Zwar sei es angesichts des steigenden Bedarfs an Wasserressourcen konsequent, dass die EU-Kommission einen Gesetzentwurf ausgearbeitet und Ende Mai 2018 den europäischen Gremien zur Beratung vorgelegt habe, teilte das ISOE in Frankfurt mit. Doch der Vorschlag in seiner jetzigen Form lasse nicht nur Chancen ungenutzt, sondern auch dringende Umweltschutzbelange unbeachtet.
In dem Diskussionspapier nehmen Wasserexperten des ISOE Stellung zum Entwurf der EU-Verordnung und geben Empfehlungen für eine Überarbeitung. Wie berichtet, ist es Ziel der Verordnung, europaweit einheitliche Regelungen zu schaffen, die den Einsatz innovativer Verfahren und die Wasserwiederverwendung nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft erfassen (EUWID 23.2018).
„Eine erfolgversprechende Verordnung für Wasserwiederverwendung muss im Einklang stehen mit Gesundheitsschutz, mit Arbeits- und Umweltschutz“, sagte ISOE-Wasserforscher Engelbert Schramm. Insbesondere der Umweltschutz komme im Entwurf jedoch zu kurz. So werden darin etwa Desinfektionen zukünftig zwingend vorgeschrieben, aber der Einsatz von Chlor, wie er hierfür in vielen Mitgliedstaaten verwendet wird, werde nicht geregelt. Durch diese Form der Desinfektion gelangen jedoch chlororganische Verbindungen in die Umwelt, unterstreicht der Forscher. Hier seien unbedingt Verfahren vorzuschreiben, mit denen entsprechende Umweltschäden minimiert werden können. Mit geeigneten Vorgehensweisen lasse sich das Wiederkeimungspotenzial senken.
ISOE-Forscher halten Richtlinie für geeigneteres Rechtsinstrument
Als großes Defizit bewerten Schramm und die Autoren des ISOE-Diskussionspapiers, dass die mit der Verordnung hauptsächlich beabsichtigte Wirkung – nämlich die Landwirtschaft gegenüber Trockenheit zu stärken – sich mit den vorgeschlagenen rechtlichen Mitteln nicht erreichen lasse. „Dafür müsste eine Klimaanpassungsstrategie für die europäische Landwirtschaft geschaffen werden, die die Ziele der Kreislaufwirtschaft verfolgt“, erklärte Schramm. Die Landwirtschaft müsse sich auf besonders effiziente Produktionsverfahren konzentrieren, die wenig wasserintensiv seien. Daher wäre es angemessener, mit dem Rechtsinstrument „Richtlinie“ statt dem Rechtsinstrument „Verordnung“ zu regulieren, empfehlen die Forscher in ihrem Diskussionspapier.
„Der Umstieg auf alternative Wasserquellen ist wichtig, aber in der Verordnung nicht ausreichend umgesetzt“, sagte Mitautorin Martina Winker. „Der Durst der Landwirtschaft kann nur mithilfe innovativer und nachhaltiger Produktionsverfahren gestillt werden.“ Beispiele hierfür seien etwa hydroponische Systeme, die im Gegensatz zum konventionellen Ackerbau einen geringen Wasserbedarf haben.
Zu pauschale Techniken und Definitionen
Darüber hinaus seien die im Gesetzentwurf vorgeschriebenen Techniken für die Wasseraufbereitung zu pauschal gefasst, zentrale Definitionen unzureichend formuliert oder gar nicht vorhanden, lautet ein weiterer Kritikpunkt der ISOE-Forscher. So müsse unbedingt festgelegt werden, was eine „Zweitbehandlung“ oder „Filtration“ wenigstens umfasst. Auch seien die möglichen Anwendungsbereiche nicht ausreichend ausbuchstabiert. Es müsse geklärt werden, ob „landwirtschaftliche Bewässerung“ nur in landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt oder beispielsweise auch durch Landschaftspfleger. Ebenso sollte geklärt werden, ob mit „landwirtschaftlicher Bewässerung“ sehr bewusst eine Grundwasseranreicherung betrieben wird.
Weiter heißt es im Diskussionspapier, dass häufige Probenahmen bei den mikrobiologischen Parametern nicht unbedingt dazu führen, risikobehaftetes Wasser rechtzeitig zu erkennen. Schließlich sei dieses bereits auf den landwirtschaftlichen Flächen, wenn problematische Ergebnisse aus dem Labor bekannt werden. Eine proaktive Einführung von qualitätssicheren Aufbereitungsverfahren sei wesentlich zielführender und verringere für die Beteiligten den analytischen und bürokratischen Aufwand, schlagen die Forscher vor.