Im Abwasserkanal positioniert, spüre das Sensorsystem entsprechende Inhaltstoffe auf und helfe, Umweltsünder einzugrenzen und zu entlarven, teilte die Fraunhofer-Gesellschaft mit, die das Sensorsystem mit Partnern entwickelt hat.
Schwarze Schafe gebe es immer wieder – auch in der Industrie, betonte der Forschungsdienstleister. Während der Großteil der Unternehmen ihre Abwässer ordnungsgemäß entsorge, scheuten einige wenige die damit verbundenen Kosten und leiteten das schädliche Abwasser in die Kanäle ein. Meist fehlten den Sicherheitsbehörden jedoch die Möglichkeiten, einer solchen Umweltkriminalität großflächig auf die Schliche zu kommen, da dies die Kapazitäten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Weitem übersteigen würde.
Im EU-Projekt Micromole haben Forscherinnen und Forscher der Fraunhofer-Institute für Integrierte Schaltungen IIS und für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM gemeinsam mit Partnern das neuartige Sensorsystem entwickelt, hieß es weiter. „Das Sensorsystem soll bestimmte Substanzen im Wasser nachweisen, die in solchen Abwässern typischerweise enthalten sind“, sagte Matthias Völker, Gruppenleiter am Fraunhofer IIS. Es bestehe aus zwei Sensorkomponenten, und zwar aus physikalischen Sensoren und einem chemischen Sensor. Weitere Systeme deckten das Energiemanagement, die Steuerung und Kommunikation sowie die Probenentnahme ab.
Messungen mit drei Ringen sollen Übeltäter überführen
Führen Abwässer unbekannter Herkunft an Kläranlagen wiederholt zu Problemen, könnten die Sicherheitsbehörden das Abwassersystem an bestimmten Stellen überprüfen, den Übeltäter durch mehrere Messungen immer weiter eingrenzen und schließlich enttarnen, beschreibt die Fraunhofer-Gesellschaft den Nutzen des Systems. Für solche Messungen setze ein Roboter im Abwasserrohr drei Ringe ein. Der erste Ring werde direkt vor dem Zulauf der verdächtigen Firma positioniert, der zweite direkt dahinter. An beiden dieser Ringe befinde sich jeweils ein physikalischer Sensor, der Parameter wie die Temperatur, den pH-Wert oder auch die Leitfähigkeit des Wassers misst.
Über eine Funkverbindung stehen die beiden Ringe miteinander in Kontakt und vergleichen die von ihren Sensoren gemessenen Werte, führte der Forschungsdienstleister weiter aus. Unterscheiden sie sich, könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass aus dem fokussierten Gebäude schädliche Abwässer eingeleitet wurden. Auf das entsprechende Signal des zweiten Rings „erwachen“ nun die Systeme am dritten Ring, der etwas weiter hinten im Abwasserkanal befestigt ist. Dabei handelt es sich um einen chemischen Sensor und ein Probenentnahmesystem. Für den chemischen Sensor entnimmt eine Mikropumpe einige Mikroliter des Abwassers, verdünnt diese und leitet sie auf den chemischen Sensor. Auf diesem befinden sich sechs Elektroden, die jeweils mit einer speziellen Beschichtung aus Polymeren überzogen sind.
Besondere Polymerschichten weisen Schadstoffe nach
Das Besondere an den Polymerschichten sei, dass dich darauf Lücken befinden, in die bestimmte Schadstoffe jeweils genau hineinpassen – ähnlich wie Puzzleteilchen, teilte die Fraunhofer-Gesellschaft weiter mit. Binden sie auf diese Weise an die Polymerschicht, ändert sich ihre elektrische Kapazität. Solche Kapazitätsänderungen auf den Elektroden legen also nahe, dass sich bestimmte Schadstoffe im Abwasser befinden. Vor Gericht gelte dies jedoch nicht als Beweis. Daher entnehme das System zudem eine kleine Probe des Abwassers, das dann von Menschenhand im Labor genau überprüft werden kann. Damit der chemische Sensor für mehrere Messungen eingesetzt werden kann, spült eine Waschlösung die angebundenen Moleküle nach jeder Messung wieder heraus.
Das Sensorsystem ist den Angaben zufolge in einer Kooperation mehrerer Forschungseinrichtungen und weiterer Partner entstanden. Die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IIS haben dabei die Entwicklung der Elektronik, der Signalerfassung und -auswertung des Sensormoduls sowie der Energieversorgung des Systems übernommen. Ihre Kolleginnen und Kollegen vom Fraunhofer IZM waren für das BUS-System auf dem Metallring und für den Entwurf der wasserdichten Steckkontakte zu den einzelnen Komponenten sowie der wasser- und chemikaliendichten Gehäuse zuständig. Zudem haben sie die physikalischen Sensoren miniaturisiert.
Großangelegter Testlauf geplant
Die einzelnen Komponenten wurden zunächst bei den Partnern im Labor und anschließend im Zusammenspiel in einem künstlichen Abwassersystem mit realem Abwasser geprüft, hieß es weiter. In einem dritten Schritt seien verschiedene Komponenten in einem realen Abwasserrohr getestet worden. Die ersten Ergebnisse seien vielversprechend. „Das System konnte verdächtige Abwässer aufspüren und einen entsprechenden Alarm auslösen“, sagte Harald Pötter, Abteilungsleiter am Fraunhofer IZM. In einem Nachfolge-Projekt wollen die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IZM nun mit Partnern in fünf europäischen Städten einen großangelegten Testlauf der physikalischen Sensoren des Systems durchführen.