Niederschlagswasser im Sinne des Nachbarrechts ist nicht identisch mit dem als Niederschlagswasser bezeichneten Abwasser im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Niederschlagswasser im Sinne des Nachbarrechts, das so genannte Traufwasser, für das eine Sicherungspflicht gegenüber dem Grundstücksnachbarn besteht, muss unmittelbar auf das Grundstück niedergehen, heißt es in einem Urteil des Landgerichts Wuppertal (Aktenzeichen: 1 O 89/18 vom 08.11.2018).
Die klagenden Grundstückseigentümer machten gegen den beklagten Nachbarn einen Schadenersatzanspruch geltend, weil von dessen Grundstück Wasser auf ihr Grundstück abgeleitet worden sei, so das Gericht zum Sachverhalt. Die Grundstücke liegen in einer schrägen Hanglage, wobei das Grundstück der Kläger wiederum in einer Schräglage etwas tiefer als die benachbarten Grundstücke gelegen ist.
Wasser fließt bei Starkregen in Keller der Kläger
Bei einem Starkregen am 19. Juli 2017 floss Wasser unter anderem von dem Weg, der zu dem oberhalb des Grundstücks des Beklagten liegenden Grundstücks führt, auf eine dort befindliche Geländeerhöhung zu. Von dort aus wurde es auf den Weg abgeleitet. Der Beklagte hatte sein Grundstück zum Weg hin mit aufgestellten Kantsteinen versehen. An den Kantsteinen vorbei floss das Wasser weiter auf dem Weg, dann über ein weiteres Grundstück, und erreichte so das Grundstück der Kläger. Hier gelangte es schließlich über einen offenen Treppenabstieg in den Keller.
Kläger: Wasser stammt nicht aus Kanal
Die Kläger behaupten, bei dem Wasser habe es sich hauptsächlich um Wasser gehandelt, dass sich nicht zuvor in einem Abwasserkanal der Stadt Mettmann befunden habe. Es habe zu Feuchtigkeitsschäden im Keller geführt, die bislang mit einem Kostenaufwand von 5.898 Euro beseitigt worden seien. Der beklagte Nachbarn soll ihnen diesen Aufwand bezahlen und dazu verpflichtet werden, die aus dem Schadensereignis resultieren.
Der beklagte Eigentümer behauptet dagegen, während des Starkregens sei hauptsächlich Wasser aus dem auf dem Weg vor dem Haus des oberhalb liegenden Grundstücks befindlichen Gully ausgetreten; der Deckel des Gully sei durch die Wassermassen, die der Kanal nicht habe aufnehmen können, angehoben worden.
Gericht: Kein wild abfließendes Wasser im Sinne des WHG
Dem Verwaltungsgericht Wuppertal zufolge haben die Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz der von ihnen behaupteten Kosten. Ein Anspruch der Kläger nach dem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach dem BGB in Verbindung mit den Regelungen des WHG zum Wasserabfluss scheitere daran, dass es sich bei dem auf das Grundstück der Kläger geleitete Wasser nicht um wild abfließendes Wasser im Sinne des § 37 WHG handle.
Wild abfließendes Wasser stamme tatsächlich wild aus einer Quelle oder sammle sich zunächst einmal natürlich an, führt das Gericht aus. Nicht von diesem Begriff erfasst sei Wasser, das aus einer Leitung austritt. Bei Wasser, das aus Leitungen austritt, handle es sich vielmehr um Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG (siehe Kasten) und damit um „Niederschlagswasser“.
Soweit die Kläger nun behaupteten, dass auf ihr Grundstück geleitete Wasser habe am streitgegenständlichen Ereignis nicht zum überwiegenden Teil aus dem Kanal gestammt, stehe dies im Widerspruch zu den übereinstimmenden Erklärung der Parteien im Rahmen der Ortsbesichtigung. Hierbei hätten beide Parteien angegeben, dass der Gullydeckel vor dem Haus der weiter oben wohnenden Familie von dem heranschießenden Wasser hochgehoben worden sei, so dass von da aus das Wasser auf die Grundstücke der Parteien geflossen sei.