Der Kläger und seine Ehefrau sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks, das an die von der beklagten Gemeinde betriebene öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen ist, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Die Gemeinde setzte im Februar 2017 für das Grundstück gegenüber dem Kläger einen Beitrag zur Verbesserung der Entwässerungseinrichtung in Höhe von 582,32 Euro fest. Veranlagt wurden die Grundstücksfläche von 1.001 m² zu 0,25 Euro pro Quadratmeter sowie eine Geschossfläche von 474,39 Quadratmeter zu 0,70 Euro pro Quadratmeter. Abgerechnet wurden die in den Jahren 2011 bis 2016 durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen.
Landratsamt: Keine Verjährung eingetreten
Der Kläger reichte gegen den entsprechenden Bescheid Widerspruch ein, den das Landratsamt nach Vorlage durch die Gemeinde ablehnte. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers sei eine Verjährung nicht eingetreten, da erst mit dem technischen Abschluss aller in der Satzung benannten Maßnahmen im Jahr 2016 die Beitragspflicht für die verbesserte Entwässerungseinrichtung entstanden sei. In der folgenden Klage machte der Eigentümer unter anderem geltend, dass der Ansatz von 60 Prozent der Geschossfläche für die Beitragsbemessung reine Willkür sei. Zudem brachte er vor, dass das veranlagte Grundstück auch im Miteigentum der Ehefrau des Klägers stehe. Diese hätte deshalb ebenfalls Adressatin des Bescheides aus dem Februar 2017 sein müssen. Deshalb sei der Bescheid rechtswidrig.
Gemeinde muss Wahl des Gesamtschuldners nicht begründen
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat die Klage abgewiesen. Im Einklang mit dem Landratsamt stellt das Gericht fest, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Die Gemeinde sei auch berechtigt gewesen, den Kläger als Miteigentümer des veranlagten Grundstücks nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) als Gesamtschuldner heranziehen. Einer gesonderten Begründung, weshalb der Kläger und nicht seine Ehefrau als Gesamtschuldner ausgewählt worden ist, bedurfte es nicht, heißt es in dem Urteil.
Der Beitragsbescheid aus dem Februar 2017 finde seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und in den Bestimmungen der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung der Gemeinde aus dem Oktober 2016 (VBS/EWS). Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung einen besonderen Vorteil bietet.
Keine Bedenken gegen Satzung
Die Gemeinde habe von der Ermächtigung des Artikels Gebrauch gemacht und die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung vom 28. Oktober 2016 (VBS/EWS) erlassen, die am 12. November 2016 in Kraft getreten ist. Bedenken gegen die formelle und materielle Rechtswirksamkeit der genannten Satzung bestünden nicht. Bei den in § 1 Abs. 1 VBS/EWS bezeichneten Maßnahmen handle es sich um Verbesserungsmaßnahmen im Sinne des KAG zur Hebung der Qualität und Leistungsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung, die sich positiv auf die Gesamtanlage auswirkten. Der Gemeinde komme bei der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen ein weites Beurteilungs-Ermessen zu, das in dem vorliegenden Fall nicht überschritten worden sei.
Ebenfalls rechtlich nichts auszusetzen sei gegen die in der VBS/EWS enthaltene Regelung, wonach Dachgeschosse nur herangezogen werden, soweit sie ausgebaut sind und - zu Gunsten der Beitragspflichtigen - davon nur 60 Prozent berechnet werden. Sie entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nach der Dachgeschosse auch dann beitragsrelevante Gebäudeflächen darstellen, wenn sie die baulichen Voraussetzungen für Vollgeschosse oder für Aufenthaltsräume nicht erfüllen. Dachgeschosse seien aber im Verhältnis zu den darunter liegenden Geschossen wegen der Dachschräge in der Regel nur eingeschränkt nutzbar. Für den Satzungsgeber, der unter Beachtung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes typisieren und generalisieren kann, war es dem Urteil zufolge nicht geboten, für Dachgeschosse eine eigene, die beitragspflichtige Geschossfläche je nach Dachneigung reduzierende Berechnung, vorzusehen.
Gemeinde wählt zulässiges Finanzierungsmodell
Ebenfalls sei es nicht zu beanstanden, dass die Gemeinde in der Globalkalkulation den Verbesserungsaufwand zu 75 Prozent über Beiträge und zu 25 Prozent über Entwässerungsgebühren deckt. Eine Mischfinanzierung sei dem leitungsgebundenen Abgabenrecht nicht fremd. Vielmehr sei es im Regelfall so, dass der Satzungsgeber im Wege seines Ermessens nicht den höchstzulässigen Beitragssatz in der Satzung beschließt, sondern einen geringeren Beitragssatz. Die nicht über Beiträge gedeckten Kosten würden dann über Gebühren refinanziert. Dabei müsse lediglich sichergestellt sein, dass es nicht zu einer „Doppelabschöpfung“ kommt. Die von der Gemeinde gewählte Form sei damit ein zulässiges Finanzierungsmodell.
Gericht verweist auf Prinzip der Solidargemeinschaft
Auch mit der Rüge, sein Grundstück profitiere nicht von den durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen, kann der Kläger dem Urteil zufolge nicht durchdringen. Die Verbesserungsmaßnahme wirke sich auf das gesamte Gebiet der öffentlichen Entwässerungseinrichtung aus, wobei das Prinzip der Solidargemeinschaft gelte. Der Kläger räume selbst ein, dass das Dachgeschoss des veranlagten Grundstücks ausgebaut ist und über Fremdenzimmer verfügt. Wie oft die Fremdenzimmer tatsächlich genutzt werden, sei für den Vorteil, den das Grundstück mit seiner Bebauung aus der öffentlichen Entwässerungseinrichtung ziehen kann, unerheblich.
Keine unzulässige Doppelbelastung
Wie es in dem Urteil weiter heißt, ist die Heranziehung des überbauten Teils des Grundstücks zu einem Grundstücksflächenbeitrag grundsätzlich zulässig. Zur Grundstücksfläche zähle nämlich auch die Dachfläche der Gebäude, da gerade hier Niederschlagswasser anfällt. Die Kostenmassen, die auf die Grundstücksflächen verteilt werden, beziehen sich auf die Niederschlagswasserbeseitigung, die Kostenmassen, die auf die Geschossflächen verteilt werden, auf die Schmutzwasserbeseitigung. Eine unzulässige Doppelbelastung liege deshalb nicht vor.