VKU plädiert bei Reform der Abwasserabgabe für Kostenersparnisse und vereinfachten Vollzug


Eine umfassende Reform sei notwendig. Sich allein auf Finanzierungsfragen zu konzentrieren, greife jedoch zu kurz. Es dürfe nicht zu einer einseitigen Mehrbelastung der kommunalen Abwasserwirtschaft kommen.


Die in der Vergangenheit vorgeschlagenen Reformszenarien würden zu einer deutlichen Mehrbelastung von Unternehmen und Verbrauchern führen, wenn die Abgabensätze erhöht, die Ermäßigungsoption (halbierter Abgabensatz) gestrichen werden und Verrechnungsmöglichkeiten wegfallen, fasst der Verband die bisherige Diskussion zusammen. Alleine die Streichung der Ermäßigungsoption würde für die Mehrheit der abgabenpflichtigen Einleitungen bedeuten, dass sich der zu zahlende Abgabensatz verdoppelt - und das ohne Berücksichtigung eines erhöhten Abgabensatzes oder einer Streichung der Verrechnungsmöglichkeiten, macht der VKU deutlich.


Potentielle Entlastungen für die kommunale Abwasserwirtschaft, die gegebenenfalls aus der Umstellung auf eine Messlösung oder möglichen Vollzugsvereinfachungen resultieren, könnten diese Mehrbelastungen bei weitem nicht ausgleichen. Für den weiteren Prozess sei deshalb eine detaillierte Folgenabschätzung erforderlich. Nur sie könne die finanziellen Auswirkungen einer reformierten Abwasserabgabe für die kommunale Abwasserwirtschaft und ihre Kunden transparent machen, betont der Verband.


„Reform muss gesamte finanzielle Handlungserfordernisse berücksichtigen“


Auch müsse die Reform der Abwasserabgabe die gesamten finanziellen Handlungserfordernisse der Abwasserwirtschaft betrachten und im Rahmen eines belastungsorientierten Ansatzes auch investitionspolitische Ziele berücksichtigen, führt der Verband in seinem Eckpunktepapier weiter aus. Die kommunale Abwasserwirtschaft stehe vor der Herausforderung, eine stetige und sozialverträgliche Entgeltentwicklung mit einem zunehmenden Investitionsbedarf für Instandhaltung und Erneuerung zu vereinbaren. Reinvestitionen in bereits bestehende Kanalnetze und Anlagen dürften bei der Diskussion um neu hinzutretende Anforderungen nicht vergessen werden, unterstreicht der VKU.


Darüber hinaus weist der Verband darauf hin, dass die aufgrund eines umweltpolitisch gewünschten rückläufigen Wassergebrauchs steigenden Abwasserentgelte den Entsorgern zusätzlich Spielraum entzögen, um Investitionen zu refinanzieren. Der allein auf die Lenkungsertüchtigung gerichtete Fokus einer reformierten Abwasserabgabe lasse diese Herausforderungen jedoch weitgehend unberücksichtigt. Die vielfach getroffene Annahme, eine höhere Abwasserabgabe könne problemlos über die Erhebung kostendeckender Kommunalabgaben und Entgelte finanziert werden, greife zu kurz, da die Bürgerinnen und Bürger bei Entgelterhöhungen nicht nach deren Ursache differenzierten. Eine höhere Abwasserabgabe trete damit unweigerlich in Konkurrenz zu weiteren Investitionserfordernissen, warnt der VKU.


Werden infolge einer reformierten Abwasserabgabe steigende Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger umgewälzt und Verrechnungsmöglichkeiten eingeschränkt, treten die dadurch verursachten Entgelterhöhungen mit Blick auf deren politische Durchsetzbarkeit in Konkurrenz zu den generellen (Re-)Investitions- und Anpassungserfordernissen, bringt der Verband die Problematik auf den Punkt. Ohne eine ausreichende Verzahnung mit den langfristigen Handlungsanforderungen der Abwasserwirtschaft gehe eine Reform der Abwasserabgabe an den Notwendigkeiten der kommunalen Abwasserwirtschaft vorbei. Daher müssten durch ein Reformpaket auch die investitionspolitischen Ansprüche an das Instrument der Abwasserabgabe berücksichtigt werden, die den Gestaltungsspielraum der Abwasserentsorger für die vor Ort vordringlich erforderlichen Maßnahmen erweitern.


Anthropogene Spurenstoffe sollten frühzeitig aus Wasserkreislauf ferngehalten werden


Zum Thema anthropogene Spurenstoffe schreibt der VKU, dass diese möglichst frühzeitig und vorsorglich aus dem Wasserkreislauf fernzuhalten seien. Bei der Konzeption von Vermeidungsstrategien seien auch die Eintragspfade über die Luft und von diffusen Quellen wie der Landwirtschaft zu berücksichtigen. Vierte Reinigungsstufen in kommunalen Kläranlagen könnten trotz des erheblichen Energie- und Ressourceneinsatzes nur einen Teil der Spurenstoffe aus dem Abwasserpfad zurückhalten. Daher müssten Maßnahmen zur Verminderung und/oder Vermeidung von Spurenstoffen aus anderen Quellen bewertet und als wirkliche Alternative auch mit anderen Maßnahmenträgern und Verursachern betrachtet und diskutiert werden.


Die kommunale Abwasserwirtschaft fordert, dass das Vorsorge- und Verursacherprinzip konsequent umgesetzt wird, ist im Eckpunktepapier weiter zu lesen. Maßnahmen müssten zuerst beim Verursacher oder der jeweiligen Substanz ansetzen. Nur dadurch ließen sich Einträge direkt an der Quelle vermeiden und eine verursachergerechte Beteiligung erreichen. Die Kosten, die durch erhöhte Anforderungen an die Abwasserbeseitigung verursacht werden, könnten nicht alleine den Beitrags- und Gebührenzahlern zur Last gelegt werden. Vielmehr sollten im Einzelfall aufgrund lokaler Gegebenheiten notwendige Maßnahmen zur weitergehenden Abwasserbehandlung durch finanzielle Anreize gefördert werden. Hierzu könne neben entsprechenden Förderprogrammen von Bund und Ländern grundsätzlich auch die Verrechenbarkeit der Maßnahmenkosten mit der Abwasserabgabe als ein Instrument in Erwägung gezogen werden.


Ausbau der 4. Reinigungsstufe über Abwasserabgabe im Einzelfall vertretbar


„Wir unterstützen den Ansatz, dass dort, wo es im Einzelfall sinnvoll und notwendig ist, über die Abwasserabgabe der Ausbau der vierten Reinigungsstufe – beispielsweise durch entsprechende Verrechnungsmöglichkeiten – unterstützt und dafür geeignete Maßnahmen verrechnungsfähig gemacht werden“, schreibt der VKU. Dadurch könne für diejenigen Unternehmen, für die die Erweiterung um eine vierte Reinigungsstufe aufgrund der lokalen Gegebenheiten erforderlich ist, ein sinnvoller Weg einer zumindest teilweisen Kostenentlastung erreicht werden. Gleichzeitig dürften entsprechende Unterstützungsanreize nicht generell zu einer finanziellen Mehrbelastung aus der Abwasserabgabe führen. Die vierte Reinigungsstufe lasse sich nicht allein durch die Abwasserabgabe finanzieren, betont der VKU.


Sollten alle Kläranlagen der Größenklasse 5 mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet werden, lasse sich eine in der Gesamtschau zunächst zu vermutende Entlastung der Abwasserentsorger durch eine Investitionsförderung über die Abwasserabgabe auf den zweiten Blick nicht erreichen. Grund hierfür sei, dass ein Großteil der Kosten für die betroffenen Kläranlagenbetreiber durch die Förderung nicht abgedeckt werde. Ein Refinanzierungszeitraum von 15 Jahren, wie eine Studie des Umweltbundesamts anhand des „Leipziger Modells“ vorgeschlagen habe, falle bei den langlebigen Anlagen außerdem zu kurz aus. Zudem entstehe ein wesentlicher Teil der resultierenden Kosten durch den Betrieb und nicht allein durch den Ausbau einer vierten Reinigungsstufe. Gleichzeitig würde mit dem Modell ein Bedarf geschaffen, die Höhe des mit der Abwasserabgabe erzielten Aufkommens und damit die Kosten für alle Abwasserentsorger deutlich auszuweiten, warnt der VKU.


VKU weist auf Kontext insgesamt steigender Entsorgungskosten hin


Die Erhöhung der Abwasserabgabe und die Einführung der vierten Reinigungsstufe müsse im Kontext insgesamt steigender Entsorgungskosten betrachtet werden, lautet eine weitere Forderung des Verbands. Neben zunehmend steigenden Anforderungen an ein nachhaltiges Energiemanagement seien das zum Beispiel auch die zuletzt erhöhten Anforderungen an die Klärschlammverwertung und Phosphorrückgewinnung. Insbesondere die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte, die Energieeffizienz der Kläranlagen zu steigern, würden durch den Ausbau der vierten Reinigungsstufe wieder zunichte gemacht. Weil diese verschiedenen Diskussionsstränge zu schärferen Anforderungen an die Abwasserentsorgung mit steigenden Kosten einhergingen, müssten sie stärker miteinander verknüpft werden.


Nicht alles, was wünschenswert sei, könne bei einem verantwortungsvollen Umgang mit den Entgelten der Bürger überall und sofort umgesetzt werden, bringt der VKU die Diskussion um die Kostenbelastung auf den Punkt. Mit Blick auf die Angemessenheit und politische Tragfähigkeit der Abwasserentgelte gebe es trotz kommunalabgabenrechtlicher Kostendeckung keine unbegrenzten Mittel für eine zunehmende Ausdehnung des Leistungsumfangs. „Neue“ Anforderungen dürften nicht zu Lasten der Maßnahmen und Aufgaben gehen, die für den Erhalt der bisher erreichten Qualität und Zuverlässigkeit der Abwasserentsorgung erforderlich sind, unterstreicht der Verband.