werde die Rohraustrittsöffnung mit Beton verschließen. Die von ihm eingebrachte Überlaufleitung habe nur dazu dienen sollen, im Falle eines starken Unwetters eine Überschwemmung der tiefer gelegenen Häuser zu vermeiden. Bei den zehn Reihenhaus-Parzellierungen könnten sich im Falle eines Unwetters Rückstauebenen bilden. Insofern wäre es sinnvoll, das Wasser mittels Rohrleitungen und Gullys bei entsprechenden Unwetterbedingungen abfließen zu lassen.
Ende Februar verpflichtete die Behörde den Eigentümer mit einem Bescheid dazu, das vorhandene Abflussrohr bis Ende März in geeigneter Form dicht zu verschließen, damit kein Regenwasser mehr auf die öffentliche Verkehrsfläche fließen könne. Auf der Westseite des Gebäudes sei ein Abflussrohr eingesetzt worden, aus dem Regenwasser widerrechtlich auf die öffentliche Verkehrsfläche geleitet werde, brachte die Behörde zur Begründung vor.
Behörde fordert Eigentümer zum
Schließen des Abflussrohrs auf
Zum einen werde dadurch gegen den Anschluss- und Benutzungszwang der Entwässerungssatzung (EWS) verstoßen und zum anderen gehe, vor allem im Winter in der Frostperiode, von dem abfließenden Wasser durch Glätte eine Gefährdung für die Verkehrsteilnehmer auf der öffentlichen Verkehrsfläche aus. Der Eigentümer des Grundstücks werde als Zustands- und Handlungsstörer zur Behebung des genannten Missstandes durch Schließen des Abflussrohres aufgefordert.
Einleuchtend, dass Gefahr
durch Glätte zu unterbinden ist
Das Gericht hat die Klage des Eigentümers gegen den Bescheid und seine sofortige Vollziehung abgewiesen. Die sofortige Vollziehung sei ausreichend begründet. Es sei einleuchtend, dass die Gefahr der Glätte, die durch das auf die Straße auslaufende Regenwasser, entstehen kann, möglichst rasch unterbunden werden müsse, heißt es in dem Beschluss. Das Risiko der Rutschgefahr für Autofahrer und insbesondere Fußgänger zu unterbinden und Unfälle zu vermeiden, überwiege als öffentliches Interesse das Interesse des Antragsgegners, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Bescheid von dessen Folgen nicht betroffen zu werden, zumal mit einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren in diesem Jahr nicht gerechnet werden könne.
Anschlusszwang verbietet direkte
Ableitung auf öffentlichen Grund
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Überprüfung sei der Bescheid auch rechtlich nicht zu beanstanden. Die Entwässerungssatzung (EWS) als Rechtsgrundlage für den Bescheid verpflichte die zum Anschluss Berechtigten dazu, bebaute Grundstücke an die öffentliche Entwässerungseinrichtung anzuschließen, führt das Gericht aus. Der Anschlusszwang ist dem Gericht zufolge mit dem Verbot verknüpft, das Abwasser direkt auf öffentlichen Grund abzuleiten. Dabei sei es unerheblich, dass die Leitung selbst auf privatem Grund liegt. Es kommt allein darauf an, dass das Abwasser auf den öffentlichen Grund geleitet wird. Ein derartiger Anschlusszwang bestehe nur dann nicht, wenn der Anschluss rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist.
Auch Niederschlagswasser in
Entwässerungseinrichtung einzuleiten
Nach der EWS ist auf Grundstücken, die an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen sind, im Sinne des Benutzungszwangs alles Abwasser, auch das Niederschlagswasser, in die Entwässerungseinrichtung einzuleiten. Verpflichtet sind der Grundstückseigentümer und alle Benutzer der Grundstücke. Niederschlagswasser sei davon nur dann ausgenommen, wenn eine Versickerung oder anderweitige Beseitigung ordnungsgemäß möglich ist (§ 4 Abs. 5 EWS). Eine ordnungsgemäße Versickerung setzt dem Beschluss zufolge aber voraus, dass diese auf dem jeweiligen Grundstück selbst erfolgt - eine Ableitung auf einem anderen Grundstück sei nicht zulässig.
Das Gericht hat auch keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Behörde: Die Anordnung, das Rohr, das nicht an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen ist, zu verschließen, sei eine dem Anschluss- und Benutzungszwang innewohnende Regelung, die auf die EWS gestützt werden könne. Aus dem Gebot, Abwasser über die öffentliche Entwässerungseinrichtung abzuleiten, folge zwingend das Verbot, es auf andere Weise abzuleiten.
Den Streitwert hat das Gericht auf 2.500 Euro festgesetzt.