Diese Einteilung bestehe dann aus dem Wassersparen als „Abwasservermeidung“, der Behandlung mit anschließendem Zweck zur Wiederverwendung in der Landwirtschaft als „Abwasserverwertung“ und der Behandlung mit anschließender Einleitung in ein Gewässer als „Abwasserbeseitigung“.
Ob dies allerdings mittelfristig europaweit tatsächlich erwartet werden könne, bleibt Neumann zufolge fraglich, da der Verordnungsentwurf keine verpflichtende Einführung der Wiederverwendung von aufbereitetem Wasser vorsieht, was angesichts der in den Mitgliedstaaten stark divergierenden Wasserverfügbarkeit letztlich auch folgerichtig sei.
Kläranlagenbetreiber könnten Abwasser verkaufen
Eine Chance im Hinblick auf einen sich künftig möglicherweise entwickelnden Markt für aufbereitetes kommunales Abwasser dürfte die Verordnung allerdings bieten. Dies betreffe nicht nur die Erforschung und Vermarktung „grüner“ Spitzentechnologien bei der Abwasserreinigung, sondern auch Kläranlagenbetreiber, die aufbereitetes Abwasser „verkaufen“ könnten, anstatt es mit der entsprechenden Abwasserabgabenlast in ein Gewässer einzuleiten.
Bis dahin sei es allerdings noch ein weiter Weg. Denn eine etwaige Nachfrage nach aufbereitetem kommunalem Abwasser müsste zu angemessen Preisen auch bedient werden können. Damit ist Neumann zufolge die erforderliche Infrastruktur, mit der aufbereitetes Abwasser von der Kläranlage zum Einsatzort transportiert werden kann, von entscheidender Bedeutung. Dabei seien innovative technische Lösungen gefragt.
Bewusste Entscheidung des Anlagenbetreibers erforderlich
Der seit Mai 2018 vorliegende Vorschlag für eine Verordnung über die Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung richtet sich – sofern er unverändert verabschiedet wird – an die Betreiber von Aufbereitungsanlagen, aus denen behandeltes kommunales Abwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung bereitgestellt wird, erläutert Neumann. Dies seien in erster Linie kommunale Kläranlagen, die die Vorschriften der Kommunalabwasserrichtlinie erfüllen und künftig Wasser erzeugen, das für die Bewässerung in der Landwirtschaft bestimmt ist. Damit kommunale Kläranlagen unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, sei eine bewusste Entscheidung des Betreibers erforderlich, wiederzuverwendendes Wasser zu erzeugen. Denn eine Pflicht zum Abwasserrecycling gebe es in dem Verordnungsentwurf derzeit nicht.
Mindestanforderungen an Wasserqualität einzuhalten
Habe der Kläranlagenbetreiber eine solche Entscheidung getroffen, unterliege er - neben der Pflicht, eine Genehmigung für die Bereitstellung von aufbereitetem Wasser einzuholen - im Wesentlichen zwei Betreiberpflichten, erläutert Neumann: die Einhaltung von Mindestanforderungen und ein Risikomanagement.
Zu den Mindestanforderungen legt der Verordnungsentwurf Güteklassen von A bis D für aufbereitetes Wasser fest, erläutert Neumann. Aufbereitetes Wasser der Güteklasse A darf beispielsweise für alle Nahrungsmittelpflanzen einschließlich roh verzehrten Hackfrüchten und Nahrungsmittelpflanzen, deren essbarer Teil unmittelbar mit dem aufbereiteten Wasser in Kontakt kommt, verwendet werden.
Demgegenüber ist das Recycling von aufbereitetem Wasser der Güteklasse D unter anderem für die Bewässerung von Industrie- und Energiepflanzen zulässig. Den Güteklassen sind mit abgestuften Grenzwerten bestimmte Qualitätsmerkmale wie E. coli, BSB5, TSS, Trübung, Legionella spp. sowie intestinale Nematoden und mit abgestuften Zeitintervallen spezielle Überwachungsvorgaben zugeordnet.
Risikomanagement zum Schutz von Mensch und Umwelt
Als zweite wesentliche Betreiberpflicht sieht der Verordnungsentwurf zum Schutz von Mensch und Umwelt ein Risikomanagement vor. Der Betreiber muss einen Risikomanagementplan erstellen, der – auch unterhalb anerkannter Gefahrenschwellen und über die Mindestqualitätsanforderungen hinaus – anhand des Vorsorgegrundsatzes Risiken beschreibt, bewertet und Maßnahmen zur Risikominimierung vorsieht. Davon könne etwa auch eine Eliminierung von Spurenstoffen erfasst sein, so Neumann. Zudem seien die jeweiligen Besonderheiten am Ort der konkreten Bewässerung zu berücksichtigen, wie zum Beispiel bestehende Versalzungsrisiken.