Zudem hätte eine vierte Reinigungsstufe keinerlei Lenkungswirkung, da Hersteller von Arzneimitteln keinen Anreiz bekämen, verstärkt auf umweltschonende Stoffe zu setzen oder diese zu entwickeln.
Die Studie untersuche die Kosten und eine verursachungsgerechte Finanzierung einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen, teilte der BDEW mit. Hintergrund seien Forderungen nach einer deutschlandweiten Einführung einer vierten Reinigungsstufe. Diese zusätzliche Klärstufe sei nach Vorstellung einiger Akteure eine geeignete Antwort auf die zunehmende Belastung der Gewässer mit Spurenstoffen, also beispielsweise Rückständen von Arzneimitteln.
Filtertechniken können nicht alle unerwünschten Stoffe entfernen
Neue Forschungsergebnisse hätten allerdings gezeigt, dass auch die Filtertechniken einer vierten Klärstufe nicht in der Lage seien, alle unerwünschten Stoffe vollständig aus dem Wasser zu entfernen. Zudem könnten durch die Filterung neue Abbauprodukte entstehen, die dann in die Gewässer gelangen. Die Techniken einer weiteren Klärstufe seien mit jährlich 1,2 Milliarden Euro kostenintensiv. Würden die Unternehmen der Abwasserwirtschaft verpflichtet, in allen Kläranlagen eine vierte Stufe einzubauen, müssten die Investitionskosten auf die Gebührenzahler umgelegt werden, warnt der Verband und erneuerte seine Forderung, an der Quelle der Verschmutzung anzusetzen. „Das Verursacherprinzip muss gestärkt werden, die Abwasserwirtschaft ist nicht der Reparaturbetrieb unserer Gesellschaft“, sagte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser.
Studie schlägt Abgabe auf Arzneimittel vor
In der Studie wird deshalb eine Abgabe auf Arzneimittel vorgeschlagen. Basis sind die Kosten, die die Einführung der vierten Klärstufe verursachen würden. Die Kosten von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr entsprächen einer Abgabe in Höhe von ca. 2,5 Cent/DDD (daily defined dosis) auf die rezeptpflichtigen Medikamente in Deutschland. Bezogen auf die Einnahme eines Medikaments beispielsweise über 30 Tage hinweg ergäbe sich so eine Belastung von 0,75 Euro. Die Finanzierung über Medikamente wäre laut Studie verursachungsgerecht und würde die Kosten auf alle Beteiligten (Hersteller, Handel, Apotheken, Krankenkassen und ggf. Patienten) verteilen.
Fondslösung als alternatives Modell
Als weitere Möglichkeit sieht die Studie eine Fondslösung. Dabei zahlen die Hersteller pharmazeutischer Produkte entsprechend der Umweltbelastung von Medikamenten Gelder in einen Fonds ein. Aus dem Fonds sollen dann Maßnahmen zur Beseitigung der entstandenen Umweltschäden finanziert werden. So würde Verursachungsgerechtigkeit mit dem geringsten Verwaltungsaufwand aller möglichen Optionen kombiniert. Eine wesentliche Schlussfolgerung der Studie sei auch, dass es am effektivsten sei, den Schadstoffeintrag zu vermindern und vorbeugende Maßnahmen zu treffen, machte der BDEW deutlich.
„Nicht nur end-of-pipe-Diskussion führen“
„Wir dürfen nicht nur eine end-of-pipe-Diskussion führen“ sagte Jörg Simon, BDEW-Vizepräsident Wasser/Abwasser zum Auftakt der wasserwirtschaftlichen Aussprachetagung 2018 in Berlin. „Wenn beispielsweise der Arzneimittelkonsum in Deutschland bis zum Jahre 2045 um bis zu 70 Prozent steigt, brauchen wir eine Vermeidungsstrategie auf allen Ebenen und mit allen Akteuren.“ Die finanzielle Belastung und Durchführung von Maßnahmen dürfe nicht nur den Abwassergebührenzahler treffen, betonte er. Eine Arzneimittelabgabe – wie sie auch vom Umweltbundesamt vorgestellt worden ist – wäre verursachungsgerecht und würde nur zu einer geringen Belastung pro Medikament führen.