Der Verband hat die durch die BWI-Bau GmbH erstellte Studie „Investitionsbedarf der öffentlichen Kanalisation in NRW“ veröffentlicht. Laut der Studie sind 29 Prozent der Kanäle in NRW älter als 50 Jahre.
Insbesondere im Ruhrgebiet bestehe ein Großteil des Kanalsystems nicht aus Trennsystemen, sondern aus einem Mischsystem. Vor dem Hintergrund zunehmender Starkregenereignisse werde dies in Zukunft zu Problemen führen, warnt der Verband. Bei jährlichen Investitionen von 500 Millionen Euro durch die Kommunen in NRW errechnet sich laut BWI-Bau ein Investitionsdefizit von 1,0 bis 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Der Verband fordert, den Investitionsstau zu beenden und eine jährliche Investitionsquote einzuhalten, die mindestens den Werterhalt der Kanalisation in den Städten und Gemeinden gewährleistet.
Der Studie zufolge ist die öffentliche Kanalisation in NRW rund 100.000 km lang. Von den kreisfreien Kommunen habe die Stadt Köln mit knapp 2.400 km das längste Kanalnetz, gefolgt von Dortmund mit rund 2.000 km und Bielefeld mit rund 1.900 km. Bei den Kreisen sei das Kanalnetz in den kreisangehörigen Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis am längsten (4.200 km). Darauf folgen der Kreis Steinfurt (3.800 km) und der Hochsauerlandkreis (3.200 km). Landesweit sei fast die Hälfte des öffentlichen Kanalnetzes den Mischwasserkanälen zuzurechnen.
Die Studie weist darauf hin, dass deutschlandweit rund zehn Prozent der öffentlichen Kanäle sofort und kurzfristig saniert werden müssten. Ein ähnlich hoher Anteil sei mittelfristig zu sanieren, womit insgesamt ein bundesweiter Sanierungsbedarf bei rund einem Fünftel aller Haltungen bestehe. Das Entwässerungsnetz in NRW sei dagegen teilweise in einem deutlich schlechteren Zustand. So zeige sich ein kurz- und mittelfristiger Sanierungsbedarf von bis zu 40 Prozent des Kanalnetzes.
„Abwarten ist die teuerste Lösung“
Im derzeitigen Zustand der Kanalnetze und mit Blick auf die finanzielle Bewältigung der Zukunftsaufgaben sei weiteres Abwarten am Ende die teuerste Lösung und eine hohe Hypothek für nachfolgende Generationen, warnt die Studie. Drängende Mängel müssten kurzfristig saniert und leichte Schäden nach und nach behoben werden. Die verantwortlichen Stellen dürften nicht länger nach dem „Feuerwehrprinzip“ nur die dringendsten Schäden, wie z. B. Kanaleinbrüche, Verstopfungen und starke Fremdwassereintritte, beseitigen. Es sei in der Regel wirtschaftlicher, den Umfang der Sanierungen zu vergrößern und zusammen mit starken Mängeln auch mittlere und leichte Schäden zu beheben. Auch sollten die Kommunen die Arbeiten mit anderen Versorgern, z. B. mit Strom- und Telekommunikationsanbietern, zeitlich abstimmen, regt die Studie weiter an. Dann sei kein mehrmaliger Eingriff erforderlich.
Die Klimaveränderung mit den zu erwartenden vermehrten Starkniederschlägen wird ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Stadtentwässerung haben, heißt es in der Studie weiter. Um weiterhin eine ausreichende Überflutungssicherheit für das Stadtgebiet zu gewährleisten, seien perspektivisch erhebliche Investitionen in die hydraulische Kanalnetzsanierung erforderlich. Eine sinnvolle Strategie für wirtschaftliche Investitionsmaßnahmen in der Abwasserentsorgung könnten auch Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) sein, die dazu beitragen, dass eine Bau-, Sanierungs- oder Unterhaltungsmaßnahme schneller, kostengünstiger, nachhaltiger und auch partnerschaftlicher durchgeführt wird, schlägt die Studie vor. Der in diesen Konzepten propagierte Lebenszyklusansatz könne damit auch im Leitungsbau zum Tragen kommen.